Ibiza, Schreddern & EU: Straches erstes Interview nach Politbeben in Österreich – Dann kam die Razzia …
Nach dem Ibiza-Video über die beiden FPÖ-Spitzenpolitiker Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus und dem damit verbundenen Zerbrechen der österreichischen Regierungskoalition aus ÖVP und FPÖ mit nachfolgendem Misstrauensvotum gegen und Sturz von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), meldete sich der ehemalige Vizekanzler der Republik Österreich, Heinz-Christian Strache, erstmals mit einem Interview wieder in der Öffentlichkeit zurück.
Videoschnipsel auf Ibiza
Wie die „Krone“, Österreichs auflagenstärkste Boulevardzeitung, berichtet, gab der ehemalige FPÖ-Chef dies „ausgerechnet dem russischen Propagandasender RT von Präsident Wladimir Putin“. Nun steht man vor Neuwahlen, und die Aufarbeitung der Hintergründe des Videos sei voll im Gange.
Über den Ibiza-Skandal konnte Strache tatsächlich nicht viel Neues berichten, vor allem auch, weil das rund 7-stündige und auf sechs Minuten zusammengeschnittene Material weiterhin von der „Süddeutschen Zeitung“ zurückgehalten wird. Strache unterstrich jedoch, dass hier absichtlich Dinge aus dem Zusammenhang gerissen und aneinandergereit wurden, um ein dubioses Gesamtbild zu ergeben.
Von Ex-Kanzler Kurz hereingelegt?
Deutlich machte der FPÖ-Politiker auch, dass er sich für die Weiterführung der Regierung geopfert hatte und dabei auf das Versprechen von Bundeskanzler Sebastian Kurz zur Fortsetzung und zur Vizekanzlerschaft von Norbert Hofer (FPÖ) vertraute.
Daraufhin erklärte Strache am 18. Mai 2019, 12 Uhr, in einer Rede seinen Rücktritt. Eine Stunde später, 13 Uhr, hätte Sebastian Kurz in einer Stellungnahme die Weiterführung der Regierung ankündigen sollen. Dies tat er nicht. Stattdessen rief er bei der FPÖ an und forderte den Rücktritt des Innenministers Kickl, sonst werde er die Regierung einseitig aufkündigen. Darauf hin verließen die FPÖ-Minister die Regierung, das Misstrauensvotum gegen Kurz folgte und seine Entmachtung. Dazu stellte Strache eine Frage im Interview in den Raum:
Was hat die ÖVP für ein Interesse gehabt, dass das Innenresort wieder in die Hände der ÖVP kommt?“
(Heinz-Christian Strache)
Der Schredderer des Vergessens
Weitere interessante Ausführungen tätigte Strache über die „Schredder-Affäre“, die mysteriöse Vernichtung diverser Festplatten des Bundeskanzleramtes am 20. Juli vor dem Regierungswechsel, umso interessanter, zumal am 12. August, wenige Tage nach der Veröffentlichung des Interviews am 9. August, plötzlich eine Razzia bei Strache, Gudenus und weiteren Personen stattfand.
Strache fragte sich, was man wohl zu vertuschen, zu verbergen habe, was man wohl auf den Festplatten hätte entdecken können: „Das zeigt, dass die ÖVP hier zumindest ein schlechtes Gewissen haben muss.“
Strache sieht einem politischen Comeback weniger in Europa aber dafür in Österreich entgegen, denn: „Österreich ist die kleine Welt, in der die große ihre Probe hält“, so Strache. Doch zuerst, so der Politiker, kommt die Aufklärung zum Ibiza-Video.
Europas Zukunft und die EU
Die zu Fall gebrachte rechtskonservative Regierung in Österreich, im Herzen Europas, hätte laut Strache Schule machen können in Europa. Dies habe auch nach Deutschland ausgestrahlt. Vielen sei dies jedoch auch ein Dorn im Auge gewesen.
Strache machte dabei deutlich, dass die vergangene verantwortungslose Zuwanderungspolitik zu Parallelgesellschaften geführt hat und dass das so nicht weiter gehen kann. Die FPÖ wolle keine Islamisierung Europas, keine undifferenzierte Massenzuwanderung nach Österreich von außerhalb der EU, jedoch Österreich für Menschen, die Qualitäten und Qualifikationen mitbringen offen halten.
Wenn man die derzeitige Entwicklung nicht in den Griff und korrigiert bekommen kann, wird es nicht mehr möglich sein, die eigene Kultur und Identität für kommende Generationen zu erhalten, erläutert Strache. Die Uhr sei dann abgelaufen.
Die Frage wird sein: Wird es diese westlich freie Gesellschaft dann noch geben können und wohin bewegt sich Europa dann?“
Laut Strache sei die Europäische Union reformbedürftig. Er glaube nicht an ein vereinigtes zentralistisches Europa.
Ich will ein Europa der Vaterländer. Ich will ein Europa, das föderal strukturiert ist.“
Dazu sagte der Ex-Vizekanzler noch, dass es nur wenige gemeinsam zu lösende Fragen und Aufgaben geben sollte, während große Teile der Kompetenzen an die Nationalstaaten zurückgehen sollten. Strache sagt, dass er kein Europagegner sei, nennt sich einen österreichischen Patrioten und sagt, dass er auch Europa liebe und genau deswegen auch eine Fehlentwicklung der Europäischen Union kritisiere und ihr entgegenwirke.
Strache nimmt seine politische Krise als Chance wahr, sich zu erden, auch herauszufinden, wer wahre, wer vermeintliche Freunde seien. „Das sind auch Klarstellungen für das Leben.“ Und Strache stellte auch bezüglich des Ibiza-Videos noch einmal klar:
„Ich habe nichts verbrochen! (…) Die Krise ist natürlich dazu da, um die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen und dann am Ende auch gestärkt daraus hervorzugehen.“
(sm)
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