Habeck blickt positiv in die Zukunft – CDU Wirtschaftsrat warnt vor Planwirtschaft
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat am 25. Januar auf der Bundespressekonferenz seinen Jahreswirtschaftsbericht vorgestellt. Der Titel des 163-seitigen Werks lautet: „Wohlstand erneuern“.
Das Ministerium rechnet für 2023 mit einem Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent. Im Herbst sei es noch von einem Minus von 0,4 Prozent ausgegangen. 2024 solle die Wirtschaft sogar um 1,8 Prozent wachsen.
Habeck lobte die Wirtschaft und die Verbraucherinnen und Verbraucher für ihre Anpassungs- und Widerstandsfähigkeit angesichts des Ukraine-Krieges und der anderen aktuellen Krisen. Sie hätten mit ermöglicht, dass die wirtschaftlichen Aussichten für das laufende Jahr besser seien als noch im Herbst – auch wegen ihrer Bereitschaft, Gas einzusparen.
Habeck: Krise wurde „beherrschbar“ gemacht
„Es ist diesem Land gelungen, eine schlimme Wirtschaftskrise abzuwehren, und das ist die Botschaft des Jahres 22, dass wir eine Krise beherrschbar gemacht haben. Damit ist gesagt, dass die Krise natürlich noch nicht vorbei ist, dass wir noch lange nicht durch sind, aber dass wir die schlimmsten Szenarien vermeiden konnten“, sagte Habeck während der Präsentation. Die deutsche Wirtschaft sei im letzten Jahr um 1,9 Prozent gewachsen, die „schlimme Rezession“ könne man vermeiden.
In Sachen Inflation sei die „Trendwende“ eingeleitet: „Nach 7,9 Prozent im Jahr 2022 sinkt die Inflation der Projektion zufolge 2023 auf 6,0 Prozent“. Gemessen an „Ausrüstungsinvestitionen“ fassten auch die Unternehmen „wieder Vertrauen“: Die Investitionen würden voraussichtlich um 3,3 Prozent steigen. 2022 sei nur eine Steigerungsrate von 2,5 Prozent verzeichnet worden. „Das ist tatsächlich also einer der Sektoren, die uns aus der Rezession herausziehen werden“, sagte Habeck.
Transformation zur CO₂-neutralen Wirtschaft
Nun gehe es um die Beschleunigung der „Transformation hin zu einer treibhausgasneutralen Wirtschaft“ mittels eines schnelleren „Ausbau[s] der Erneuerbaren Energien“. „Es gibt jede Notwendigkeit für einen Ansporn, schneller, entschiedener, konsequenter, disziplinierter an den Projekten zu arbeiten“, sagte Habeck.
Auch die „Weltwirtschaft“ habe sich „für eine Linie entschieden“, die „uns zugutekommt, die wir immer gewollt haben, die wir mit aufgebaut haben in Deutschland, wo wir unser Knowhow auch einbringen können“, so der Wirtschaftsminister, „die Welt investiert in erneuerbare Energien“.
Der steigende Strombedarf in Deutschland solle zu 80 Prozent „erneuerbar produziert werden“. Dafür werde man „Kraftwerke brauchen mit großer Kapazität, […] die dann für Tage oder auch für einige Wochen mit großer Intensität Energie erzeugen können und dafür Tage oder gar Monate kaum gebraucht werden“.
„Sozial-ökologische Marktwirtschaft“
Die Bundesregierung setze in ihrem Rahmen einer „sozial-ökologischen Marktwirtschaft“ zudem auf „eine transformative Angebotspolitik“, deren „Leitlinie“ die Dekarbonisierung sei. Dafür sei das „Wettbewerbsrecht zu erneuern und zu schärfen“, so Habeck.
Habeck erklärte, mit Begriffen wie „sozialer Gleichheit“, „Gleichstellungsfragen“, der „Klimasituation“ oder „Biodiversität“ die „Indikatoren des Wohlstandes breiter erfassen“ zu wollen. Man blicke nun auch darauf, „welche Bereiche besonders stark wachsen, wie sich Wohlstand in Deutschland verteilt, wie es sich mit Bildungszugang, mit regionaler Verteilung, mit Zugängen zu öffentlichen Daseinsvorsorge und Infrastruktur verhält“, so Habeck.
- Habecks Präsentation des Jahreswirtschaftsberichts 2023 auf der Bundespressekonferenz [Video auf YouTube]
Pressemeldung zum Jahreswirtschaftsbericht - Jahreswirtschaftsbericht 2023: PDF zum Download (ca. 9 MB).
- Das Jahresgutachten 2022/23 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: PDF zum Download (ca. 9 MB).
Der CDU-Wirtschaftsrat ist mit vielen Details des Berichts nicht einverstanden. Harsche Kritik gab’s vor allem für das Wettbewerbsdurchsetzungsgesetz, für die Vision einer „sozial-ökologischen Marktwirtschaft“ und für die Idee, das Bruttoinlandsprodukt als entscheidende Messgröße zu ersetzen.
„Grenzüberschreitung sondergleichen“
Von neuen Verpflichtungen der Unternehmer, wie sie per „Wettbewerbsdurchsetzungsgesetz“ beschlossen werden sollen, hält der CDU-Wirtschaftsrat überhaupt nichts. Das Gesetz würde Unternehmen vorschreiben, „andere Unternehmen zu beliefern, eigene Daten offen zu legen, Unternehmensbereiche organisatorisch zu trennen oder gar Unternehmensanteile zu veräußern“, falls erhebliche andauernde oder wiederholte Störungen des Wettbewerbs „auf mindestens einem Markt oder marktübergreifend“ vorlägen, und zwar unabhängig vom Schuldanteil des Unternehmers.
Damit würde der Bundeswirtschaftsminister nach Ansicht des CDU-Wirtschaftsrats „tief in die grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit und nicht zuletzt in Eigentumsrechte“ eingreifen. Und zwar auch dann, wenn der Unternehmer sich „vollkommen rechtstreu“ verhalten habe. „Das ist eine Grenzüberschreitung sondergleichen“, meint der Wirtschaftsrat.
BIP ersetzen?
Habecks Vorschlag, das Bruttoinlandsprodukt (BIP) durch andere Messgrößen wie etwa „aggregierte Glücksindikatoren“ zu ersetzen und den „Wohlstandsbegriff“ zu erweitern, stößt beim CDU-Wirtschaftsrat ebenfalls auf wenig Verständnis.
„Hinter diesem Ansatz schwingt die gefährliche Deutung, grenzenloses Wachstum und endliche Ressourcen vertrügen sich schon per Definition nicht. Das ist eine fatale Fehlwahrnehmung“, meint der Wirtschaftsrat. Denn Wachstum lasse sich durchaus vom Ressourcenverbrauch „entkoppeln“. Hier sei das Ministerium gefordert, „Wachstumsimpulse“ mit einem entsprechenden „Ordnungsrahmen“ freizusetzen.
Irrweg „sozial-ökologische Marktwirtschaft“
Generell hält der CDU-Wirtschaftsrat Habecks Vision von einer „sozial-ökologischen Marktwirtschaft“ für einen „fundamentalen Bruch mit der bestehenden freiheitlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung […], die Deutschland wohlhabend gemacht, seine Sozialpolitik finanziert und die Demokratie abgesichert“ habe.
Bei der Wortschöpfung handele es sich keineswegs um eine „ökologische Weiterentwicklung“ der sozialen Marktwirtschaft, wie Habeck Glauben machen wolle. Im Gegenteil sei das Konzept des Grünen „in wesentlichen Teilen mit dem ursprünglichen Ordnungskonzept der Sozialen Marktwirtschaft ganz und gar unvereinbar“, bemängelte der CDU-Wirtschaftsrat.
Warnung vor planwirtschaftlichen Ansätzen
Nach den Plänen des Bundeswirtschaftsministeriums sollte die Rolle des Staates „über die Schaffung eines Ordnungsrahmens hinausgehen“, um „Innovationen im Rahmen einer aktiven Industriepolitik“ zu unterstützen. Die Absicht zur „Realisierung politischer Ziele“ erinnere an Planwirtschaft, meint der CDU-Wirtschaftsrat. Diese habe „geringeres Wachstum, höhere Inflation und weniger Wohlstand zur Folge“, meint der Rat. „Obgleich der Jahreswirtschaftsbericht auch durchaus richtige und unterstützungswürdige Vorhaben adressiert, atmen die einzelnen Themencluster diesen fatalen Geist.“
Habeck habe „viel politische Ideologie“ in seinen Begriff verpackt und damit „ein fundamentales Unverständnis“ offenbart. Denn im „Wertegerüst“ einer Sozialen Marktwirtschaft würden ökologische Aspekte, Gerechtigkeit und Inklusivität bereits berücksichtigt, diese Punkte gehörten ohnehin zu den „regulierenden Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft“. Somit erweise sich Habecks Ansatz einer „sozial-ökologischen Marktwirtschaft“ als „Mogelpackung“, kritisiert der Rat. Das sei schon vor rund einem Jahr so gewesen, als Habeck zum ersten Mal einen Jahreswirtschaftsbericht präsentiert hatte.
„Was verteilt wird, muss zuerst erwirtschaftet werden“
Der CDU-Wirtschaftsrat lehnt es außerdem ab, soziale Erhebungen wie etwa den jährlichen Armutsbericht der Bundesregierung in den Jahreswirtschaftsbericht einfließen zu lassen. Dies lenke vom Kern jeglicher Wirtschaftspolitik ab: „Was verteilt wird, muss zuerst erwirtschaftet werden. Daran muss sich der Bundeswirtschaftsminister zuerst messen lassen“, mahnt der Rat. Denn die „gesamte Wirtschafts- und Sozialordnung“ basiere stets „auf einer erfolgreichen Wirtschaft“.
Vorsicht, staatliche Eingriffe!
In Sachen Außenwirtschaft und Binnenmarkt warnt der Rat vor allzu vielen staatlichen Eingriffen. Habeck hatte von einer „gezielte[n] Förderung und Entwicklung von neuen Märkten“ gesprochen, speziell, was Elektromobilität angehe. Man habe, „gerade was die Transformation angeht, eine große Aufgabe, den Verkehrssektor klimaneutral zu machen“.
Strengere „Nachhaltigkeitsbestimmungen“ für den Außenhandel, wie sie vom Wirtschaftsministerium geplant seien, könnten das Risiko einer „Fehlallokation von Investitionen“ bergen. Und Unternehmen könnten dadurch „in die Abhängigkeit des Staates geraten“, befürchtet der CDU-Wirtschaftsrat.
Die „effizienteste Entwicklungshilfe und Außenhandelsstrategie“ sei es, Zölle, Steuern und Handelsbeschränkungen abzubauen, so der Rat. Bei der Herausforderung „Bürokratieabbau“ stehe „letztlich die Grundsatzfrage im Raum, Staat und Markt wieder in Balance zu bringen und mit weniger staatlichen Vorgaben/Regulierung mehr Investitionsfreiräume zu schaffen“.
Energiepolitische Annahmen Habecks zu positiv
Laut Jahreswirtschaftsbericht sollen fossile Energieträger, die noch bis vor Kurzem aus Russland geliefert wurden, künftig aus anderen Regionen der Welt importiert werden. Auch Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und Energieeinsparung sollen erreicht werden. und die Infrastruktur für Wasserstoff sollten weiter ausgebaut werden.
Für diese Ziele gehe das Ministerium von einer „Verdreifachung der Ausbaugeschwindigkeit von Windenergieanlagen“ und von „ähnlich positive[n] Annahmen“ zum Netzausbau aus, gab der CDU-Wirtschaftsrat zu bedenken. Das aber sei „unwahrscheinlich“. Zudem fehle ein „Risikopuffer“ in Habecks Energiepolitik.
„Leistungskürzungen dürfen kein Tabu sein“
„Enormen Handlungsbedarf“ sieht der CDU-Wirtschaftsrat bei der „langfristige [n] und nachhaltige[n] Finanzierung […] der sozialen Sicherung“, sprich: bei der gesetzlichen Renten-, Kranken- beziehungsweise Pflegeversicherung. Der Rat empfiehlt dazu, die „privatwirtschaftliche, wettbewerbliche Riester-Rente“ weiter zu entwickeln und den „individuelle[n] Vermögensaufbau“ zu fördern.
Im Gesundheitswesen sei der Wettbewerb durch „viel mehr positive Anreize“ zu stärken „und das System insgesamt effizienter zu gestalten“. Der Wirtschaftsrat würde dafür auf „mehr Eigenverantwortung und Vorsorge“ setzen. „Auch Leistungskürzungen dürfen kein Tabu sein“.
Zustimmung in vielen Punkten
Habecks Absicht, ab 2026 jährlich sechs Milliarden Euro zur Finanzierung internationaler Klimaprojekte zu nutzen, begrüßt der CDU-Wirtschaftsrat dagegen ebenso wie „die Stärkung des Emissionshandels und die Erarbeitung eines Grenzausgleichsmechanismus“, sofern Letzterer „auch Entlastungen für exportierende Unternehmen“ erhalte. Der Standortnachteil für in Deutschland ansässige Unternehmen bleibe im Bericht aber unerwähnt.
Dass das Ministerium die nächste CO₂-Preiserhöhung aus dem Brennstoffemissionshandelsgesetz auf den 1. Januar 2024 verschoben und „die Erhöhungsschritte um jeweils 10 Euro niedriger angesetzt“ habe, fand die Zustimmung des CDU-Wirtschaftsrats.
Lob gab’s vom CDU-Wirtschaftsrat auch für Habecks „steuerpolitischen Impulse“, weil diese sich weitgehend an den Forderungen des Wirtschaftsrats aus den vergangenen Jahren orientiert hätten. So solle nun unter anderem steuerlich gefördert werden, wer eine Lagerhaltungsrücklage aufbaue, wer in Klimaschutz und digitale Wirtschaftsgüter investiere oder wer eine Kapitalbeteiligung seiner Mitarbeiter ermögliche. Zudem sollen die „degressiven Abschreibungsmöglichkeiten“ verlängert werden, wenn eine Investitionsprämie nicht infrage komme.
- Die Analyse der wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Abteilung des CDU-Wirtschaftsrates zum Jahreswirtschaftsbericht 2023: PDF zum Download (ca. 0,7 MB).
Weitere Wirtschaftsnachrichten: https://www.epochtimes.de/wirtschaft
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