EU-Kommission will Steuerkompetenz nach Brüssel verlagern – Einstimmigkeit bei Steuerpolitik soll abgeschafft werden
Die EU-Mitgliedstaaten sollen nach dem Willen der EU-Kommission in steuerpolitischen Fragen künftig nicht mehr einstimmig entscheiden, sondern mit qualifizierter Mehrheit. Das berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Montagsausgabe) unter Berufung auf ein Arbeitspapier, welches die Kommission am Mittwoch vorstellen will. Demnach schlägt die Brüsseler Behörde außerdem vor, dass das Europaparlament künftig an der steuerpolitischen Gesetzgebung gleichberechtigt beteiligt werden soll.
Derzeit ist die Steuerpolitik das einzige Politikfeld, auf dem die Mitgliedstaaten ausschließlich einstimmig und ohne direkte Parlamentsbeteiligung entscheiden.
Die Einstimmigkeitsregel hat dazu geführt, dass viele steuerpolitische Entscheidungen, etwa im Kampf gegen Steuerflucht, erst verzögert oder gar nicht getroffen wurden. Auch eine europaweite Digitalsteuer oder eine Finanztransaktionssteuer sind bisher nicht zuletzt an dieser Regel gescheitert. Nach Ansicht der Kommission müssen die „traditionellen Ansichten zur nationalen Souveränität“ überdacht werden. Nur so könne die europäische Steuerpolitik „ihr volles Potenzial ausschöpfen“.
Die Frage dürfe nicht mehr sein, ob die Abkehr von der Einstimmigkeit notwendig sei. „Es geht darum, wie und wann es getan wird.“
Die qualifizierte Mehrheit bedeutet, dass 55 Prozent der Mitgliedstaaten zustimmen müssen, die mindestens 65 Prozent der EU-Gesamtbevölkerung repräsentieren. Die Kommission will Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit laut Arbeitspapier in vier Stufen nach und nach für verschiedene Teilfelder der Steuerpolitik einführen.
Der erste Schritt betrifft vor allem Regelungen zur Zusammenarbeit nationaler Behörden im Kampf gegen Steuerflucht und Steuervermeidung sowie zum Abschluss einschlägiger Abkommen mit Drittstaaten.
Im zweiten Schritt will die Kommission die Einstimmigkeit für Steuermaßnahmen zur Verfolgung nichtfiskalischer Ziele wie etwa den Klimaschutz abschaffen. Als dritter Schritt soll über Fragen der Mehrwertsteuer – allerdings nicht über deren Sätze – mit qualifizierter Mehrheit entschieden werden.
Der vierte Schritt soll sich auf „andere Initiativen in der Steuerpolitik“ beziehen, die „für den Binnenmarkt sowie für eine faire und wettbewerbliche Besteuerung notwendig“ seien. Als Beispiel nennt die Kommission eine europäische Digitalsteuer sowie die gemeinsame Bemessungsgrundlage für die Unternehmensbesteuerung.
(dts)
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