Finanzskandal um die HSH Nordbank: Scholz soll erneut aussagen

Bundeskanzler Olaf Scholz könnte erneut vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft zur Cum-Ex-Affäre aussagen müssen. Auch andere hochrangige Politiker wie Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Henrik Wüst stehen auf der Zeugenliste.
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Bereits zwei Mal musste Bundeskanzler Scholz als Zeuge aussagen.Foto: Daniel Bockwoldt / AFP
Von 31. Mai 2024

Zweimal musste Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schon vor dem „Parlamentarischen Untersuchungsausschuss“ (PA) der Hamburger Bürgerschaft zur Cum-Ex-Affäre aussagen. Auf der Zeugenliste von SPD und Grünen, die am Mittwoch im Ausschuss abgestimmt wurde, steht der Name des Kanzlers nun wieder. Nicht ausgeschlossen, dass er nun ein drittes Mal aussagen muss. Allerdings geht es dieses Mal nicht um die Warburg Bank, sondern um die HSH Nordbank, an der bis 2018 die Bundesländer Schleswig-Holstein und Hamburg den Großteil der Anteile hielten. Auch diese Bank war in die sogenannten Cum-Ex-Geschäfte verstrickt. 

Die inzwischen privatisierte HSH Nordbank hatte sich zwischen 2008 und 2011 in 29 Fällen Kapitalertragssteuern erstatten lassen, die zuvor gar nicht gezahlt worden waren. Das wurde durch eine Untersuchung der Wirtschaftskanzlei Clifford Chance aufgedeckt, die von der Bank selbst beauftragt worden war. Die Fälle wurden der Staatsanwaltschaft gemeldet, und im Jahr 2014 zahlte die Bank schließlich etwa 126 Millionen Euro an die Steuerverwaltung zurück.

Ende 2018 wurde die HSH Nordbank auf Anweisung der EU-Kommission an US-Investoren verkauft und nach der Privatisierung in Hamburg Commercial Bank (HCOB) umbenannt. Im Zusammenhang mit den „Cum-Ex”-Geschäften des Vorgängerinstituts durchsuchte die Staatsanwaltschaft Köln im Jahr 2021 die Räumlichkeiten der HCOB.

HSH Nordbank tätigte Geschäfte unter CDU-Senaten

In den vergangenen drei Jahren konzentrierte sich der Hamburger Untersuchungsausschuss zunächst auf die mögliche politische Einflussnahme führender Hamburger SPD-Politiker auf die steuerliche Behandlung der in „Cum-Ex“-Geschäfte verwickelten Warburg Bank. Unter anderem geriet dabei auch Bundeskanzler Scholz in den Fokus der Ermittlungen, der damals Bürgermeister in Hamburg war.  

Nun rückt das Thema HSH Nordbank in den Fokus der Abgeordneten im Untersuchungsausschuss. Der Untersuchungsauftrag wurde auf Antrag von CDU und Linken entsprechend erweitert. 

Neben Olaf Scholz befinden sich auf der Liste auch die Namen weiterer prominenter Politiker. So sollen neben dem heutigen Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), auch seine Amtsvorgänger Ole von Beust und Christoph Ahlhaus, beide CDU, aussagen. Auch der ehemalige Finanzsenator Wolfgang Peiner und der frühere Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Peter Harry Carstensen – allesamt von der CDU – müssen mit einer Vorladung in den Untersuchungsausschuss rechnen. Sie waren in der Zeit, wo die HSH Nordbank Cum-Ex-Geschäfte tätigte, politisch verantwortlich. Deshalb wolle man sie hören, so Milan Pein, SPD-Obmann im Ausschuss, in einer Pressemitteilung.

Scholz und Tschentscher sollen den Ausschuss über den externen Prüfungsprozess und die Aufarbeitung der Geschäfte seit 2012 informieren. Ab 2013 hatte die HSH die rechtswidrige Geschäftspraxis aufgearbeitet und dazu ein externes Gutachten erstellen lassen sowie BaFin und Staatsanwaltschaft über das Ergebnis informiert. „Keine andere Landesbank hat ihre Cum-Ex-Geschäfte derart frühzeitig und proaktiv von Externen überprüfen lassen und die zu Unrecht erhaltenen Gelder samt Zinsen zurückerstattet“, so der SPD-Obmann weiter. Dieses Vorgehen hätte 2013 auch die CDU als „richtig“ bewertet.

Auch Henrik Wüst soll aussagen

Ebenfalls auf der Liste derjenigen, die nach der Vorstellung der SPD und der Grünen vor dem Untersuchungsausschuss aussagen sollen, ist auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Henrik Wüst (CDU). Wüst soll im Untersuchungsausschuss erklären, inwieweit die Rolle seiner Landesbank WestLB im Cum-Ex-Geschäft aufgearbeitet worden ist. Die WestLB war die größte Bank, die in den Cum-Ex-Geschäften verwickelt war. 

Als im April die Kölner Cum-Ex-Chefermittlerin Anne Brorhilker öffentlich machte, dass sie ihren Job als Oberstaatsanwältin aufgeben wird und zukünftig als Geschäftsführerin bei der Bürgerbewegung Finanzwende arbeiten wird, sagte der ehemalige Bundestagsabgeordnete Gerhard Schick (Grüne), laut dem „Bayerischen Rundfunk“ (BR), im Zusammenhang mit der WestLB: „Ich erwarte etwa eine Anklage gegen Banker der früheren Landesbank WestLB, die wohl größter Player im Cum-Ex-Skandal in Deutschland war, am Landgericht Bonn.“

Ob alle auf der Zeugenliste der SPD und der Grünen geführten Politiker am Ende tatsächlich vor dem Untersuchungsausschuss aussagen müssen, ist im Moment nicht abschließend klar. Die CDU hält die Beweisanträge für verfassungswidrig und hatte deshalb auch schon am Mittwoch gegen die Liste gestimmt. Auch die AfD stimmte dagegen. Wie die „Neue Presse“ berichtete, sprach Die Linke im Hinblick auf die Liste von einem „politischen Show-Antrag“ von Rot-Grün. Bei der Abstimmung enthielten sich Die Linken. Angesichts der CDU-Kritik wurde der Arbeitsstab des Ausschusses beauftragt, die Rechtmäßigkeit der Anträge nachträglich zu prüfen.

Rot-Grün mit „Nebelkerzen“ zur Ablenkung?

„Wir halten den Antrag in wesentlichen Teilen für verfassungswidrig“, sagte die CDU-Abgeordnete und stellvertretende Schriftführerin im Ausschuss, Anke Frieling. Sie betonte, dass die „Cum-Ex“-Geschäfte der HSH Nordbank erst 2013 bekanntgeworden seien.

„Einige der hier aufgeführten Zeugen waren da schon gar nicht mehr im Amt.“ Eine politische Einflussnahme hätte erst nach dem Bekanntwerden erfolgen können, fügte sie hinzu. „Es geht ausdrücklich nicht darum, ob 2008 ‚Cum-Ex‘-Geschäfte durch die HSH Nordbank getätigt wurden, denn dieser Fakt steht ja bereits fest, sondern darum, wie der damalige SPD-Senat nach dem Bekanntwerden damit umgegangen ist.“ Sie warf der SPD vor, gemeinsam mit den Grünen „mit Nebelkerzen von der politischen Verantwortung ihres Spitzenpersonals abzulenken“.

Im Januar veröffentlichte der Ausschuss seinen Zwischenbericht zum Warburg-Komplex. Vertreter der Regierungsparteien und der Opposition bewerteten diesen jedoch völlig unterschiedlich: SPD und Grüne sehen weiterhin keinen Beleg für eine politische Einflussnahme. CDU, Linke und AfD hingegen werteten die Indizien als Beleg dafür, dass sowohl Scholz als auch sein damaliger Finanzsenator und späterer Nachfolger Tschentscher Einfluss genommen hätten.

Es ist ungewiss, ob der Ausschuss seine Arbeit in dieser Legislaturperiode abschließen kann. Anfang März 2025 stehen in Hamburg Bürgerschaftswahlen an.



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