Schock für Gutverdiener: Höhere Abgaben fressen geplante Steuererleichterungen auf
Die Ampelkoalition hat den Bürgern Entlastungen versprochen. Anlässlich der Einigung der Koalition auf den Haushalt 2025 hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf der Pressekonferenz erklärt: „Wir müssen etwas tun für all diejenigen, die Steuern zahlen.“
Ob hierin allerdings auch Beschäftigte mit höherem Einkommen einbezogen sind, scheint fraglich, wie gerade erst das „Handelsblatt“ berichtete. Während die Bundesregierung in der Öffentlichkeit immer wieder auf Steuerentlastungen verweist, sind offenbar zugleich Mehrbelastungen bei Sozialversicherungsbeiträgen geplant. Ein Entwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) deutet darauf hin, dass die Beitragsbemessungsgrenzen, die für diese Erhöhung entscheidend sind, angehoben werden sollen. Anpassungen zu den Beitragsbemessungsgrenzen gibt es in regelmäßigen Abständen – daher sollte so ein Gesetzentwurf eigentlich kein Aufreger sein. Allerdings fällt dieses Mal der Anstieg besonders stark aus.
Die Grenzen werden jährlich anhand der Lohnentwicklungen angepasst. Da die Bruttolöhne 2023 im Vergleich zum Jahr davor laut „Statista“ mit 7,1 Prozent stark gestiegen sind, fällt nun auch die Anhebung der Grenze bei der Sozialversicherung „vergleichsweise stark“ aus, begründet eine Sprecherin des Arbeitsministeriums gegenüber der „Bild“ den Anstieg.
Für Gutverdienende unterm Strich ein Minus
Für Gutverdiener würden die geplanten Veränderungen ab Januar unterm Strich ein Minus bedeuten und sie würden nicht in den Genuss der vom Kanzler versprochenen Steuerentlastungen fallen.
Zu diesem Ergebnis kommt der Finanzwissenschaftler Professor Frank Hechtner von der Universität Nürnberg-Erlangen, der für das „Handelsblatt“ verschiedene Effekte berechnet hat. „Die geplante Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenzen führt bei höheren Einkommen dazu, dass wesentliche Teile der angedachten Steuerentlastungen für 2025 aufgezehrt werden“, fasst Hechtner seine Berechnungen zusammen.
Die Beitragsbemessungsgrenzen bestimmen, für welches Einkommen Beiträge zur Sozialversicherung erhoben werden. Für den Teil des Einkommens, der über dieser Grenze liegt, fallen keine Beiträge an. Je höher der Wert liegt, umso mehr Sozialbeiträge müssen Gutverdiener zahlen.
Im Moment müssen in den westdeutschen Bundesländern Rentenversicherungsbeiträge auf ein monatliches Bruttoeinkommen von bis zu 7.550 Euro entrichtet werden, während in den ostdeutschen Bundesländern die Grenze bei 7.450 Euro liegt. Ein Entwurf des Arbeitsministeriums sieht nun vor, diese Beitragsbemessungsgrenze einheitlich auf 8.050 Euro anzuheben. In der Krankenversicherung soll die Beitragsgrenze im nächsten Jahr von aktuell 5.175 Euro auf 5.512,50 Euro erhöht werden.
Hechtner hat berechnet, welche Auswirkungen dies auf unterschiedliche Einkommensgruppen hat. Wer beispielsweise ein monatliches Gehalt von 5.200 Euro bezieht, wird im Jahr 2025 eine zusätzliche Belastung von 31 Euro (etwa drei Euro pro Monat) zu tragen haben, was vergleichsweise moderat ausfällt.
Wer über einem Gehalt 5.200 Euro liegt, der muss tiefer ins Portemonnaie greifen. Ein Single, der über ein monatliches Bruttoeinkommen von 5.200 Euro verfügt, müsste ab Januar laut Hechtner 408 Euro zusätzlich zahlen. Am stärksten trifft es Beschäftigte, die mehr als 8.100 Euro im Monat verdienen. Sie müssten ab dem kommenden Jahr zu den bereits entrichteten Sozialversicherungsbeiträgen weitere 1.059 Euro zahlen.
Steuerentlastungen für nächstes Jahr angekündigt
In einem zweiten Schritt hat der Universitätsprofessor Hechtner in seinen Berechnungen berücksichtigt, dass Sozialversicherungsbeiträge bei der Einkommenssteuererklärung steuerlich geltend gemacht werden können. Weiter hat er einbezogen, dass die Ampel ab dem kommenden Jahr auch Entlastungen angekündigt hat.
So plant die Ampelregierung zum Beispiel die Anhebung des Grundfreibetrags. Bis zu dieser Einkommensgrenze wird keine Steuer fällig. Im Moment liegt dieser Betrag bei 11.784 Euro und soll im kommenden Jahr auf 12.084 Euro steigen. 2026 steigt er dann noch einmal sogar auf 12.336 Euro. Zugleich möchte Finanzminister Christian Lindner (FDP) bis 2026 die „kalte Progression“ ausgleichen.
Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hat kürzlich berechnet, dass die Ampelregierung bisher die kalte Progression für alle Arbeitnehmer durch Anpassungen im Einkommensteuerrecht ausgeglichen hat.
Kalte Progression beschreibt das Phänomen, wenn die Einkommen nominal ansteigen, beispielsweise durch Gehaltserhöhungen, die Inflation jedoch gleichzeitig die Lebenshaltungskosten erhöht. Auch wenn das Einkommen steigt, bleibt die Kaufkraft aufgrund der höheren Preise gleich oder sinkt sogar. Wenn diese Einkommenserhöhung dann noch dazu führt, dass man in eine höhere Steuerklasse rutscht und höhere Steuern zahlt, hat man effektiv weniger vom eigenen Geld zur Verfügung, ohne dass sich die tatsächliche wirtschaftliche Situation verbessert hat.
Entlastungen fallen sehr gering aus
Die von der Bundesregierung geplanten steuerlichen Entlastungen werden sich nach Angaben der Regierung auf etwa sieben Milliarden Euro summieren. Bei Gutverdienenden werden diese Entlastungen aber sehr viel geringer ausfallen als die Mehrbelastungen bei der Sozialversicherung. Zu diesem Ergebnis kommt Professor Hechtner in seinen Berechnungen.
Ein Single mit einem Monatseinkommen von 5.000 Euro kann im Jahr eine Entlastung von 163 Euro erwarten. Ab einem Einkommen von 5.500 Euro übersteigt die Belastung durch die höheren Sozialbeiträge allerdings die Steuerentlastungen. Ein Single mit so einem Einkommen hat dann ab dem kommenden Jahr 79 Euro weniger netto in seiner Tasche. Das liegt vor allem an der höheren Beitragsbemessungsgrenze bei der Krankenversicherung, die hier zuschlägt. Mit steigendem Einkommen geht die Belastung dann allerdings noch einmal zurück. Mit steigendem Einkommen überwiegen noch einmal die Steuerentlastungen. Wer im Monat 7.500 Euro verdient, wird mit 225 Euro entlastet, so die Berechnung Hechtners.
Ab diesem Betrag kommt es dann abermals zu einer Umkehr, die auf die höhere Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung zurückzuführen ist. So wird ab Januar jemand, der 8.500 Euro verdient, mit zusätzlich 149 Euro belastet.
Familien profitieren durch den erhöhten Kinderfreibetrag von einer größeren Entlastung. Verdienen beide Ehepartner jeweils 5.000 Euro, sparen sie im Jahr 2025 insgesamt 294 Euro. Mit höherem Einkommen sinkt dieser Betrag jedoch. Demnach müssen auch Familien mit hohem Einkommen letztendlich mit einer zusätzlichen Belastung rechnen. Verdient ein Ehepartner 8.000 Euro und der andere 3.000 Euro, hat die Familie netto 319 Euro weniger zur Verfügung.
Steuerentlastungen könnten verpuffen
Allerdings könnten nicht nur Gutverdiener am Ende nichts von der Steuerentlastung haben. Es könnte für alle Bürger teurer werden. In der Rechnung von Frank Hechtner ist nur die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt. Nicht ausgeschlossen, dass im kommenden Jahr auch der Beitragssatz in der Krankenversicherung oder der Pflegeversicherung steigen wird. „Sollte 2025 auch der Zusatzbeitrag in der Krankenversicherung oder der Beitrag zur Pflegeversicherung steigen, ist zu befürchten, dass von den angedachten Steuerentlastungen wenig bis gar nichts mehr bei den Bürgern ankommt“, so Hechtner im „Handelsblatt“.
Aktuell beträgt der Beitragssatz 14,6 Prozent. Hinzu kommt ein Zusatzbeitrag, der von der jeweiligen Krankenkasse eigenständig festgelegt wird. Dieser Beitrag liegt im Moment durchschnittlich bei 1,7 Prozent. Damit beträgt der Beitrag heute durchschnittlich 16,3 Prozent.
Für 2025 rechnet der GKV-Spitzenverband mit einem Zusatzbeitragssatz in Höhe von mindestens 2,3 Prozent, also mit 0,6 Prozentpunkten mehr als in diesem Jahr.
Im Juni hatte auch der DAK-Vorstandschef Andreas Storm in einer Pressemitteilung vor einem drohenden „Beitragstsunami“ gewarnt. Bis 2035 könnte der Gesamtbeitrag zur Sozialversicherung um 7,5 Prozentpunkte auf 48,6 Prozent steigen. Besonders in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), die 73 Millionen Versicherte umfasst, wird in den kommenden zehn Jahren laut Storm ein Anstieg der Beiträge von 16,3 auf 19,3 Prozent erwartet.
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