KFZ-Blackbox: EU plant verpflichtenden Einbau – Datenschützer warnen vor gläsernem Autofahrer

Ab 2024 soll jedes Auto eine Blackbox haben, die Daten sammelt und so die Zahl der Verkehrsunfälle senken. Anonym. Datenschützer widersprechen und warnen vor dem gläsernen Autofahrer.
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Die EU sieht den verpflichtenden Einbau eines Unfalldatenspeichers in allen KFZ vor. "Aus datenschutzrechtlicher Sicht unzureichend und nicht geeignet", sagen Datenschützer. (Symbolbild)Foto: iStock
Epoch Times25. April 2019

Ab Mai 2022 sollen alle neuen PKW-Modelle – ab 2024 jedes neu zugelassene Auto – mit einer Blackbox ausgestattet sein. So will es die EU. Diese „Unfalldatenspeicher“ funktionieren in der altbekannten Weise einer Flugzeug-Blackbox und sollen „detaillierte Daten über Unfälle sammeln“, so Alexander Fanta auf netzpolitik.org.

Bereits vor Ostern hat die Europäische Union einem entsprechenden Gesetz zugestimmt, dass den Einbau verpflichtend vorsieht. Die EU erhofft sich, durch die Auswertung der Daten Gefahrenpotenziale im Straßenverkehr besser zu erkennen und so die Zahl der Verkehrsunfälle zu verringern. Einzelne Unfälle sollen dabei jedoch keine Rolle spielen.

Der Gesetzestext besagt, dass Fahrzeugdaten anonymisierte gesammelt werden. „Anhand der gespeicherten Daten [ist] keine Identifizierung des Nutzers oder Halters eines bestimmten Fahrzeugs möglich.“

Ausgelöst würde die Speicherung zum Beispiel durch das Auslösen der Airbags. Technisch bedeutet das jedoch, dass die Daten ständig erfasst und überschrieben werden und im Falle eines Unfalls die Neuerfassung – und damit das Überschreiben der vorhandenen Daten – gestoppt wird.

Die Daten umfassen unter anderem Geschwindigkeit, Pedalstellung und andere Parameter des Fahrzeugs und taugen durchaus zur Auswertung einzelner Unfälle.

Bislang wurde jedoch weder gesagt, welche Daten genau erfasst werden, noch über welchen Zeitraum die Daten erfasst werden. Sind es nur die Sekunden des Unfalls oder auch alle Daten der Stunden zuvor?

Datenschützer warnen vor dem gläsernen Autofahrer

„Das Gesetz schreibt für die Unfalldatenspeicher ein geschlossenes System vor. Wenn in einem solchen System nur die Daten eines einzigen Fahrzeuges in der Blackbox landen und nur eine Person das Fahrzeug nutzt, wie anonym ist der Lenker dann?“, fragt Alexander Fanta.

Selbst im Falle der Momentaufnahme zum Unfallzeitpunkt könnten die Daten damit vor Gericht verwendet werden und das eigene Auto gegen den Fahrer „aussagen“. Für den Fall eines nicht geschlossenen Systems und in Verbindung mit dem ständigen Datenaustausch autonomer Fahrzeuge könnten die Daten zudem in Echtzeit abgerufen und außerhalb des Fahrzeugs unbegrenzt gespeichert werden.

Derartige Daten könnten jedoch nicht nur zur Klärung von konkreten Unfallursachen, -hergang oder Schuldfragen beitragen, sondern auch zur internen Auswertung bei den Herstellern oder Versicherungen dienen.

So könnte zum Beispiel der Hersteller eines Sportwagens aufgrund des Fahrverhaltens und der auftretenden Kräfte in einem künftigen Modell Motorisierung oder Fahrwerk anpassen. Ebenso könnten Versicherungen die Beiträge der KFZ-Versicherung an das jeweilige Fahrverhalten des Versicherten anpassen.

„Aus datenschutzrechtlicher Sicht unzureichend und nicht geeignet“

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber warnt in diesem Zusammenhang davor, dass derart aufgerüstete Fahrzeug ein erhebliches Überwachungsrisiko darstellen. Weiter schrieb er: „Autos müssen neben dem Schutz der körperlichen auch den Schutz der digitalen Unversehrtheit gewährleisten.“

Zum endgültigen Gesetzestext der EU sagte Kelber im Interview:

Die nun vorliegende Fassung der Verordnung zur Erhöhung der Fahrzeugsicherheit enthält – vor allem im Vergleich zur E-Call-Verordnung – nur punktuelle Vorgaben zum Datenschutz. Diese beschränken sich zudem im Wesentlichen auf die Datenverarbeitung im Ereignisdatenspeicher. Insofern betrachte ich das Gesetz aus datenschutzrechtlicher Sicht nach wie vor für unzureichend und nicht geeignet, um [meine] geäußerten Bedenken zu entkräften.“

ADAC-Sprecher Johannes Boos schrieb gegenüber netzpolitik.org:

Die EU-Verordnung sieht grundsätzlich nur die anonymisierte Nutzung der Daten aus dem Event Data Recorder zu Zwecken der Unfallforschung vor, wenn keine ausdrückliche Einwilligung vorliegt. Bei schweren Verkehrsunfällen mit Verletzten oder Todesopfern, die ohne die Daten aus dem Event Data Recorder nicht aufzuklären sind, kann die Staatsanwaltschaft eine Auswertung der Daten veranlassen. Aus Sicht des ADAC steht in solchen Fällen das Interesse einer Unfallaufklärung über dem Datenschutz.“

(ts)



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