Einschnitte bei Sozial- und Konsumausgaben? Haushalt 2025 verlangt wohl doch Nachverhandlungen

Damit bis Ende November ein verfassungskonformer Haushalt für 2025 steht, sind wohl doch noch Nachverhandlungen nötig. Das Finanzministerium will offenbar die Sozial- und Konsumausgaben überdenken. Kritik kommt von den Linken und vom Bund der Steuerzahler.
Nach durchverhandelter Nacht waren Kanzler Scholz, Vizekanzler Habeck und Finanzminister Lindner Anfang Juli erstmal erleichtert - jetzt müssen sie bangen, ob ihr Haushalt wirklich steht. (Archivbild)
Für das Haushaltgesetz 2025 muss Lindner wohl wieder an den Verhandlungstisch.Foto: Ralf Hirschberger/AFP/Getty Images
Von 2. August 2024

Im Haushaltsbeschluss des Kabinetts für das Jahr 2025 klafft noch immer eine Finanzierungslücke in Höhe von etwa 17 Milliarden Euro. Ob die ersten Ideen der Bundesregierung, wie davon wenigstens rund acht Milliarden eingespart werden könnten, machbar und statthaft sind, bleibt weiter umstritten.

Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium (BMF) etwa hatte jüngst Pläne in Zweifel gezogen, nach denen die Deutsche Bahn und die Autobahn GmbH nur Darlehen statt Zuschüsse erhalten sollten und Restgelder umzuwidmen, die ursprünglich für die Gaspreisbremse gedacht waren.

Der Rechtsprofessor Johannes Hellermann sieht nach Informationen der „Zeit“ (Bezahlschranke) zwar Probleme, aber keine unüberwindbaren Hürden. Sowohl Hellermann als auch der Beirat gehen davon aus, dass allerdings „weitere Gespräche innerhalb der Bundesregierung sowie im Rahmen der parlamentarischen Beratungen notwendig“ sein werden.

Der Bundestag hat nach der Sommerpause bis Ende November 2024 Zeit, um über den Haushalt abzustimmen. Bis dahin heißt es nun wohl Nachverhandeln.

Konsum- und Sozialausgaben im Visier

Denn wie am 1. August 2024 aus Kreisen des Bundesfinanzministeriums (BMF) zu vernehmen war, will das Ministerium das Defizit offenbar mit weiteren Einsparungen bei den Konsumausgaben und mit „Maßnahmen zur Stärkung der Treffsicherheit der Sozialausgaben“ minimieren. Ein sogenannter „Notlagenbeschluss“, der stattdessen eine höhere Kreditaufnahme erlauben würde, wäre aus Sicht des BMF „verfassungsrechtlich und ökonomisch“ nicht möglich. Das habe das Finanzministerium dem Bundeskanzleramt und dem Wirtschaftsministerium mitgeteilt.

Wo genau das von Christian Lindner (FDP) geführte Ressort den Hebel en détail ansetzen will, wurde bisher nicht bekannt.

Wissler: Superreiche zur Kasse bitten

Janine Wissler, die Co-Parteivorsitzende der Linken, meldete nach Angaben der Nachrichtenagentur dts bereits vorsorglich Bedenken an: „Statt auf weitere Sozialkürzungen zu drängen, sollte Lindner das Geld dort holen, wo es genug davon gibt“, forderte Wissler demnach auf Anfrage der Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Linke-Chefin empörte sich:

Während die Superreichen wie Lidl-Boss Dieter Schwarz Milliarden scheffeln, will Lindner bei den Sozialausgaben kürzen. Sein Kürzungswahn trifft Arme und Normalverdiener und verschont die Reichen.“

Wissler plädierte dafür, die Vermögenssteuer wieder aufleben zu lassen, „Übergewinne“ angemessen zu versteuern und Steuerschlupflöcher zu schließen. Die Vermögenssteuer könne den Ländern „zusätzliche Milliarden für Soziales und Investitionen in die Zukunft“ verschaffen. Dem Bund kämen durch gestopfte Schlupflöcher und Steuern auf Übergewinne ebenfalls Gelder in Milliardenhöhe zugute, so Wissler. Bundesfinanzminister Lindner habe kein Ausgaben-, sondern ein Einnahmeproblem.

Der Bund der Steuerzahler (BdSt) geht vom genauen Gegenteil aus. „Die Ampel ignoriert ihr Versprechen, die Bundesfinanzen konsolidieren zu wollen, und verzichtet auf eine durchgreifende Sparpolitik – bei ihren Aufgaben und Ausgaben will die Ampel einfach keine Prioritäten setzen“, kritisierte BdSt-Präsident Reiner Holznagel im Gespräch mit dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND).

Der Haushaltsentwurf der Ampel für 2025 sei von Anfang kein echter Sparhaushalt gewesen. „Jeder Minister muss aber ein Sparminister werden“, forderte Holznagel, „deshalb sollte die Regierung durch jeden Einzelplan gehen“.

Middelberg: „Lindner hat sich hinter die Fichte führen lassen“

Mathias Middelberg, Haushaltspolitiker und Fraktionsvize der Union im Bundestag, nutzte die Etatprobleme im RND-Gespräch für einen verbalen Angriff auf die Ampel: „Es gibt tatsächlich gar keine Haushaltseinigung“, erklärte Middelberg, „Christian Lindner hat sich wieder einmal vom Kanzler hinter die Fichte führen lassen.“ Ähnlich wie bei dem im November 2023 vom Bundesverfassungsgericht kassierten Haushaltsgesetz für das Jahr 2024 seien nun auch die Ideen des Bundeskanzlers, wie das Haushaltsloch gestopft werden könne, „verfassungsrechtlich höchst problematisch“.

BMF-Chef Lindner hatte im RND-Interview dazu bereits Stellung bezogen: „Nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts werde ich als Bundesfinanzminister keine neuen verfassungsrechtlichen Risiken verantworten.“

Parallel zu den Haushaltsdebatten 2025 plant Lindner offenbar auch einen Nachtragshaushalt für das laufende Jahr. 11,3 Milliarden Euro zusätzliche Schulden sollen wohl aufgenommen werden, um unter anderem den Mehrbedarf beim Bürgergeld auszugleichen. Das wäre wegen der schwachen Konjunktur trotz der grundgesetzlich verankerten Schuldenbremse möglich.

Neben dem Streit um tragfähige Ideen für das Problem, im nächsten Jahr rund acht Milliarden einzusparen oder einzunehmen, stellt sich die Frage, woher eigentlich die übrigen neun Milliarden aus der Gesamtfinanzierungslücke 2025 kommen sollen. Laut RND vertraut die Bundesregierung dafür auf Erfahrungswerte aus der Vergangenheit: Normalerweise seien zum Ende jedes Kalenderjahres etwa zwei Prozent der Ausgaben noch nicht getätigt. Bei einem Gesamthaushalt von 480,6 Milliarden Euro anno 2025 wären das rund 9,6 Milliarden.

Der Schuldenstand des öffentlichen Gesamthaushalts der Bundesrepublik Deutschland war Ende 2023 auf rund 2,5 Billionen Euro gestiegen. Pro Kopf steht jeder Bürger damit rechnerisch für knapp 29.000 Euro gerade – fast 800 Euro mehr als Ende 2022. Alleine der Bund hatte Ende 2023 mit 1.696,3 Milliarden Euro in der Kreise gestanden. Das teilte das Statistische Bundesamt am 29. Juli mit.



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