Faesers Wunsch nach Grenzkontrollen: Bundespolizei jetzt schon im roten Bereich

Ab Montag soll die Bundespolizei verstärkte Kontrollen an allen Außengrenzen der Republik durchführen. Dabei agieren die Beamten trotz tausend zusätzlicher Planstellen offenbar schon jetzt am Limit. Gewerkschaftsangaben zufolge droht ihnen gar die Insolvenz.
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) bei einem Besuch der GSG 9 und der Bundespolizei-Fliegerstaffel.
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) bei einem Besuch der GSG 9 und der Bundespolizei-Fliegerstaffel.Foto: Rolf Vennenbernd/dpa
Von 11. September 2024

Der Bundespolizei droht offenbar noch in diesem Jahr die Zahlungsunfähigkeit. Nach Angaben der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) fehlt rund eine halbe Milliarde Euro im Sachhaushalt, um die Ausgaben decken zu können. Der Fehlbetrag könne „aus eigenen Mitteln definitiv nicht bis zum Jahresende kompensiert werden“, hieß es in einer Presseerklärung vom 7. September 2024 zum Nachtragshaushalt 2024.

Die DPolG nannte darin „folgenschwere Fehler bei der Haushaltsaufstellung“ durch die Bundesregierung als einen Grund für die Misere. Es habe immerhin „ganz erhebliche überplanmäßige Ausgaben im Zusammenhang mit der Fußballeuropameisterschaft, den Olympischen Spielen in Paris und zahlreicher Einsatzlagen der Bundespolizei im Jahr 2024“ gegeben.

Im 90 Seiten starken Entwurf zum Nachtragshaushalt 2024 (BT-Drucksache 20/12770, PDF) taucht das Wort „Bundespolizei“ aber kein einziges Mal auf – zur Enttäuschung der Polizeibeamten. „Keinen einzigen Cent“ zusätzlich habe die Ampelregierung für „die größte Sicherheitsbehörde Deutschlands“ locker gemacht, beklagt die DPolG. Bei anderen Ressorts übe der Bund weniger Zurückhaltung:

In Zeiten, in denen das Thema ‚Innere Sicherheit‘ sämtliche andere politische Themen in den Schatten stellt, hat die Ampelregierung keine bessere Idee, als mit weiteren Millionen von Euro den Klimaschutz, das Bürgergeld und das Verkehrswesen nachzufinanzieren, anstatt die innere Sicherheit vor einer Insolvenz zu schützen.“

GdP-Chef Roßkopf: „Roter Bereich“ erreicht

Auch Andreas Roßkopf, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), sieht die Bundespolizei „jetzt schon im roten Bereich“ – sowohl personell als auch materiell. Dabei stelle die Gesamtsituation die Grenzschutzbeamten schon lange vor vielfältige Probleme.

Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur „Reuters“ verwies Roßkopf auf die „hohe Kriminalität“ an Bahnhöfen und Flughäfen, wo vor allem Aktivisten mit ihrem versuchten oder gar vollendeten „Eindringen“ Schwierigkeiten machten. Zudem sei die Bundespolizei bei der „kritischen Infrastruktur auf See“ seit den Pipeline-Anschlägen „noch mehr gefordert“.

Bereitschaftspolizei muss aushelfen

Nicht zuletzt stellten die vom Bundesinnenministerium geplanten Erweiterungen der Grenzkontrollen eine „neue Herausforderung“ dar, so der GdP-Vorsitzende. Denn schon jetzt sei bei den bisherigen stationären Kontrollen an den deutschen Außengrenzen die „Hinzunahme von Bereitschaftspolizei“ notwendig. Sämtliches „Einsatzgerät“ – von mobilen Kontrollstellen bis zum Beleuchtungsgerät – seien bereits an jenen Grenzen eingebunden, an denen schon länger kontrolliert werde, nämlich in Richtung Schweiz, Österreich, Tschechien und Polen.

Wir sind hier jetzt ziemlich gespannt, was letztendlich auf uns zukommt, denn die Einsatzmittel, aber auch das Personal sind natürlich endlich.“

Zudem erschwerten die rechtlichen Vorschriften einen effektiven Grenzlinienschutz zu den Nachbarländern: Für die Bundespolizei existiere keine Möglichkeit, Menschen ohne Wiedereinreisesperre zurückzuweisen, wenn diese „bei uns einen Schutz ersuchen“, stellte Roßkopf klar. „Wir müssen sie ans Landesinnere verweisen an die zuständigen Behörden – Ausländeramt, BAMF“. Dann müsse jeder Fall überprüft werden.

Für ihn selbst stelle sich die Frage, „ob die Art und Weise, wie wir im Moment Grenzkontrollen durchführen, der Aufwand, den wir da betreiben, wirklich ein gutes Mittel ist zu dem Erfolg, den wir da erzielen“.

Wenn die Beamten der Bundespolizei nun noch „intensiver an den Grenzen“ stehen werden, sei „natürlich“ auch mit mehr Zurückweisungen zu rechnen, räumte Roßkopf ein. „Aber in Anbetracht der Massen, die zu uns kommen, sind diese Art von Zurückweisungen nur ein kleiner Tropfen auf dem heißen Stein, letztendlich.“ Er plädiere deshalb für den Ansatz der Unionsparteien, „auf nationales Recht umzuschwenken“, um viel mehr Ankömmlinge „in die sogenannten sicheren Drittstaaten“ zurückweisen zu können.

Wenn sich die Lage verbessern solle, so der Polizeigewerkschafter, benötige die Bundespolizei möglichst schnell „eine sehr flexible und moderne Grenzkontrolle unter Hinzunahme modernster Einsatzmittel“.

Als unverzichtbar betrachte er dabei die technische Aufrüstung bei Drohnen, bei der Kennzeichenerfassung, bei Bewegungsmeldern und bei Fahndungsfahrzeugen. All das sei bei „Kontrollstellen, die innerhalb von wenigen Tagen aufgebaut und auch wieder abgebaut und verändert werden“ könnten, zum Einsatz zu bringen, betonte Roßkopf. Man habe es schließlich mit flexiblen Gegnern zu tun:

Die Masse der Menschen, die unerlaubt zu uns kommt, wird geschleust, ist von Schleuserorganisationen geführt, die hochprofessionell arbeiten und auf unsere stationären Grenzkontrollen innerhalb weniger Stunden, spätestens innerhalb weniger Tage reagieren und diese umfahren.”

Roßkopf kritisierte, dass es „seit Jahren versäumt worden“ sei, „eben da jetzt hinzuwirken“. Dabei habe seine Gewerkschaft schon seit 2019 auf die Mangellage hingewiesen und Abhilfe gefordert. „Von dem her ist es jetzt dringend an der Zeit, auch in dem laufenden Prozess diese Modernisierung vorzunehmen.“

Innenministerium kündigt Kontrollen an allen Binnengrenzen an

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte am 10. September angekündigt, Menschen an allen deutschen Landesgrenzen kontrollieren und gegebenenfalls zurückzuweisen zu lassen.

Ihre Pläne für ein angeblich „europarechtskonformes und effektives“ Zurückweisungsmodell gingen den Unionsvertretern des „Asylgipfels“ am Nachmittag desselben Tages allerdings nicht weit genug. CDU-Unterhändler Thorsten Frei brach die Gespräche ab. Ein neuer Anlauf erübrige sich, so der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag.

Die Bundesregierung will nun trotzdem ihre Gesetzentwürfe für ein „Maßnahmenpaket“ ohne Unterstützung der Union am Donnerstag, 12. September, im Bundestag verabschieden lassen, wie Faeser nach dem gescheiterten „Arbeitsgespräch“ vorausschickte (Video auf X).

Faeser sieht Bundespolizei bereits mit zusätzlichen Planstellen „honoriert“

Die Bundesinnenministerin hatte bei der Ankündigung ihres Zurückweisungsmodells und der verstärkten Überwachung aller Landesgrenzen ab dem 16. September auch lobende Worte für die Bundespolizei gefunden: Sie dankte „den Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei […] außerordentlich für den großartigen Einsatz an den deutschen Binnengrenzen, aber auch sonst an den Flughäfen und Bahnhöfen“. Die Regierungskoalition habe deren Arbeit bereits mit der Einrichtung von tausend zusätzlichen Stellen bei der Bundespolizei „honoriert“. Faeser betonte das „Alleinstellungsmerkmal“ dieses Stellenaufwuchses: „Es gibt sonst keinen Stellenhaushalt“ (Video auf X).

Die Epoch Times schickte der DPolG, dem Bundesinnenministerium und dem Bundeskanzleramt jeweils Fragenkataloge über die finanzielle Ausstattung der Bundespolizei zu. Sobald die Antworten vorliegen, werden wir darüber berichten.

Schon seit Jahren zu wenige Mittel

Die DPolG hatte bereits im Juni 2024 einen Brandbrief direkt an Bundeskanzler Olaf Scholz gerichtet. Darin ging es um Geldmangel bei der GSG 9, einer Spezial-Grenzschutzeinheit der Bundespolizei.

Überhaupt ist das Thema Finanzen bei der Bundespolizei nicht neu. Schon vor gut zwei Jahren stellten Vertreter von Bundespolizei und Polizeigewerkschaften eine Lücke von 497 Millionen fest, die sich den Jahren 2023 bis 2026 auftun würde. Es fehlten damals:

  • 200 Millionen Euro zur Drohnenabwehr
  • 200 Millionen für Training und Ausstattung bezüglich „lebensbedrohlicher Einsatzlagen“
  • 100 Millionen für geschützte Einsatzfahrzeuge
  • 70 Millionen für Schiffe
  • 12 Millionen für „unbemannte Luftfahrtsysteme“
  • 50 Millionen zur Instandhaltung von Fahrzeugen aller Art


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