Migranten-Camps in Paris: „In allen Lagern der Hauptstadt herrscht Chaos“

In den Migranten-Camps im Pariser Stadtgebiet herrschen nahezu Zustände wie im berüchtigten "Dschungel" von Calais. Bürgermeisterin Hidalgo schrieb nun einen Brandbrief an Premierminister Edouard Philippe, in dem sie die Regierung beschuldigte, "die Stadt Paris aufzugeben".
Epoch Times20. Mai 2018

Die Bürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo, sandte letzte Woche einen Brandbrief an Premierminister Edouard Philippe, in dem sie die Regierung beschuldigte, „die Stadt Paris aufzugeben“, berichtet The Telegraph. Die Lage in den Migranten-Camps der Stadt ist nahezu so wie im berüchtigten „Dschungel“ von Calais.

„In allen Lagern der Hauptstadt herrscht Chaos“, schrieb sie und forderte den Staat auf, mit den städtischen Behörden zusammenzuarbeiten. „Nur das gemeinsame Handeln, bei dem man sich um alle Menschen kümmert“, würde das Problem lösen, zitiert The Telegraph die Bürgermeisterin.

Der Brief ist eine Reaktion auf die Aussagen des Innenminister Gérard Collomb wenige Tage zuvor. Er machte deutlich, dass es in der Hand der Bürgermeisterin läge, im öffentlichen Raum der Stadt Paris für Gesundheit und Sauberkeit zu sorgen, und dass es ihre Aufgabe sei.

Innenminister Collomb argumentierte, dass die Kommunalbehörden rechtliche Schritte einleiten sollten, um illegale Einwanderer zu vertreiben, da viele in dem EU-Land, in dem sie erstmals nach dem Dubliner Übereinkommen registriert wurden, Asyl beantragen müssten.

Die Bürgermeisterin will weiteres Chaos auf der Straße vermeiden

Die Bürgermeisterin hingegen äußerte, es gehe nicht nur darum, die Migranten zu „vertreiben“. Sie will, dass der Staat die Migranten während der Bearbeitung ihrer Fälle unterbringt, um noch mehr Chaos auf der Straße zu vermeiden.

„Worauf warten wir noch? Ein großer Kampf? Noch mehr Tote? Das reicht jetzt! Migranten können nicht Gegenstand eines Machtkampfes zwischen dem Staat und der Stadt Paris sein“, sagte Pierre Henry, Leiter der Wohltätigkeitsorganisation France Terre d’Asile, berichtet The Telegraph.

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In Paris und Calais herrschen die größten Probleme mit Migranten

Neben Calais ist die Lage in Paris besonders ernst. So gibt es im Pariser Stadtgebiet drei illegale Zeltlager, in denen rund 3.000 Migranten hauptsächlich aus Äthiopien, Eritrea, dem Sudan und Nigeria unter widrigen Bedingungen leben.

Pariser Hilfsorganisationen schätzen, dass jeden Tag 80 weitere Migranten dazukommen.

Über die Hälfte von ihnen hält sich rund um den Millénaire-Supermarkt auf am Ufer des Saint-Denis-Kanals am Rande des 19. Stadtbezirks. Der Ort wird mittlerweile in französischen Medien in Anspielung auf den „Dschungel von Calais“ als „das neue Calais“ bezeichnet.

Der übrige Teil, vor allem Afghanen, befindet sich am belebten Kanal Saint-Martin und somit noch näher am Stadtzentrum.

NGO warnt: Situation droht außer Kontrolle zu geraten

Hilfsorganisationen und Gewerkschaften warnen, dass ohne „dringende“ staatliche Intervention „Tragödien unvermeidlich“ seien, weil „Spannungen“ und „ein Klima extremer Unsicherheit“ unter den Migranten herrschten, so The Telegraph.

Am Sonntag wurde ein sudanesischer Migrant schwer verletzt, nachdem er bei einem Kampf im Lager Millénaire an der Porte de la Villette mit einem Messer attackiert wurde.

Letzte Woche ertrank im selben Lager ein afghanischer Migrant nach einem Sturz in den Saint-Martin-Kanal. Eine zweite, nicht identifizierte Leiche, vermutlich die eines Migranten, wurde Anfang dieses Monats im Kanal von Saint-Denis gefunden.

Seit Wochen fordern die Helfer von Hilfsorganisationen aus Angst um ihre Sicherheit polizeiliche Hilfe, da unter den beengten und schmutzigen Verhältnissen immer wieder Konflikte auftreten. Im Lager Millénaire gibt es nur eine Handvoll Sanitäreinrichtungen und Wasserhähne.

Das Problem der Camps

Das Problem mit illegalen Camps in Frankreich ist nicht neu. Bereits im April 2015 wusste die Regierung, dass die städtischen Kapazitäten für die Unterbringung der Migranten nicht ausreichen und es „zu einer für die Migranten selbst, aber auch für den Rest der Bevölkerung, äußerst beunruhigenden Entwicklung illegaler, unwürdiger und inakzeptabler Camps“, gekommen ist.

Zwar nahmen die Camps in Paris nicht die Ausmaße an wie das einst berüchtigste Camp Frankreichs, der „Dschungel von Calais“, mit seinen bis zu 8.000 bis 9.000 Migranten, über das die Sicherheitsbehörden zeitweise die Kontrolle verloren. Dieses Camp wurde Ende 2016 durch französische Sicherheitskräfte aufgelöst.

Doch mittlerweile ist die Situation in den Camps im Pariser Stadtgebiet nicht weit entfernt von den Verhältnissen in Calais.

Französische Regierung versprach aktive Rückführungspolitik bereits an den Grenzen der EU

Am 17. Juni 2015 erklärten der damalige Innenminister, Bernard Cazeneuve, und die Ministerin für Wohnungswesen, Sylvia Pinel, in einem gemeinsamen Pressekommuniqué zur französischen Position zur Migrationskrise in Europa:

„Dass Kontrollen im ersten Eintrittsland des Schengen-Raums durchgeführt werden sollen, um nach der Registrierung und einer ersten Prüfung der Situation jedes Einzelnen diejenigen herauszufiltern, die nachweislich schutzbedürftig sind … Und eine aktive Rückführungspolitik schon am Eintrittsort in die EU solle zudem für all diejenigen greifen, die nicht asylberechtigt sind.“

Insgesamt wollte man für einen reibungslosen Ablauf der Aufnahme von Asylbewerbern sorgen, sie besser schützen und gleichzeitig entschieden und resolut gegen illegale Einwanderung vorgehen. Dies gelang nicht.

Steckt politisches Kalkül hinter den Zuständen in Paris?

Es gibt Stimmen, die sehen hinter der Haltung des Staates politisches Kalkül. 2020 stehen Kommunalwahlen in Frankreich an. In dem Zusammenhang wurde bekannt, dass Bürgermeisterin Hidalgo für die Wiederwahl im Jahr 2020 gegen eine noch unbekannte Rivalin aus dem Lager Macron kandidiert, die kürzlich ein hartes Einwanderungs- und Asylgesetz verabschiedet hat.

So mutmaßte „Le Figaro“, die Regierung setze darauf, dass die Situation sich weiter verschlechtert, um die jetzige Bürgermeisterin zu schwächen. Manche Helfer sehen in der fehlenden Unterstützung für die Migranten die Absicht durch die Behörden, die Migranten zur Heimkehr zu bewegen.

Die Anwohner jedenfalls sind die Situation leid. Auch die, die anfangs sehr offen und hilfsbereit auf die Migranten zugingen und sie unterstützten, resignieren immer mehr. Denn all das, was sie den Migranten zukommen lassen, ob Seife, Zahnpasta und andere Dinge, alles landet bei Räumungsaktionen der Stadt in den Schaufeln der Radlader und im Müll.

Räumungsaktionen zwecklos – nach kurzer Zeit sind sie wieder da

Aber nach kurzer Zeit sind die Menschen und die Zelte wieder da. Es riecht unangenehm nach menschlichen Exkrementen. Insbesondere Frauen haben Angst vor sexuellen Übergriffen, wenn sie nahe der Camps unterwegs sind.

Wie zu hören ist, haben so manche Wohnungsbesitzer in diesen Gegenden bereits verzweifelt zu Spottpreisen ihre Wohnungen verkauft, um in andere Viertel zu ziehen.

Doch nicht nur mit erwachsenen Migranten ist Paris überfordert. Im Stadtteil Goutte d’Or im 18. Bezirk lungern rund 60 unbegleitete marokkanische Kinder herum, einige von ihnen sind erst 10 Jahre alt.

Sie seien zum Fluch der Gegend geworden, berichtet The Telegraph. Sozialarbeiter klagen, dass sie gewalttätig, unkontrollierbar und viele drogenabhängig seien. (er)



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