Faeser will Bundespolizei stärken und grünes Licht für biometrische Überwachung
Der Terroranschlag des saudi-arabischen Psychiaters Taleb A. in Magdeburg mit bislang fünf Toten, 41 Schwerverletzten und mehr als 200 weiteren Verletzten hat für Fassungslosigkeit gesorgt. Einen Social-Media-Nutzer entzürnte die Tat derart, dass er ankündigte, selber Gewalttaten zu verüben. Am Sonntagabend nahm die Bremerhavener Polizei dann diesen älteren Mann fest, der per Video angekündigt hatte, am ersten Weihnachtsfeiertag ein Messer-Massaker auf dem Weihnachtsmarkt von Bremerhaven anrichten zu wollen.
Auf einem mittlerweile auch auf X kursierenden Video sagt der Mann: „Ich geh‘ am 25. hier in Bremerhaven auf‘n Weihnachtsmarkt und stech jeden ab, der arabisch oder südländisch aussieht – jeden. Ich nehm‘ genug Messer mit. Das ist kein Scherz.“ Der Mann gab vor, allein zu leben, keine Angehörigen und nichts zu verlieren zu haben. Er könne „auch ebenso gut tot sein oder im Knast enden“, so der nach eigenen Worten in Bremerhaven Ansässige.
Die Polizei Bremerhaven bestätigte noch am Sonntagabend in einer Pressemitteilung, den Mann „im Stadtgebiet“ vorläufig festgenommen zu haben. Für die Bevölkerung bestehe keine Gefahr. Die Ermittlungen liefen weiter.
BMI-Chefin Faeser will „alles“ für mehr Schutz tun
Nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz und Nancy Faeser (beide SPD), die Leiterin in des Bundesinnenministeriums (BMI), am Samstagnachmittag bei ihrem Beileidsbesuch in Magdeburg von der umstehenden Menge beschimpft und ausgebuht worden waren (Kurzvideo auf X), erklärte Faeser, möglichst schnell neue Gesetze auf den Weg bringen zu wollen.
„Klar ist, dass wir alles tun müssen, um die Menschen in Deutschland vor solchen entsetzlichen Gewalttaten zu schützen“, erklärte Faeser gegenüber dem „Spiegel“. Sie verlangte „alle notwendigen Befugnisse und mehr Personal“ für die deutschen Sicherheitsbehörden. Es sei an der FDP und an der Union, ihren Widerstand gegen die Änderung des Bundespolizeigesetzes und gegen die Einführung der biometrischen Überwachung aufzugeben.
Nach Informationen des „Spiegel“ hatte sich die FDP – damals noch Teil der Ampelregierung – gegen ein neues Bundespolizeigesetz, die Union im Bundesrat gegen die biometrische Überwachung gewehrt.
„All diese Gesetzentwürfe von uns könnten sofort beschlossen werden, wenn Union und FDP sich dem nicht verweigern“, gab Faeser laut „Spiegel“ zu bedenken. Die BMI-Chefin habe zudem daran erinnert, dass die Bundesregierung unter dem Eindruck des tödlichen Messerangriffs von Solingen im Sommer das Waffenrecht bereits verschärft und die Befugnisse der Sicherheitsbehörden gestärkt habe.
Im August 2024 hatte der aus Syrien stammende mutmaßliche IS-Anhänger Issa Al H. auf einem Stadtfest drei Menschen getötet und weitere acht teilweise schwer verletzt. Im Laufe des Jahres hatten weitere Messerattacken unter anderem in Mannheim, Bonn oder in Sarstedt die Öffentlichkeit schockiert.
Unionsfraktion für weitreichendere Vorratsdatenspeicherung, Biometrie und Grenzzurückweisungen
Wie die „Rheinische Post“ (RP) berichtet, hält Thorsten Frei, der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die Vorschläge von Faeser für ungenügend: Sie blieben „hinter unseren Erwartungen zurück“. Frei:
Es wird höchste Zeit, dass wir beispielsweise bei der Vorratsdatenspeicherung endlich vorankommen. Das Gleiche gilt für Zurückweisungen an den deutschen Grenzen: Sie sind zurzeit die einzige Möglichkeit, um die irreguläre Migration zu stoppen.“
Nach Angaben der „Tagesschau“ steht Frei auch der biometrischen Gesichtserkennung „an speziellen Gefahrenpunkten“ inzwischen offen gegenüber. Laut RP nutzte er die Situation auch für eine Spitze in Richtung Bundesregierung:
Die Ampelkoalition hat in den vergangenen drei Jahren leider dazu beigetragen, Misstrauen gegen unsere Sicherheitskräfte zu säen, anstatt unsere Beamten zu stärken“.
Wiese (SPD) gegen Buschmann (FDP)
FDP-Generalsekretär Marco Buschmann dagegen hatte sich im „Spiegel“ (Bezahlschranke) skeptisch gezeigt: „Unsere Aufgabe ist, den Opfern und ihren Angehörigen beizustehen. Schlecht wäre ein Überbietungswettbewerb um symbolische Maßnahmen. Das würde der schlimmen Situation nicht gerecht“.
Es gelte nun zu untersuchen, welche Hinweise vor der Tat vorgelegen hätten und ob es „methodische Fehler“ gegeben habe, als die Gefahrenprognose zu Taleb A. erstellt worden sei. Dessen „untypische Radikalisierung“ sei „genau in den Blick“ zu nehmen. „Zudem wäre es wichtig, die Zersplitterung der Befugnisse der Sicherheitsbehörden zu überwinden“, mahnte Buschmann.
Dirk Wiese, der Vizefraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, konterte nach Informationen der RP: Es sei zwar nötig, die Befugnisse der Sicherheitsbehörden an die Bedrohungslagen anzupassen. „Bedauerlicherweise“ sei aber „vieles durch den früheren Bundesjustizminister Marco Buschmann verhindert worden“, zitiert die RP Wiese. Der SPD-Abgeordnete habe eine Sondersitzung im Innenausschusses des Bundestags noch vor dem Jahresende verlangt. Diese solle „dem Vernehmen nach“ am Montag, 30. Dezember, stattfinden.
Buschmann wiederum habe vor allzu schnellen Reaktionen abgeraten: Erst „wenn gesicherte Erkenntnisse“ vorlägen, „sollten die Parteien der demokratischen Mitte gemeinsam über Konsequenzen sprechen“, so der Ex-Bundesjustizminister laut RP. Seiner Ansicht nach könne „beispielsweise eine Föderalismuskommission […] der richtige Rahmen dafür sein, in der Bund und Länder zusammen beraten“.
Zur Besonnenheit riet nach Informationen des „Spiegel“ auch SPD-Generalsekretär Matthias Miersch: „Nach erfolgter Auswertung“ müsse man „die notwendigen Lehren ziehen – sowohl für die Sicherheitsarchitektur als auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt“. Zunächst aber müssten die Hintergründe um das Geschehen von Magdeburg „lückenlos“ aufgeklärt werden. Dazu müssten die Sicherheitsbehörden in Bund und Land „jeden Stein umdrehen“, so Miersch.
AfD für „Zeitenwende“ in der Sicherheits- und Migrationspolitik
AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel erklärte am Montagmorgen auf ihrem X-Kanal, dass die Attacke von Magdeburg „ohne unkontrollierte Zuwanderung nicht möglich gewesen wäre“. Sie forderte den „Staat“ auf, „die Bürger durch eine restriktive Migrationspolitik und konsequente Abschiebungen“ zu schützen.
Ihr Co-Parteichef Tino Chrupalla hatte am Rande einer Kranzniederlegung in Magdeburg am Samstag auf seinem X-Kanal gemutmaßt, dass die Attacke des Arztes „hätte verhindert werden können, wenn die Behörden die Sicherheit der Bürger im Blick hätten“. Auch er forderte eine Sondersitzung im Bundestag.
Der sachsen-anhaltinische Landesverband der AfD kündigte auf X für den Montagnachmittag „ein öffentliches Gedenken der Terroropfer von Magdeburg mit Trauerzug“ an.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Bundestag, Bernd Baumann, hatte im ARD-Interview am Sonntag für eine „Zeitenwende“ in der Sicherheitspolitik und für ein Umdenken „von Grund auf“ plädiert. Die Polizei- und Sicherheitsbehörden bräuchten materiell und personell eine „massive Aufrüstung“, und „weitere Befugnisse“. Außerdem müsse es zu einer Begrenzung der „Masseneinwanderung“ kommen.
Die „ganze linksgrüne Einstellung zum Sicherheitsapparat“ und das „Misstrauen gegenüber der Polizei“ müsse ein Ende haben, so Baumann. Er habe bereits um eine Sondersitzung des Ältestenrats, eine Regierungserklärung des Kanzlers zur Sicherheitspolitik und eine entsprechende Debatte im Bundestag gebeten.
Baumann bezeichnete es als „kompletten Unsinn“ und einen „moralisch verwerflichen Missbrauch“ im Wahlkampf, den Terroranschlag von Magdeburg in Verbindung mit seiner Partei zu bringen:
Wer versucht, so viel Deutsche zu töten, wie es nur geht, so viel Christen zu töten auf ’nem christlichen Weihnachtsmarkt, wer solche deutsch hassenden Mails verbreitet, hat mit der AfD überhaupt nichts zu tun.“ (Video auf X).
Habeck warnt vor Hass
Robert Habeck, Bundeswirtschaftsminister und Kanzlerkandidat der Grünen, räumte ein, dass man nun darüber sprechen müsse, „ob Personal, ob Ausstattung und auch die Befugnisse der Sicherheitsbehörden ausreichen“. In einer zehnminütigen Videobotschaft auf seinem YouTube-Kanal warnte er allerdings in erster Linie vor einer „Welle des Islamhasses“ in den sozialen Medien:
Es ist das, was Rechtsextremisten und Autokraten-Verehrer, ja, Extremisten jeder Art wollen: Misstrauen, Angst und Zorn schüren. Die Gesellschaft kirre machen mit Desinformation, mit Lügen, mit Halbwahrheiten. Jetzt vor der Bundestagswahl gilt das besonders.“
Die Menschen sollten sich nach Ansicht Habecks lieber mehr Zeit für Skepsis, Zweifel und Nachfragen lassen: „Glauben Sie nicht jenen, die immer gleich alles wissen. Glauben Sie nicht, was ihnen Propagandisten im Netz weismachen wollen. Die Lüge ist schneller als die Wahrheit“, mahnte Habeck.
Merz: „Wir müssen das stoppen“
CDU-Chef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz hatte bereits am Samstag via X darauf hingewiesen, dass „die schreckliche Tat des gestrigen Tages in #Magdeburg nicht in das bisher bekannte Muster“ passe. Merz weiter:
Das verpflichtet uns Politiker, zunächst innezuhalten und erst auf der Basis gesicherter Erkenntnisse zu beurteilen, was gestern geschehen ist. Es bleibt unerträglich, dass wir uns nur noch mit Ängsten und Sorgen versammeln und nicht mehr unbeschwert feiern können. Wir müssen das stoppen.“
Merz weigert sich seit dem Ampelbruch vom 6. November, unter anderem Gesetzesentwürfe über Grenzschließungen im Bundestag zur Abstimmung zuzulassen, obwohl seine Fraktion zusammen mit der AfD, der FDP, dem BSW und fraktionslosen Abgeordneten womöglich eine Mehrheit dafür hätte. Der Unionskanzlerkandidat hatte dies damit begründet, vor der Bundestagswahl keine „Zufallsmehrheiten“ zu wollen.
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