Wenn kein „Shutdown“ dazwischenkommt: Sebastian Kurz trifft noch im Februar US-Präsident Trump

Zum ersten Mal seit 2005 könnte mit Sebastian Kurz ein österreichischer Bundeskanzler das Weiße Haus besuchen. Die US-Botschaft in Wien bestätigte gegenüber dem ORF, dass an einem solchen Zusammentreffen schon länger gearbeitet werde. Ein Restrisiko droht im Fall eines „Shutdowns“.
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Sebastian KurzFoto: über dts Nachrichtenagentur
Von 7. Februar 2019

Wie der Österreichische Rundfunk (ORF) unter Berufung auf die Presseagentur APA mitteilt, könnte es noch im Februar zu einem Besuch des österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz im Weißen Haus kommen. Wie sowohl das Bundeskanzleramt als auch die US-Botschaft bestätigen, werde bereits daran gearbeitet, zeitnah ein Zusammentreffen zwischen Kurz und US-Präsident Donald Trump anzusetzen. Die „Kleine Zeitung“ hat als erste über das Vorhaben berichtet und über die dazugehörige Bestätigung.

Kurz wird in der Zeit vom 13. bis 17. Februar eine mehrtägige Asienreise absolvieren. Wenige Tage später könnte Kurz zum ersten Kanzler werden, der das Weiße Haus besucht, seit Wolfgang Schüssel 2001 nach den Anschlägen vom 11. September und 2005 in seiner Funktion als angehender Ratspräsident der EU beim damaligen Präsidenten George W. Bush zu Gast war. 

Kurz will Handelskrieg zwischen USA und EU verhindern

Das einzige Restrisiko für das Zustandekommen eines Termins liegt, wie die US-Botschaft bestätigt, darin, dass am 15. Februar ein neuerlicher Stillstand der Regierungsgeschäfte in den USA eintreten könnte. Dies wäre der Fall, wenn es Präsident Trump nicht gelingen sollte, sich mit dem Kongress bis dahin auf einen Haushaltsplan zu einigen.

Kurz gab in einer Erklärung seinem großen Interesse an möglichst guten und engen Beziehungen zu den USA Ausdruck. Diese seien nicht nur eine Supermacht, sondern auch Österreichs zweitwichtigster Handelspartner. Einen Handelskrieg zwischen den USA und der EU zu verhindern, gehöre zu den erklärten Prioritäten des österreichischen Regierungschefs.

Neben Fragen zum Handel und zum bilateralen Verhältnis zwischen der EU und den USA werden auch Themen der Geopolitik und Sicherheit zur Sprache kommen. Gerade in Zeiten der Konfrontation hatte es das gemäß dem Staatsvertrag von 1955 der „immerwährenden Neutralität“ verpflichtete Österreich im Laufe der Zweiten Republik immer wieder seine Dienste ins Spiel gebracht, wenn es um Vermittlung, Konfliktmanagement oder die Organisation von Gipfeltreffen ging.

Konstruktive Beziehungen – mit Ausnahme der Waldheim-Ära

Heute spielt Österreich nicht zuletzt dadurch europapolitisch eine Rolle als strategischer Partner für die USA, als die Regierung in Wien mit Washington wesentliche Einschätzungen mit Blick auf die Sicherung der europäischen Außengrenzen und auf den Nahostkonflikt teilt. Österreich ist zudem Mitglied der Drei-Meere-Initiative, die als vorerst vor allem wirtschaftlicher Zusammenschluss mittel- und osteuropäischer Staaten agiert und das Wohlwollen der USA genießt.

Spekulationen, das Treffen zwischen Kurz und Trump könne im Zusammenhang mit der Situation in Venezuela stehen, wies das Bundeskanzleramt zurück. Zu Beginn der Woche hatte Kurz erklärt, dem Interims-Präsidenten Venezuelas, Juan Guaidó, in einem Telefongespräch seine „volle Unterstützung“ zugesagt zu haben. Der US-amerikanische Botschafter in Wien, Trevor D. Traina, habe vielmehr bereits seit längerer Zeit an dem Treffen gearbeitet, das den Zweck erfüllen soll, österreichische Minister mit ihren US-Amtskollegen zusammenzubringen.

Die Beziehungen zwischen Österreich und den USA waren seit Wiedergründung der Zweiten Republik konstruktiv. Die US-Besatzungszone umfasste weite Teile Oberösterreichs, Salzburg und das steirische Salzkammergut. Bereits 1948 bewilligte der Kongress Marshallplanhilfe für das Land und die Amerikaner waren um eine Reindustrialisierung des Landes bemüht.

Der Staatsvertrag von 1955 ermöglichte Österreich die Wiederherstellung der uneingeschränkten Souveränität und den Abzug der Besatzungstruppen, die Sowjets machten einen neutralen Status des Landes zu einer Bedingung für die Zustimmung. Am Ende blieb Österreich ein Teilungsschicksal, wie Deutschland es erfuhr, erspart. Die USA billigten auch die Niederschlagung eines kommunistischen Putschversuches im Jahr 1950 in Wien, die der ÖGB-Präsident Johann Böhm und der Chef der Holzarbeitergewerkschaft Franz Olah gemeinsam organisierten, nachdem Innenminister Oskar Helmer einen regulären Einsatz der Staatsmacht gegen die Streikwelle auf Grund der unabsehbaren Reaktion vonseiten der sowjetischen Besatzungsmacht abgelehnt hatte.

Österreich war Standort einer US-amerikanischen Stay-Behind-Organisation

Auch nach dem Staatsvertrag blieb Österreich für die USA jedoch ein geopolitisch wichtiges Territorium. Deshalb bediente man sich noch bis in die 1960er Jahre der Strukturen des vom ÖGB gegründeten Österreichischen Wander-, Sport- und Geselligkeitsvereins (ÖWSGV) und baute unter dessen Dach eine Stay-Behind-Organisation auf, die im Fall eines Einmarsches der Sowjetunion hinter feindlichen Linien Koordinations- und Sabotageaufträge ausführen sollte.

Der ÖWSGV war damit Teil des von der CIA unterhaltenen Gladio-Netzwerkes. Auch die Zweckentfremdung von Gewerkschaftsgeldern für die Gründung der „Neuen Kronen Zeitung“, die heute noch auflagenstärkste Zeitung des Landes ist, verteidigte Olah als „patriotischen Akt“ gegen den Kommunismus.

Von den österreichischen Bundeskanzlern der Zweiten Republik besuchten bis dato Julius Raab (1958), Alfons Gorbach (1962), Josef Klaus (1968) und der für eine aktivere Neutralitätspolitik bekannte Bruno Kreisky (1974 und 1983) das Weiße Haus. Zu bilateralen Spannungen zwischen Österreich und den USA kam es 1986 nach der Wahl von Kurt Waldheim zum Bundespräsidenten, dem unwahre Angaben über seine Rolle in der NS-Zeit vorgeworfen wurden. In dieser Zeit reiste Bundeskanzler Franz Vranitzky mehrfach in die USA, unter anderem 1987, mehrfach in der Ära Bush 41 und 1994. Seither besuchte nur noch Wolfgang Schüssel das Weiße Haus.

Im Juni 2006 reiste als letzter US-Präsident George W. Bush nach Österreich, damals zum Gipfeltreffen zwischen der EU und den USA. Mehrere Male fanden in den 1960er und 1970er Jahren auch Gipfel zwischen den USA und der Sowjetunion statt.



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