EU-Gesetz gegen „Desinformation“: Droht das Ende der Meinungsfreiheit?
Der 25. August 2023 könnte in die Geschichte eingehen – als der Tag, an dem in der EU die Meinungsfreiheit endgültig abgeschafft und der Zensur Tür und Tor geöffnet wurde. Denn dann greift mit dem „Digital Services Act“ (DSA) ein Gesetz, das die Freiheiten großer sozialer Netzwerke und Onlinehändler erheblich einschränkt und ihre Pflichten erhöht.
Offiziell sieht die EU den Nutzen ihres „Gesetzes über digitale Dienste“ (Zusammenfassung) in einer „strengere[n] demokratische[n] Kontrolle und Aufsicht über systemische Plattformen“, mit denen sie „systemische Risiken wie Manipulation oder Desinformation“ zu mindern gedenkt. Den Begriff „Desinformation“ definiert die EU wie folgt:
Desinformation ist ein falscher oder irreführender Inhalt, der in der Absicht verbreitet wird, zu täuschen oder wirtschaftliche oder politische Vorteile zu erzielen, und der der Öffentlichkeit Schaden zufügen kann. Fehlinformation ist ein falscher oder irreführender Inhalt, der ohne schädliche Absicht verbreitet wird, obwohl die Auswirkungen dennoch schädlich sein können.
Auch „Kriegspropaganda“, „Hass und Hetze“ oder der Onlineverkauf gefälschter Produkte sollen nicht mehr möglich sein. Einzelheiten zum DSA hat die EU-Kommission auf einer Überblickseite zusammengefasst.
Große Plattformen müssen aktiv werden
Wer mehr als 45 Millionen Nutzer unter seinem Dach versammelt hat, muss also sämtliche Inhalte nach den Definitionen der EU-Kommission überwachen und innerhalb von 24 Stunden regulieren, sprich: die Monetarisierung der Nutzer unterbinden oder einen Eintrag oder Kanal gleich ganz löschen.
Reichweite und Sichtbarkeit kritischer Autoren dürften damit drastisch sinken. Denn wenn eine „Very Large Online Platform“ (VLOP) bei der „Inhaltsmoderation“ nicht linientreu mitmachen will, drohen ab dem 25. August hohe Strafen: Bis zu sechs Prozent des weltweiten Vorjahresumsatzes eines Social-Media-Netzwerks könnte eine Missachtung des „Digital Services Act“ kosten. Im schlimmsten Fall droht die EU mit Sperrung der gesamten Plattform.
Twitter unter besonderer Beobachtung
Insbesondere Elon Musks „Twitter“ wird von den EU-Bürokraten mit Argusaugen beobachtet. Der Tesla-Milliardär war Ende Mai 2023 von der „Code of Practice“-Vereinbarung ausgestiegen, jenem freiwilligen „Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desinformation“, den die EU bereits 2018 für soziale Netzwerke auf den Weg gebracht hatte.
Am 26. Mai setzte EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton Musk auf dessen eigener Plattform öffentlich unter Druck:
[…] Verpflichtungen bleiben bestehen. Du kannst weglaufen, aber du kannst dich nicht verstecken. Über freiwillige Verpflichtungen hinaus wird die Bekämpfung von Desinformation ab dem 25. August eine gesetzliche Verpflichtung gemäß #DSA sein. Unsere Teams werden für die Durchsetzung bereit sein.“
Musk trotzte zunächst. Und kündigte am 1. Juni wie üblich auf Twitter an, noch transparenter vorzugehen als gewünscht: Er werde sämtliche Zensuranfragen der EU-Kontrolleure veröffentlichen, die „Desinformation“ gefunden hätten. Außerdem wolle er darlegen, ob Twitter den Wünschen der EU nachgekommen sei. Zwei Tage später legte Musk nach: „I prefer peace, but if they want war, they will get it“ („Ich bevorzuge Frieden, aber wenn sie Krieg wollen, werden sie ihn bekommen“).
Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeigers“ versprach Musk einige Tage später, sich mit Twitter an die EU-DSA-Regeln zu halten. Ob und wie er das wirklich zu tun gedenke, sei unklar: Musk habe den Großteil seiner Moderatoren kurz nach der Übernahme des Dienstes am 27. Oktober 2022 entlassen. Ein Teil seines Rufs als Verteidiger der Meinungsfreiheit basiere auch darauf.
Breton persönlich im Silicon Valley
EU-Kommissar Thierry Breton will nun offenbar auf Nummer sicher gehen. Vor wenigen Tagen reiste er nach Kalifornien, um nicht nur Musk und seine Twitter-CEO Linda Yaccarino, sondern auch weitere einschlägige Silicon-Valley-Player einzuordnen: Auf seinem Reiseplan standen bis jetzt Treffen mit Spitzenvertretern von Meta/Facebook, NVidia, OpenAI, Qualcomm, der kalifornischen Vizegouverneurin Eleni Kounalakis und Snap.
Das erste Ziel seiner Reise aber war der Twitter-Hauptsitz San Francisco. Breton wohnte dort einem „Stresstest“ der Plattform bei. Das dazugehörige stumme Kurzvideo auf Twitter, von Breton selbst veröffentlicht, zeigt den EU-Kommissar gestenreich parlierend in einem Konferenzraum, während Elon Musk mit grimmiger Miene von einem Bildschirm blickt.
Gegenüber Reportern sagte Breton später, er habe Elon Musk gebeten, zum Stichtag 25. August „genügend Ressourcen“ zur Moderation von Inhalten vorzuhalten, um nicht mit dem DSA in Konflikt zu geraten. In Europa werde man besonders genau hinschauen, was „Desinformation bei Wahlen“ und Inhalte mit Bezug auf Kindesmissbrauch angehe. Dabei hatte das „Wall Street Journal“ vor Kurzem dokumentiert, dass nicht Twitter, sondern vor allem Mark Zuckerbergs Plattform Instagram Schlupflöcher für die Verbreitung von pädosexuellen Inhalten geboten hatte.
Twitter scheint bezüglich des DSA nicht auszuscheren. CEO Linda Yaccarino bedankte sich nach dem Kommissionsbesuch später artig: „Danke @ThierryBreton. Europa ist für Twitter sehr wichtig und wir konzentrieren uns auf unsere weitere Partnerschaft.“ Allerdings hat Elon Musk angekündigt, die EU-Zensur sichtbar zu machen. So soll zum Beispiel erkenntlich gemacht werden, bei welchen Themen und Inhalten Brüssel eine Löschung verlangt.
Lesen Sie im nächsten Teil unseres Fokusthemas, wie genau die EU große Plattformen zensieren möchte und was das für die Meinungs- und Wissensfreiheit bedeutet.
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