Einreiseprogramm aus Afghanistan: Außenministerium hat „keine Sicherheitsbedenken“

Ende Januar 2025 hatte das Auswärtige Amt (AA) weitere Afghanen nach Deutschland fliegen lassen. Das übliche Sicherheitsverfahren war vorausgegangen. An eine Missbrauchsgefahr des Visumverfahrens glaubt das AA nicht. Doch wie läuft das Procedere ohne Botschaft vor Ort eigentlich ab?
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Das Symbolbild zeigt eine afghanische Familie auf der Flucht.Foto: SANAULLAH SEIAM/AFP via Getty Images
Von 14. Februar 2025

Nach dem Bundesinnenministerium hat auch das Auswärtige Amt (AA) Spekulationen zurückgewiesen, nach denen durch die Aufnahme afghanischer Staatsbürger Sicherheitsrisiken für die Bundesrepublik Deutschland entstanden sein könnten.

„Die Bundesregierung hat keine Erkenntnisse, dass Personen trotz Sicherheitsbedenken über das Bundesaufnahmeprogramm eingereist sind“, hieß es aus dem AA auf Anfrage der Epoch Times. Und weiter:

Sicherheit hat in allen Visa- und Aufnahmeverfahren oberste Priorität.“

Nach Angaben des AA hat die Bundesregierung bisher über 48.000 besonders gefährdeten Afghanen und ihren Familienangehörigen eine Aufnahme in Deutschland in Aussicht gestellt. Die Zahl des gemäß des „Bundesaufnahmeprogramms für Afghanistan“ (BAP) vorgesehenen Aufnahmen sei nach der Aufnahmeanordnung begrenzt. Die Aufnahme- und Integrationsfähigkeit Deutschlands werde berücksichtigt. Grundlage für das BAP sei der Paragraf 23 (2) des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG).

Mehrere Aufnahmelinien ermöglichen Immigration

Als Einreisekandidaten im Sinne des BAP kämen „insbesondere ehemalige afghanische Ortskräfte und ihre Familienangehörigen“ infrage, aber auch solche Personen, die „die Bundesregierung wegen ihres Einsatzes für ein demokratisches Afghanistan als besonders gefährdet identifiziert“ habe.

Das BAP berücksichtige zudem „besonders vulnerable Menschen“, die beispielsweise wegen ihres Geschlechts verfolgt würden.

Neben dem BAP gebe es noch drei weitere Aufnahmelinien, die sich zum Teil auf unterschiedliche Zielgruppen fokussierten.

Das BAP in der Praxis

Im Fall des BAP dürften sogenannte „meldeberechtigte Stellen“ der Bundesregierung lediglich Vorschläge darüber unterbreiten, welche Personen nach Deutschland gelangen sollten. Es gebe derzeit mehr als 100 Nichtregierungsorganisationen (NGOs) in Afghanistan und auch in Deutschland, bei denen die Bundesregierung den Status einer solchen meldeberechtigten Stelle anerkannt habe.

Für die Mitarbeit im BAP kämen vorwiegend solche NGOs in Betracht, die bereits zwischen 2013 und 2021 oder bei den Evakuierungen im August 2021 mit der Bundesregierung zusammengearbeitet hätten, hieß es aus dem AA. Sie seien zugleich verpflichtet, sich an die Rahmenbedingungen des BAP zu halten. Geld oder eine andere Gegenleistung gebe es für die meldeberechtigten Stellen nicht.

Nach einem entsprechenden Personalvorschlag durch die NGO erfolge die Vorauswahl. Das Recht dazu besitze allein die Bundesregierung: Sie beteilige dafür auch jene Bundesministerien, die im BAP einbezogen seien.

„Intensive Prüfung“ durch das BAMF

Im nächsten Schritt komme das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zum Zug. Das BAMF entscheide nach intensiver Prüfung, ob es einem bereits ausgewählten Kandidaten eine BAP-Aufnahmezusage geben könne oder nicht – stets unter dem Vorbehalt, dass sich im weiteren Verfahren keine sicherheitsrelevanten Erkenntnisse ergäben. Nicht jeder erhalte eine Aufnahmezusage über das BAP oder eine „Aufnahmeerklärung“ über eine der weiteren Aufnahmelinien.

Erst wenn bis dato alle Hürden übersprungen wären, könne das Ausreise- und Visumverfahren beginnen. Dieses werde stets in Pakistan abgewickelt. Dorthin zu gelangen, liege allein am Ausreisewilligen selbst.

In Pakistan angekommen, werde dem Kandidaten ein von der Bundesregierung beauftragter Dienstleister zur Seite gestellt. Er unterstütze den Kandidaten dabei, eine Unterkunft zu finden und sorge auch für die eventuell benötigte medizinische oder psychologische Hilfe.

Umfangreicher Sicherheitscheck in der Deutschen Botschaft Islamabad

An der sodann obligatorischen, vertieften Prüfung an der Deutschen Botschaft in Islamabad würden die Sicherheitsbehörden mitwirken. „Sicherheitsinterviews“ gehörten als fester Bestandteil zu einer Vielzahl von Prüfschritten. Ein Kandidat müsse alle „strengen Aufnahme- und Sicherheitskriterien“ erfüllen, bevor das BAMF ein Visum ausstellen könne. Außerdem benötige ein Kandidat gültige Passdokumente.

Sei all das erledigt, sorge die Bundesregierung für den Charterflug nach Deutschland. Der letzte Flug dieser Art habe Ende Januar 2025 stattgefunden, hieß es aus dem AA. Absprachen mit den pakistanischen Behörden und dem Flughafenpersonal seien dafür stets unerlässlich.

Angekommen in Deutschland, werde den Afghanen gemäß Aufnahmeanordnung zunächst eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Paragraf 29 (3) des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) regele den Familiennachzug.

BfV-Evaluierungsbericht sah hohe Missbrauchsgefahr

Hintergrund der Epoch Times-Anfrage war ein Bericht des „Business Insider“ (BI, Bezahlschranke). Die Zeitung war eigenen Angaben zufolge in den Besitz eines vertraulichen Evaluierungsberichts aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) gelangt. Darin hatte der Verfasser Dr. Klaus Rogner Anfang September 2024 die Missbrauchsgefahr der Afghanistanprogramme des Bundes als „im Allgemeinen […] hoch und im Vergleich zu anderen Verfahren als deutlich erhöht“ beschrieben. Rogner ist beim BfV zuständig für die Abwehr von „Is­la­mis­mus und islamistischem Ter­ro­ris­mus“.

Das Auswärtige Amt bestätigte, dass es nach wie vor keine Zusammenarbeit mit der Taliban-Regierung vor Ort anstrebe: Wie alle Länder weltweit erkenne man „das menschenverachtende De-facto-Regime der Taliban nicht als rechtmäßige Regierung Afghanistans an“.

Seit dem Abzug der westlichen Truppen und der Machtübernahme der Taliban vor dreieinhalb Jahren sei der Dienstbetrieb der Deutschen Botschaft Kabul eingestellt worden. Pläne über die Wiederaufnahme des Botschaftsbetriebs existierten noch immer keine.

„Verbindungsbüro für Afghanistan“ in Katar

Davon zu unterscheiden seien allerdings diplomatische Beziehungen. Diese bestünden nämlich nicht zwischen Regierungen, sondern zwischen Staaten, wie das AA betonte. Deutschland habe diese diplomatischen Beziehungen zum Staat Afghanistan niemals abgebrochen.

Nach der Schließung des Dienstbetriebs der Botschaft existiere aber ein „sogenanntes ‚Verbindungsbüro für Afghanistan‘“ mit Sitz in Doha, der Hauptstadt Katars: Die Bundesregierung stehe auf technischer Ebene mit Vertretern der De-facto-Regierung in Afghanistan in Kontakt – vorwiegend über dieses Verbindungsbüro.



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