Kataloniens Ex-Präsident Puigdemont auf A7 in Deutschland festgenommen – In JVA Neumünster gebracht
Der von der spanischen Justiz gesuchte frühere katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont ist in Deutschland festgenommen worden. Beamte der Autobahnpolizei Schleswig-Holstein nahmen ihn auf der A7 am Sonntagvormittag auf Grundlage eines europäischen Haftbefehls in Gewahrsam, wie ein Sprecher des Landeskriminalamts in Kiel der Nachrichtenagentur AFP sagte.
Nach Angaben seines Anwalts wurde Puigdemont nach der Einreise aus Dänemark gestoppt. Gegen den Unabhängigkeitsbefürworter läuft in Spanien ein Verfahren wegen „Rebellion“ und „Aufwiegelung“.
Er wurde nach Angaben von dpa in die Justizvollzugsanstalt Neumünster gebracht. Ein dunkler Kleintransporter mit abgedunkelten Scheiben fuhr auf das dortige Gelände. Eine offizielle Bestätigung dafür, dass sich Puigdemont in dem Wagen befand, gab es nicht.
Der spanische Nachrichtendienst meldete sich beim BKA
Laut seinem Verteidiger war Puigdemont am Sonntag auf dem Weg von Finnland nach Belgien, wo er seit Oktober im Exil lebt. Sein Mandant sei „korrekt behandelt worden“, schrieb Jaume Alonso-Cuevillas im Kurzbotschaftendienst Twitter.
Nach Informationen des Magazins „Focus“ hatte der spanische Nachrichtendienst das Bundeskriminalamt (BKA) alarmiert, als sich Puigdemont von Finnland in Richtung Deutschland aufmachte. Das BKA habe dann den entscheidenden Hinweis an das Landeskriminalamt in Schleswig-Holstein gegeben.
Puigdemont war seit Donnerstag in Finnland zu Besuch gewesen und hatte dort unter anderem Parlamentsabgeordnete getroffen. Auch die finnische Polizei hatte sich nach eigenen Angaben um eine Festnahme des Katalanen bemüht.
Puigdemonts Parteifreund Joaquim Torra Pla erklärte, die Festnahme sei keine „deutsche Angelegenheit“. Die „Europäische Union als Ganzes“ stehe nun in der Verantwortung, schrieb der Abgeordnete der Partei Zusammen für Katalonien auf Twitter.
Europäischer Haftbefehl: Deutsche Justiz muss nun entscheiden
Der Europäische Haftbefehl existiert seit 2004. Er hat die langwierigen Auslieferungsverfahren ersetzt, die bis dahin zwischen den EU-Ländern angewandt wurden.
Mit einem Europäischen Haftbefehl ersucht die Justizbehörde eines EU-Landes um die Festnahme eines Verdächtigen in einem anderen Mitgliedstaat und die Überstellung des Verdächtigen.
Das Verfahren beruht auf dem Grundsatz, dass die EU-Länder gegenseitig Entscheidungen ihrer Justiz anerkennen. Gesuchte müssen in der Regel spätestens 60 Tage nach der Festnahme an das Land ausgeliefert werden, das den Haftbefehl ausgestellt hat.
Puigdemonts Schicksal liegt nach seiner Festnahme am Sonntag in den Händen der deutschen Justiz. Ein Gericht in Schleswig-Holstein muss den Haftbefehl nun prüfen.
Abgelehnt werden kann die Auslieferung grundsätzlich nur, wenn der Betroffene bereits wegen derselben Straftat verurteilt wurde, das Mindestalter für die Strafmündigkeit noch nicht erreicht hat oder die Straftat im Festnahmeland unter eine Amnestie fällt. Im Jahr 2015 wurden in der EU mehr als 16.100 europäische Haftbefehle ausgestellt. Rund 5300 davon wurden vollstreckt.
Auf „Rebellion“ stehen bis zu 30 Jahre Haft
Der ehemalige katalanische Regionalpräsident und Unabhängigkeitsbefürworter Puigdemont wird in Spanien wegen „Rebellion“, „Aufwiegelung“ und des Vorwurfs der Veruntreuung öffentlicher Gelder gesucht. Allein wegen des Vorwurfs der „Rebellion“ drohen ihm in Spanien bis zu 30 Jahre Haft.
Am Freitag hatte das Oberste Gericht in Madrid den im Dezember ausgesetzten europäischen Haftbefehl gegen ihn und fünf weitere Unabhängigkeitsbefürworter reaktiviert.
Das katalanische Parlament in Barcelona unterbrach am Samstag die Debatte über die Wahl eines neuen Regionalpräsidenten, nachdem der Kandidat Jordi Turull zusammen mit vier weiteren führenden Unabhängigkeitsbefürwortern am Freitag vorläufig festgenommen worden war. Das Oberste Gericht hatte die Festnahmen angeordnet.
Zudem wurde Anklage erhoben gegen insgesamt 25 Unabhängigkeitsbefürworter. Es war das dritte Mal, dass eine Justizentscheidung die Wahl eines neuen Regionalpräsidenten verhinderte. (afp)
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