NEWSTICKER: Johnson schickt doch eine Bitte um Verschiebung des Brexit an die EU
+++ Update +++
22:08 Uhr: Johnson schickt doch eine Bitte um Verschiebung des Brexit
Der britische Premierminister Boris Johnson schickt nun doch einen Brief an die EU, in dem er um eine Verschiebung des bislang für 31. Oktober geplanten Brexit bittet. Verschiedene Medien zitierten am Samstagabend EU-Vertreter, wonach Johnson dies gegenüber EU-Ratspräsident Donald Tusk bestätigt habe. Ein bereits Anfang September vom britischen Unterhaus verabschiedetes Gesetz zwingt Johnson genau dazu, nachdem am Samstag kein „Deal“ im Unterhaus gebilligt worden war.
Johnson habe in einem Telefonat mit EU-Ratspräsident Donald Tusk zugesichert, dass ein entsprechender Brief „heute abgeschickt wird“, sagte ein EU-Vertreter der Nachrichtenagentur AFP.
Wie die EU nun reagiert, ist offen. Britische Medien berichten, Brüssel würde einem Antrag auf Verschiebung des Brexit-Ausstiegsdatums zustimmen, wenn Johnsons Brief mit einer Bitte um Verlängerung dort ankomme. Inwiefern sich die EU aber davon beeindrucken lässt, dass der britische Premierminister eigentlich gar keinen Aufschub will, ist unklar.
18:10 Uhr: Internationale Reaktionen
Die EU-Kommission verlangte nach der Abstimmung Klarheit darüber, wie London mit den Vorbereitungen für den Brexit fortfahren will. Die Sprecherin der EU-Kommission, Mina Andreeva, erklärte im Onlinedienst Twitter, es werde „Aufgabe der britischen Regierung sein, uns so schnell wie möglich über die nächsten Schritte zu informieren“.
Die französische Regierung erklärte, niemand habe ein Interesse an einer erneuten Verzögerung beim Austritt Großbritanniens aus der EU. Es sei „ein Abkommen ausgehandelt worden“. Es liege nun am britischen Parlament „zu sagen, ob es sie akzeptiert oder ablehnt“, erklärte der Élysée-Palast.
Die EU-Botschafter der 27 anderen Mitgliedstaaten kommen am Sonntagvormittag (09.30 Uhr) zusammen, um die neuen Entwicklungen zu bewerten. Über eine erneute Brexit-Verschiebung müssten die Staats- und Regierungschefs der verbleibenden EU-Mitgliedstaaten nach einem Antrag Londons entscheiden.
Dazu müsste EU-Ratspräsident Donald Tusk einen Sondergipfel einberufen. Möglich wäre dies bis zum 31. Oktober, wenn Großbritannien nach bisheriger Rechtslage automatisch aus der EU austritt – ob mit oder ohne Abkommen.
Auf den Straßen vor dem Parlament versammelten sich zehntausende Menschen, um ein neues Referendum über den Brexit zu fordern. Die Organisatoren sprachen sogar von mehr als einer Million Teilnehmern. Nach der Abstimmung im Unterhaus brach Beifall unter den Demonstranten aus.
17:25 Uhr: Theresa May wirbt leidenschaftlich für neuen Brexit-Deal
Ex-Premierministerin Theresa May hat in der Sondersitzung des britischen Unterhauses am Samstag leidenschaftlich für Zustimmung zum zuletzt modifizierten Brexit-Deal geworben. Wenn das Parlament den Willen des Volkes ernst nehme, sei es nun in seiner Verantwortung, den geregelten Austritt aus der Europäischen Union zu ermöglichen.
Man könne nicht ein zweites Referendum abhalten, nur weil Manche mit dem Ergebnis des ersten Referendums nicht zufrieden seien, sagte May am Samstagmittag in einer emotional aufgeladenen Rede, die aber immer wieder auch von Gelächter unterbrochen wurde.
Die frühere Premierministerin hatte selbst das Austrittsabkommen über Jahre ausgehandelt, aber nicht durchs Parlament bekommen. Mit einer Abstimmung wird gegen Abend gerechnet – das Ergebnis ist vollkommen offen.
17:00 Uhr: EU fordert Erklärung von Johnson
Die EU-Kommission hat den britischen Premierminister Boris Johnson nach seiner Niederlage im Parlament aufgefordert, schnell zu erläutern, wie er mit den Vorbereitungen für den Brexit fortfahren will. Die Sprecherin der EU-Kommission, Mina Andreeva, erklärte im Onlinedienst Twitter, es werde „Aufgabe der britischen Regierung sein, uns so schnell wie möglich über die nächsten Schritte zu informieren“.
Das britische Unterhaus hatte zuvor die Abstimmung über das neue Brexit-Abkommen verschoben. 322 Abgeordnete stimmten am Samstag für einen Änderungsantrag des Abgeordneten Oliver Letwin, der Premierminister Boris Johnson dazu zwingt, bei der EU einen weiteren Brexit-Aufschub bis zum 31. Januar zu beantragen.
Die EU-Botschafter der 27 anderen Mitgliedstaaten kommen am Sonntagvormittag (09.30 Uhr) zusammen, um die neuen Entwicklungen zu bewerten. Über eine erneute Brexit-Verschiebung müssten die Staats- und Regierungschefs der verbleibenden EU-Mitgliedstaaten nach einem Antrag Londons entscheiden.
Dazu müsste EU-Ratspräsident Donald Tusk einen Sondergipfel einberufen. Möglich wäre dies bis zum 31. Oktober, wenn Großbritannien nach bisheriger Rechtslage automatisch aus der EU austritt – ob mit oder ohne Abkommen.
16:48 Uhr: Johnson – Abgeordnete sollten ihre Entscheidung überdenken
„Ich werde nicht über eine Verlängerung mit der EU verhandeln und das Gesetz zwingt mich auch nicht dazu“, kommentierte der britische Premierminister Boris Johnson den Vorgang. Laut bereit zuvor beschlossenem Gesetz muss Premier Johnson nämlich nun eigentlich in Brüssel um eine Verlängerung des EU-Austritts über den 31. Oktober hinaus bitten. Selbst der genaue Wortlaut eines entsprechenden Briefes an die EU ist ihm vorgegeben.
Johnson fügte am Samstag hinzu, dass eine weitere Verschiebung des Brexit schlecht für Großbritannien und die Europäische Union sowie für die Demokratie im Allgemeinen wäre. Er hoffe, dass die Abgeordneten ihre Entscheidung überdenken und dem Deal doch noch vor dem 31. Oktober zustimmen.
Am Donnerstag hatten die Staats- und Regierungschefs der 27 verbleibenden EU-Mitgliedstaaten der jüngsten Version des Abkommens mit Großbritannien in Brüssel zugestimmt. Sie läuft darauf hinaus, dass zwischen Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreiches Kontrollen stattfinden müssen, dafür wird aber eine „harte Grenze“ zwischen Nordirland und Irland vermieden.
16:18 Uhr: Johnson wird nicht mit Brüssel über Brexit-Aufschub verhandeln
Johnson kündigte direkt nach der Entscheidung an, dass er keinen weiteren Brexit-Aufschub mit der EU aushandeln werde. Er löste Empörung unter den Abgeordneten der Opposition aus – und erneute Unsicherheit darüber, was nun als nächstes passiert.
Mit dem Änderungsantrag haben die Abgeordneten ein Gesetz in Gang gesetzt, das Johnson verpflichtet, die EU aufzufordern, einem weiteren Brexit-Aufschub zuzustimmen, um ein Austritt ohne Abkommen in weniger als zwei Wochen zu verhindern.
Unmittelbar vorher hatten die Abgeordneten dafür gestimmt, das entscheidende Votum über das Abkommen zu vertagen. Johnson ist eigentlich gesetzlich dazu angehalten, nun in Brüssel einen Aufschub zu beantragen. Der Premier sagte aber im Parlament, er sei dazu nicht verpflichtet.
16:00 Uhr: Keine Abstimmung über Johnsons Brexit-Deal
Das britische Unterhaus verschiebt seine Abstimmung über das neue Brexit-Abkommen. 322 Abgeordnete stimmten am Samstag für einen Änderungsantrag des Abgeordneten Oliver Letwin, der Premierminister Boris Johnson dazu zwingen soll, bei der EU einen weiteren Brexit-Aufschub bis zum 31. Januar zu beantragen. 306 Abgeordnete stimmten dagegen.
Dem Änderungsantrag zufolge soll das Parlament Johnsons Abkommen erst dann endgültig zustimmen, wenn das gesamte für den EU-Austritt nötige Gesetzespaket verabschiedet ist.
Letwin will mit dem Änderungsantrag verhindern, dass es versehentlich doch noch zu einem ungeregelten Brexit kommt, falls die Abgeordneten es nicht schaffen, die nötigen Gesetzesänderungen bis zum 31. Oktober durchs Parlament zu bringen.
Die Abgeordneten stimmten damit mehrheitlich für einen Antrag, der vorsieht, dass die Entscheidung vertagt werden soll, bis das entsprechende Ratifizierungsgesetz verabschiedet ist. Johnson ist damit per Gesetz verpflichtet, bei der Europäischen Union eine Verlängerung der Brexit-Frist über den 31. Oktober hinaus zu beantragen.
Dahinter steht für den Antragsteller Oliver Letwin das fehlende Vertrauen in Johnson. Sie trauen dem Premierminister zu, trotz Annahme des Brexit-Deals einen No-Deal-Austritt am 31. Oktober durchzudrücken und das Brexit-Abkommen nicht rechtzeitig zu ratifizieren
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Wer ist Strippenzieher Oliver Letwin?
Mit dem Antrag zur Verschiebung der Abstimmung wollte Letwin verhindern, dass Großbritannien am 31. Oktober versehentlich doch noch ohne Vertrag die EU verlässt. Mit 322 zu 306 Stimmen votierte das Parlament dafür, Johnsons Abkommen erst dann zuzustimmen, wenn alle für den EU-Austritt nötigen Gesetze verabschiedet sind.
„Trotz meiner Unterstützung für den Deal des Premierministers glaube ich nicht, dass es verantwortlich ist, diese Nation in Gefahr zu bringen“, begründete Letwin seinen Antrag. Der Abgeordnete, der schon seit den 80er Jahren in der Politik mitmischt, will unbedingt einen ungeregelten Austritt verhindern. Schon im März und erneut im September entriss er der Regierung die Kontrolle darüber, was im Parlament zur Abstimmung gestellt wurde.
Der Sohn zweier jüdisch-amerikanischer Wissenschaftler besuchte zunächst das elitäre Eton College und studierte an der renommierten Universität Cambridge. Der konservativen Premierministerin Margaret Thatcher diente er von 1983 bis 1986 als Berater. Nach einer Karriere in der Investmentbank Rothschild wurde er dann 1997 für die Tories ins Parlament gewählt, wo er seitdem den südwestenglischen Wahlkreis West Dorset vertritt.
Als Finanzpolitiker trat Letwin für die radikale Senkung der Steuern ein. Nach der Wahl 2010 half der Vertraute von David Cameron, eine Koalition mit den Liberaldemokraten auszuhandeln, die der Tory-Partei die Rückkehr an die Macht erlaubte. Cameron schuf daraufhin für Letwin eigens einen neuen Kabinettsposten und übertrug ihm die Verantwortung für die Ausarbeitung wichtiger ressortübergreifender Reformvorhaben.
Trotz seiner politischen Erfahrung und seiner unbestrittenen Intelligenz machte Letwin immer wieder durch Fehltritte auf sich aufmerksam. So warnte er 1985 nach tödlichen Unruhen in London davor, schwarze Geschäftsleute zu unterstützen, weil das Geld nur in „Diskos und Drogenhandel“ fließen werde. Als ein entsprechendes Dokument 2015 publik wurde, entschuldigte sich Letwin für das „schlecht formulierte und falsche“ Memo.
Eine erneute Entschuldigung wurde fällig, als er 2003 sagte, lieber würde er „auf die Straße gehen und betteln“, um die Gebühren für eine Privatschule zu zahlen, als seine Kinder auf eine staatliche Schule in der Londoner Innenstadt zu schicken. Für Spott sorgte ein Vorfall, bei dem er 2002 zwei Trickbetrüger ins Haus ließ, die angeblich dringend aufs Klo mussten und dann Schmuck und andere Wertgegenstände mitgehen ließen.
Unter Thatcher wurde Letwin zum Europaskeptiker, doch trat er in der Brexit-Diskussion für den Verbleib in der EU ein, da er glaubte, dass es Cameron gelingen werde, für Großbritannien einen neuen Status in der EU auszuhandeln. Nach dem Brexit-Referendum 2016 rückte er unter Camerons Nachfolgerin Theresa May auf die Hinterbank.
Johnsons Werbung für neuen Deal
Der britische Premierminister Boris Johnson hat für den neuen Brexit-Deal geworben, auf den sich die Europäische Union und Großbritannien am Donnerstag geeinigt haben.
Dieser Deal ermögliche es Großbritannien, die EU am 31. Oktober zu verlassen und gleichzeitig eine neue Partnerschaft aufzubauen, „die auf engen freundschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen beruht“, sagte Johnson am Samstag im britischen Unterhaus. Es sei ein Deal, „der die gespaltene britische Politik heilen kann und die miteinander kämpfenden Instinkte in uns vereinen kann“, so der britische Premierminister weiter.
Jetzt sei es „an der Zeit für das House of Commons, zusammenzukommen und das Land zu vereinen“. Dies sei nun der Moment, an dem man „endlich eine Lösung finden“ könne, sagte Johnson.
In den letzten 30 Jahren habe er „von den europäischen Freunden viele Male gehört“, dass dieses Land „halbherzig in seiner EU-Mitgliedschaft“ sei. Dies sei richtig, denn man sei bei vielen Dingen „ein Nachzügler“ gewesen, als man sich zum Beispiel entschieden habe, dem Euro nicht beizutreten oder an dem Schengener Abkommen nicht teilzunehmen, so der britische Premierminister weiter. Zudem habe man viele gemeinsame Zielsetzungen blockiert.
Wenn wir tatsächlich halbherzige Europäer gewesen sind, dann ist die logische Schlussfolgerung, dass wir mit einem Teil unseres Herzens etwas anderes fühlen, einen Sinn für Liebe und Respekt für die europäische Kultur und Zivilisation, der wir angehören“, sagte Johnson.
Deswegen sei es dringlich, dass man eine neue Beziehung zur EU aufbaue auf der Basis dieses neuen Deals. (dts/dpa/afp)
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