„Sabotage der Ermittlungen“ im Fall Dutroux: Spuren der Kinderschänder führten nach Berlin
„Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht daran denken muss, was dieser Verbrecher meiner Eefje angetan hat“, sagt Jean Lambreck, Vater eines der Opfer, bei einem Treffen in Brüssel. „Besonders schmerzt es mich, dass in dem Fall nach wie vor die Hintermänner der Verbrechen geschützt werden, weil sie offenbar einflussreiche Persönlichkeiten durch Erpressung in der Hand haben.“
Mit dieser Vermutung steht Lambreck nicht allein da, die meisten Belgier glauben laut Umfragen, dass sie von offiziellen Stellen belogen werden, berichtet die „Welt“.
Michel Bourlet, der damalige Chefankläger im Fall Dutroux, spricht selbst von Sabotage. Auf Anfrage kritisiert Bourlet, es habe zahlreiche Spuren zu unbekannten Personen gegeben, denen der Ermittlungsrichter nicht nachgegangen sei: „Gott weiß, warum!“
„Möglichen Beweisen wurde nicht nachgegangen“
Der Skandal um den Kindermörder Dutroux erschütterte Belgien in den Neunzigerjahren nachhaltig und sorgte weltweit für Entsetzen. Wie konnte es sein, dass ein polizeibekannter Sexualstraftäter, der wegen Entführung und Missbrauch bereits mehrere Jahre in Haft gesessen hatte, nicht früher gefasst worden war?
2004 wurde Dutroux schließlich zu lebenslanger Haft verurteilt. Aber Zweifel begleiteten den Fall weiter: Wurde wirklich alles getan, um den Fall aufzuklären? Gibt es noch weitere Opfer? Und weitere Täter? Fragen, die lauter werden.
Zahlreiche Spuren – zum Beispiel Tausende von Haaren in Dutrouxs Keller – sind gesichert worden. Diese hätten aber nicht den bekannten Tätern oder Opfern zugeordnet werden können.
Wer hinterließ diese Spuren? Weitere unbekannte Opfer oder etwa Leute, denen Dutroux die Kinder zur Verfügung stellte? Weder sein Nachfolger noch der Ermittlungsrichter hätten ein Interesse gehabt, diese Untersuchungen zu führen, kritisiert Bourlet.
Der Fall ist von hoher Brisanz, denn mindestens 27 Zeugen kamen auf mysteriöse Art ums Leben. Auch ein Staatsanwalt, der zum Anklagetrio gegen Dutroux gehören sollte, lebt nicht mehr: Hubert Massa. Es wird behauptet, dass Massa sich in seinem Büro erschossen habe, ebenso ein ermittelnder Polizist. Beide glaubten, die Verbrechen an den zahlreichen Kindern wurden durch ein internationales Netzwerk ausgeführt.
Hinweise auf Netzwerk – Eine Spur nach Berlin
Spuren, denen nicht nachgegangen wurde, befinden sich laut „Welt“ in Dutrouxs Akte. In den Dokumenten gebe es zahlreiche Hinweise auf Verbindungen des Kindermörders zu einem international verzweigten Netzwerk. Eine der Spuren führt nach Berlin zu einem Gernot U. Laut Spurensuche war dieser im Berliner Telefonbuch mit Adresse und Telefonnummer vermerkt, so das Blatt.
Heute kenne Gernot U. in dem Mehrfamilienhaus niemand mehr. Die heutigen Mieter seien zu jung oder eben gerade eingezogen, so die „Welt“. Die Berliner Polizei jedenfalls habe über Gernot U. keine Informationen von den belgischen Behörden erhalten.
Ex-Chefankläger Bourlet sagt: „Ich weiß nichts über diesen Gernot. Wahrscheinlich ist das in der Akte nicht die einzige Information, die niemals überprüft wurde.“ Wer war Gernot U.? War er nur ein Bekannter von Dutroux, oder war er Teil eines internationalen Kinderschänder-Rings? Diese und viele andere Fragen blieben unbeantwortet, weil niemand ermittelte.
Inzwischen liegt der Fall 20 Jahre zurück. Im August 1996 waren im Haus von Dutroux zwei zwölf und 14 Jahre alte Mädchen aus dem Kellerverlies befreit worden. Wenig später führte Dutroux die Ermittler zu den Leichen von vier weiteren Mädchen im Alter von acht bis 19 Jahren. Sie waren vergewaltigt und misshandelt worden.
Der Fall erschütterte das Vertrauen der Belgier in ihren Staat, weil die Polizei Hinweise vor der Verhaftung von Dutroux ignoriert hatte und Spuren zu einem Netzwerk nicht nachgegangen wurde. (dk)
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