Grüne drängen auf schnellstmögliche Cannabis-Legalisierung
Die Grünen drängen auf mehr Tempo bei der Legalisierung von Cannabis. Im Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und FDP auf diesen Schritt geeinigt. Die Umsetzung dauert der Partei aber zu lange. „Die kontrollierte Freigabe von Cannabis ist im Koalitionsvertrag vereinbart. Der Gesundheitsminister muss nun zeitnah einen Gesetzentwurf vorlegen“, sagte die grüne Gesundheitsexpertin Kirsten Kappert-Gonther, die für das Thema Cannabis in ihrer Fraktion zuständig ist, der „Deutschen Presse-Agentur“ in Berlin.
Kappert-Gonther wollte keine Vorhersage machen, wann es in Deutschland legal möglich sein wird, Cannabis zu kaufen. Erst müsse Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) einen Gesetzentwurf vorlegen. Dann könne man auch einen entsprechenden zeitlichen Fahrplan abschätzen. „Ich setze mich dafür ein, dass es so schnell wie möglich passiert.“, so die Bundestagsabgeordnete.
Eckpunkte zur Cannabis-Legalisierung im Oktober vorgelegt
Im Oktober hatte sich die Bundesregierung auf Eckpunkte zur kontrollierten Abgabe von Cannabis geeinigt. Unter anderem soll Cannabis künftig nicht mehr länger als Betäubungsmittel eingestuft werden. Der Erwerb und der Besitz bis zu einer Höchstmenge von 20 bis 30 Gramm soll für den Eigenkonsum straffrei bleiben. Ebenfalls soll es dann möglich sein, Hanfpflanzen in begrenztem Umfang privat anzubauen. Der Anbau soll auf drei Pflanzen begrenzt sein.
Ursprünglich hatte das Gesundheitsministerium in ihrem Papier vorgeschlagen, das Mindestalter für den Erwerb und Verkauf auf das 18. Lebensjahr festzulegen. Bis zum 21. Lebensjahr sollte es eine Obergrenze von zehn Prozent für den THC-Gehalt geben. Diese Regelung fand in der Ampel wenig Sympathien.
Die drogenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Kristine Lütke twitterte, dass die THC-Obergrenze Konsumenten auf den Schwarzmarkt treibe. Sie nannte das Eckpunktepapier „unnötig restriktiv“ und sprach von einer „Katastrophe für den Jugend-, Gesundheits- und Verbraucherschutz.“
Der grüne Bundestagsabgeordnete, Bruno Hönel twitterte ebenfalls, dass die THC-Obergrenze „zu restriktiv“ sei. Sie begünstige die „Beschaffung über den Schwarzmarkt.“ Das sei der falsche Weg. Weiter sprach sich der 25-Jährige für eine „Cannabislegalisierung ohne zuwiderlaufende Überregulation“ aus.
Seine Kollegin von der SPD, die Innen- und Rechtspolitikerin Carmen Wegge kündigte auf Twitter an, die in Lauterbachs Entwurf skizzierte Begrenzung des THC-Gehalts nicht zu unterstützen.
Am Ende nahm Lauterbach die THC-Obergrenze aus dem Entwurf und das Bundeskabinett beschloss das Papier ohne die ursprünglich angedachte Regelung. Eine THC-Begrenzung für jungen Menschen unter 21 Jahren wird es somit nicht mehr geben.
EU-Kommission wenig begeistert über Ampel-Pläne
Nach Beschluss des Eckpunktepapiers kündigte Bundesminister Lauterbach an, dass das Papier nun der EU-Kommission zu einer rechtlichen Vorprüfung vorgelegt wird. Hintergrund ist, dass Regelungen des Völker- und Europarechts den Umgang mit Suchtstoffen wie Cannabis limitieren und damit die Möglichkeiten begrenzen, das Vorhaben umzusetzen. Ein Gesetzentwurf soll erst dann erarbeitet und vorgelegt werden, wenn die Vorprüfung ergibt, dass die geplanten Maßnahmen zur kontrollierten Cannabis-Abgabe rechtlich umsetzbar sind.
Brüssel kann die gesamten Pläne der Bundesregierung über den Haufen werfen. In einem sogenannten Notifizierungsverfahren (Prüfung) könnte die Kommission ein Veto gegen die deutschen Pläne einlegen. Das ist zu erwarten, wenn das supranationale Organ der Europäischen Union zur Auffassung kommt, dass die Pläne aus Berlin EU- und internationalem Recht widersprechen.
Die EU-Kommission scheint von den deutschen Plänen auch nicht überzeugt zu sein. Auf einer Pressekonferenz am 29. November in Berlin kündigte Lauterbach ein Gutachten an. „Wir geben ein Gutachten in Auftrag, um die EU-Kommission davon zu überzeugen, dass durch unser geplantes Gesetz der Cannabis-Konsum begrenzt werden kann“, so der Minister damals.
In vertraulichen Gesprächen mit der EU-Kommission habe sich gezeigt, dass „sehr gute Argumente“ benötigt würden, um sie vom eingeschlagenen Weg zu überzeugen, so der SPD-Politiker weiter.
Das Gutachten soll deutlich machen, dass die Legalisierung den Schwarzmarkt zurückdränge, ohne den Konsum insgesamt auszudehnen, sowie zu einem besseren Kinder- und Jugendschutz führe.
Rechtliche Bedenken und Irritation über die Vorgehensweise
Die EU-Kommission hat offensichtlich nicht nur rechtliche Bedenken gegen den deutschen Weg. Sie ist auch irritiert über die Vorgehensweise der Bundesregierung. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) in ihrer Onlineausgabe am 22. Dezember berichtete, liegt der EU-Kommission bis heute gar kein detaillierter Plan aus Berlin vor, der von der Behörde oder auch von anderen EU-Mitgliedern rechtlich und politisch bewertet werden könnte. „Wir haben von den deutschen Stellen bisher keine förmliche Anfrage für eine Befassung erhalten“, heißt es laut SZ bei der Kommission.
Man habe bisher nur das Eckpunktepapier vorliegen. Das ist aber allenfalls eine politische Absichtserklärung. Um die deutschen Pläne zu prüfen, braucht die EU jedoch einen echten Gesetzestext. Den gibt es bisher nicht. Alle Gespräche zwischen Berlin und Brüssel sind daher bislang rein informell.
Nerven liegen im Bundesgesundheitsministerium blank
Wie die SZ weiter schreibt, lägen die Nerven inzwischen im Hause Lauterbach blank. Auf Anfrage der SZ erklärte das Bundesgesundheitsministerium vor Weihnachten, dass man im Moment an einem Gesetzentwurf schreibe. Mehr wolle man im Moment zu dem Thema nicht sagen.
Jenseits der Verfahrensfrage tun sich erhebliche juristische Hürden auf, die man in der Bundesregierung offenbar bei Beschluss des Eckpunktepapiers unterschätzt hatte.
EU-Beschluss verpflichtet Mitgliedstaaten zum Kampf gegen Drogen
So gilt europaweit seit 2004 ein sogenannter Rahmenbeschluss zum Drogenhandel. Dieser verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten, so gut wie alle Handlungen, die mit Drogen zu tun haben, mit „wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden“ Strafen zu bedrohen. Das Gesetz schließt Cannabis als illegale Droge ein und gibt sogar vor, mit welchen Freiheitsstrafen diese Taten belegt sein müssen.
Konkret werden in dem EU-Gesetz als Straftatbestände genannt: „das Gewinnen, Herstellen, Ausziehen, Zubereiten, Anbieten, Feilhalten, Verteilen, Verkaufen, Liefern – gleichviel zu welchen Bedingungen –, Vermitteln, Versenden – auch im Transit –, Befördern, Einführen oder Ausführen von Drogen“ sowie „das Anbauen der Cannabispflanze“. Nur eine Ausnahme lässt das Gesetz zu: Wenn diese Handlungen „ausschließlich“ für den „persönlichen Konsum“ begangen werden, dürfen die einzelnen EU-Länder in ihren nationalen Gesetzen abweichende Regelungen treffen.
Im Klartext bedeutet das, dass Deutschland zwar erlauben kann, dass einzelne Personen kleine Mengen Cannabis für den Eigengebrauch besitzen oder auch für den eigenen Konsum ein paar Hanfpflanzen ziehen. Sehr viel mehr ist aber nicht drin.
Das entspricht der Praxis, die aus den Niederlanden bekannt ist. Dort wird der private Konsum von Cannabis toleriert. Aber der gesamte Markt, der davorgeschaltet ist, der ist nach wie vor illegal und wird entsprechend strafrechtlich verfolgt. Genau das möchte die Ampel-Koalition aber nicht. Sie spricht sich deshalb im Eckpunktepapier für einen legalen, aber staatlich überwachten Cannabis-Markt aus. Cannabis soll nur in Apotheken oder Fachgeschäften verkauft werden können.
Lauterbach setzt auf das angekündigte Gutachten, mit dem er die EU-Kommission überzeugen möchte. Grundlage seiner Argumentation soll ein UN-Übereinkommen gegen unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen von 1988 sein. Dieses hätte auch eine europarechtliche Wirkung.
Cannabis-Legalisierung soll Gesundheit schützen
Deutschland möchte in seiner Auslegung des Vertrags argumentieren, dass es darum gehe, die Gesundheit der Menschen zu schützen – und dass dies besser mittels einer Cannabis-Legalisierung gelänge als durch die strikte Einhaltung von Verboten. Das Gutachten soll diese Sichtweise untermauern. Das Gutachten liegt aber zum jetzigen Stand noch gar nicht vor.
Gegner des Projekts sind „ewig gestrig“
Für die grüne Gesundheitsexpertin Kirsten Kappert-Gonther sind diese Hürden aber alles kein Problem. „Ein mögliches Notifizierungsverfahren darf den Prozess nicht weiter verschleppen“, sagte Kappert-Gonther gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Die „ewig gestrigen“ Gegner des Vorhabens nutzten dies als Vorwand. Mit der Legalisierung von Cannabis werde ein besserer Gesundheits- und Jugendschutz möglich. In diesen Zielen gäbe es keinen Dissens zu den internationalen Verträgen, argumentiert sie.
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