Hunderte illegale Migranten auf der Suche nach einem Hafen – Italien und Malta mauern
Im Mittelmeer ist mit dem Einsatz eines neuen NGO-Schiffes die Zahl der geborgenen Bootsflüchtlinge wieder deutlich gestiegen.
Die von den Nichtregierungsorganisationen „SOS Méditerranée“ und „Ärzte ohne Grenzen“ erstmals eingesetzte „Ocean Viking“ nahm in weniger als 24 Stunden 170 illegalen Migranten aus zwei Schlauchbooten an Bord. Am Sonntag kamen 81 weitere hinzu.
Die Menschen an Bord erzählten einem Helfer, dass sie willkürliche Inhaftierung, Erpressung oder Folter erlebt haben oder unter sklavenähnlichen Bedingungen haben arbeiten müssen, wie „Ärzte ohne Grenzen“ twitterte.
„Sie sagten mir, sie wären bereit gewesen, im Meer zu sterben, anstatt einen weiteren Tag in Libyen zu leben und zu leiden.“
Die „Ocean Viking“ hat nun insgesamt 251 Migranten an Bord. Sie werde zunächst in der Rettungszone vor Libyen bleiben, sagte eine Sprecherin.
NGO-Schiff will Migranten nicht zurück nach Nordafrika bringen
Die seit über einer Woche mit 121 aufgesammelten Migranten an Bord ausharrende „Open Arms“ einer spanischen NGO hatte am Samstag vor Malta weitere 39 Menschen aufgenommen. Unklar ist, wohin beide Schiffe die Menschen bringen werden. Denn die beiden nächstgelegenen europäischen Länder – Italien und Malta – haben ihre Häfen für Flüchtlingsschiffe weitgehend dicht gemacht. Und Nordafrika wollen sie nicht ansteuern.
„Zehnter Tag an Bord, ein sehr heißer Augustsonntag. Wir halten stand, wir haben 160 Gründe es zu tun. 160 Menschen, die das Recht haben, in einem sicheren Hafen an Land zu gehen. Schande Europa“, schrieb „Open Arms“ am Sonntag auf Facebook.
Malta will nur 39 aufgesammelte Migranten an Land lassen
Open-Arms-Chef Oscar Camps hatte am Samstag mitgeteilt, Malta wolle nur die 39 zuletzt aufgesammelten Migranten an Land lassen – die übrigen aber nicht. „Das hat zu einem ernsthaften Sicherheitsproblem an Bord geführt. Das Ausmaß der Beklemmung dieser Menschen ist unhaltbar“, twitterte er.
Die Regierung Maltas teilte mit, dass sich das kleinste EU-Land für die übrigen 121 illegale Migranten nicht zuständig fühle. Sie schrieb außerdem, dass die maltesischen Streitkräfte die Rettung der 39 Migranten ohnehin schon vorbereitet hätten, als die „Open Arms“ sie an Bord genommen habe.
Am Sonntag erklärte die Organisation, zwei Migranten würden wegen ihres Gesundheitszustands nach Malta geflogen, eine weitere Person sollte nach Italien gebracht werden.
Richard Gere kritisiert Italiens Haltung – Salvini kontert
Bei einer Pressekonferenz der spanischen NGO auf der italienischen Insel Lampedusa kritisierte der US-Schauspieler Richard Gere die harte Haltung Italiens zu den Migranten.
„Ich liebe die Italiener sehr, eure Großzügigkeit und eure Lebensfreude. Und doch habe ich festgestellt, dass sich da etwas geändert hat“, sagte Gere, der zuvor Lebensmittel auf die „Open Arms“ gebracht hatte, laut Nachrichtenagentur Ansa.
Italiens Innenminister Matteo Salvini konterte: „Du kannst alle Migranten mit nach Amerika nehmen in deinen Privatflugzeugen, um sie in deinen Villen zu versorgen. Danke.“
NGO „Proactiva Open Arms“ lädt illegale Migranten nach Neapel ein
Italien und Malta verweigern NGO-Schiffen immer wieder die Einfahrt in ihre Häfen und dringen darauf, dass andere EU-Staaten vorab zusichern, alle anlandenden illegalen Migranten zu übernehmen.
SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen waren am 4. August zum ersten Einsatz mit der unter norwegischer Flagge fahrenden „Ocean Viking“ von Marseille aus in See gestochen. Am Freitag sammelten sie 85 Migranten vor der libyschen Küste ein und am Samstag noch einmal 85 im zentralen Mittelmeer.
Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) kommen kaum noch illegale Migranten in Italien an. Im laufenden Jahr waren es bis Sonntag 4.042, im Gesamtjahr 2016 kamen noch 181.436.
Die Stadt Neapel richtete am Samstag „Proactiva Open Arms“ aus, sie würde die Illegalen gerne aufnehmen. „Es ist ein weiter Weg … aber denkt immer daran, dass der Hafen von Neapel offen ist. Die Stadt Neapel hat keine Angst vor 160 Personen“, teilte Italiens drittgrößte Stadt mit.
Angesichts der harten Haltung der Regierung in Rom hat dies aber nur symbolischen Charakter. (dpa)
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