Brüssel: Protest gegen UN-Migrationspakt in Belgiens Hauptstadt
Tausende Belgier sind am Sonntag in Brüssel gegen den UN-Migrationspakt auf die Straße gegangen. Nach Polizeiangaben beteiligten sich mindestens 5.500 Teilnehmer an der Kundgebung in der Nähe wichtiger EU-Institutionen, zu der ein konservatives Parteienbündnis aufgerufen hatten.
Die Demonstranten forderten auch den Rücktritt von Premierminister Charles Michel, dessen Regierungsbündnis am Streit um den Migrationspakt zerbrochen war. Während der Demonstration kam es zu Ausschreitungen.
„Unser Volk zuerst“ und „Wir haben genug, geschlossene Grenzen“ stand auf Schildern der Kundgebungsteilnehmer.
Nach einem friedlichen Auftakt griffen Demonstranten die Polizisten mit Wurfgeschossen an und beschädigten Außenfassaden von EU-Gebäuden, wie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas und Wasserwerfer gegen die Randalierer ein.
Eine Gegendemonstration versammelte in einem anderen Stadtviertel nach Polizeiangaben rund tausend Menschen.
Beide Kundgebungen waren zunächst von den Brüsseler Behörden aus Angst vor Ausschreitungen untersagt worden. Der belgische Staatsrat entschied jedoch, dass die Demonstrationen stattfinden dürfen.
Langer Streit
Sonntag vor zwei Wochen erklärten die Minister der flämischen Nationalisten-Partei N-VA ihren Austritt aus der Viererkoalition, weil Premierminister Charles Michel gegen ihren erklärten Willen auf einer Teilnahme an der UN-Migrationskonferenz in Marrakesch bestand. Michel will das Land nun bis zur Parlamentswahl im Mai mit einer Minderheitsregierung führen.
In einer Krisensitzung einen Tag vorher hatten die Koalitionsparteien ihren wochenlangen Streit nicht beilegen können. N-VA-Chef Bart De Wever sagte nach dem Treffen, wenn seine Partei in der Regierung „keine Stimme“ mehr habe, dann habe es auch „keinen Zweck“ mehr weiterzumachen. Michel bekräftigte, dass er Belgien „als Chef einer verantwortungsbewussten Koalition“ bei der UN-Migrationskonferenz vertreten werde.
Belgiens König Philippe nahm noch am Sonntag vor zwei Wochen die Rücktrittsgesuche der vier N-VA-Kabinettsmitglieder an. Es handelte sich um die Minister für Inneres, Finanzen und Verteidigung sowie um den Staatssekretär für Einwanderung. Premierminister Michel unterbreitete dem König bei einem Treffen seine Personalvorschläge für die Neubesetzung der vakanten Ressorts, wie der Palast mitteilte.
RT sendete per Livestream aus der belgischen Hauptstadt
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„Ich bedauere, dass es so weit gekommen ist“, sagte Michel im Sender RTL-TVI. Nach dem Rückzug der N-VA führt er nun eine Minderheitsregierung, die von seiner liberalen wallonischen Partei, den flämischen Liberalen und den Christdemokraten getragen wird. Die nächsten regulären Parlamentswahlen sind für Mai nächsten Jahres angesetzt.
Michel kündigte an, er werde den Dialog mit dem Parlament suchen. Der Regierungschef warnte er vor vorgezogenen Neuwahlen und einer politischen Blockade des Landes.
Regierungsbildungen in Belgien gestalten sich unter anderem wegen der sprachlichen und regionalen Unterschiede traditionell schwierig. Die Verhandlungen der aktuellen Koalition zogen sich 2014 über viereinhalb Monate hin. Nach der Wahl 2010 hatte es sogar rund anderthalb Jahre gedauert – ein Weltrekord.
Die Migrationspolitik war immer wieder ein Zankapfel in den vier Regierungsjahren der bisherigen Koalition. Michel hatte nach einer hitzigen Debatte im Parlament angekündigt, gegen den Willen seines größten Koalitionspartners N-VA zu der UN-Konferenz nach Marokko zu reisen. Die migrationskritischen flämischen Nationalisten, die im belgischen Parlament die größte Fraktion stellen, sprechen sich anders als ihre Koalitionspartner gegen den UN-Migrationspakt aus.
Michel bat damals dann das Parlament um Stellungnahme zum Migrationspakt. Die Abgeordneten sprachen sich schließlich mit breiter Mehrheit dafür aus. Neben der N-VA stimmte nur die Partei Vlaams Belang dagegen. (afp/er)
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