Ehrenhafter Abschied: Großer Zapfenstreich für Ex-Verteidigungsministerin Lambrecht
Das Bundesverteidigungsministerium wird am Dienstag, 28. März, einen „Großen Zapfenstreich“ für seine ehemalige Chefin Christine Lambrecht (57, SPD) veranstalten. Das berichtet das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND). Als Quelle nannte das RND „Ministeriumskreise“. Die feierliche Zeremonie soll im Hof des Bendlerblocks stattfinden, dem Sitz des Bundesverteidigungsministeriums in Berlin.
Die studierte Rechtsanwältin Lambrecht war am 16. Januar von ihrem Amt als Verteidigungsministerin zurückgetreten, ohne dabei eigene Fehler einzuräumen. Sie hatte ihre Bitte auf Entlassung mit der „monatelangen medialen Fokussierung auf meine Person“ begründet: Eine sachliche Arbeit sei kaum mehr möglich gewesen.
Lambrecht war am 8. Dezember 2021 vereidigt worden, zum Zeitpunkt ihres Rücktritts also gut 13 Monate für die Bundeswehr verantwortlich gewesen. Dass der „Große Zapfenstreich“ nun erst mit zweieinhalb Monaten Verspätung geblasen wird, erklärte das Ministerium laut RND mit Terminschwierigkeiten: Lambrechts Nachfolger Boris Pistorius (SPD) und Lambrecht hätten erst am 28. März Zeit für einen gemeinsamen Auftritt gefunden.
Einige Peinlichkeiten zu viel
Der Druck auf Lambrecht war zum Jahresende 2022 immer größer geworden. Es hatte immer wieder massive Kritik an ihrer Amtsführung gegeben. Auch ihr Ansehen in der Öffentlichkeit war nicht das Beste, erst recht nicht in den sozialen Medien („Häkel-Omi“).
Das Fass zum Überlaufen gebracht hatte wohl ein Video, in dem Lambrecht zum Jahreswechsel 2022/23 ihre Silvestergedanken äußerte, während im Bildhintergrund Berliner Straßenpublikum lautstark mit Feuerwerksraketen und Böllern feierte (Video bei YouTube).
Schon kurz nach ihrem Amtsantritt hatte die frühere Justizministerin für Schlagzeilen gesorgt, als sie „wichtige Mitarbeiter“ des Ministeriums entließ. Nach einem „Tagesschau“-Artikel war ihre Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) darüber so verärgert, dass sie bei der Amtsübergabe mit Abwesenheit glänzte. Zudem habe Lambrecht wenig Interesse an den Dienstgraden ihrer Untergebenen gezeigt.
Lambrechts Ankündigung vom Januar 2022, der Ukraine „nur“ mit 5.000 Helmen aushelfen zu wollen, sei bei vielen Beobachtern ebenfalls nicht gut angekommen – ebenso wenig wie ihre generell recht zögerliche Bereitschaft zu Waffenlieferungen an die Ukraine. Weitere Blamagen – wie etwa ihr Auftritt in hochhackigen Schuhen im Wüstensand von Mali (Video auf Twitter) oder der Helikopterflug in Begleitung ihres Sohnes – hätten ihrem Ruf immer weiter geschadet, obwohl sie bei der Ausrüstung der Truppe auch Punkte habe sammeln können.
Weniger erfolgreich war Lambrecht dagegen in Sachen Instandhaltung und Beschaffung: Im Juni 2022 entschied sie sich für die Anschaffung von 35 reparaturanfälligen F-35-Kampfjets, und im Dezember 2022 wurde bekannt, dass 18 von 18 Bundeswehr-Schützenpanzer des Typs „Puma“ nicht voll einsatzbereit waren.
Geldsorgen vorerst passé
Nach Recherchen des „Stern“ erhält Lambrecht als Bundesministerin außer Dienst nach dem Bundesministergesetz noch drei Monate lang ihre vollen Bezüge als „Übergangsgeld“ – das wären insgesamt rund 50.000 Euro brutto. Zusätzliche Einnahmen aus privater Tätigkeit würden allerdings verrechnet. Sollte sie keiner Erwerbsarbeit nachgehen, werde Lambrecht weitere 21 Monate lang mit ihrem halben Amtsgehalt alimentiert, maximal mit rund 176.000 Euro. Als Rentnerin dürfe sich die Sozialdemokratin auf extra Ruhestandsbezüge aus ihrer Zeit als Abgeordnete, Staatssekretärin und Ministerin freuen.
Lambrecht steht trotz ihres selbst gewählten Abgangs zudem ein ehrenvoller Abschied mit dem „Großen Zapfenstreich“ zu – wie jedem ihrer Vorgänger. Welche Musikstücke sie sich für den 28. März wünschen wird, ist noch nicht bekannt.
Streng geregelter Ablauf
Die feierliche öffentliche Aufführung als Abendzeremoniell gilt noch heute als die höchste Form militärischer Ehrerweisung für deutsche Soldatinnen oder Soldaten beziehungsweise für „hohe Amtsträgerinnen und Amtsträger“ der Bundesrepublik, wie es die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) ausdrückt. Nach Angaben der „Morgenpost“ gehören der Bundespräsident, der Bundeskanzler, hohe Generäle oder Admiräle und eben der Verteidigungsminister traditionell dazu.
Die Abschiedszeremonie wird nur zu außergewöhnlichen Anlässen oder besonderen Jubiläen zelebriert. Der Ablauf besteht aus vier Teilen:
- Aufmarsch des Stabsmusikkorps der Bundeswehr unter den Klängen des „Marsch des Yorck’schen Korps“ zum Platz der Aufführung. Das Militärorchester wird dabei von mehr als 250 Soldatinnen und Soldaten aus Heer, Marine und Luftwaffe begleitet. Außerdem treten ein Spielmannszug und zwei von Fackelträgern begleitete Waffenzüge auf. Umrahmt wird das Geschehen von einer „Perlenkette“ aus Militärangehörigen.
- „Serenade“ mit mehreren Musikstücken: Die geehrte Person darf sich bis zu drei Stücke wünschen. Im Anschluss wird traditionelle Militärmusik gespielt, darunter stets der „Preußische Zapfenstreichmarsch“ und das auf eine christliche Tradition verweisende Stück „Ich bete an die Macht der Liebe“ von Gerhard Tersteegen.
- Abschluss des Konzerts mit der deutschen Nationalhymne.
- Ausmarsch der Soldaten und Soldatinnen, erneut zu den Klängen des Preußischen Zapfenstreichmarsches.
Zuletzt hatte es am 15. Dezember 2021 einen Großen Zapfenstreich gegeben – damals für die scheidende Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer. Knapp zwei Wochen zuvor, am 2. Dezember, war die gleiche Ehrung Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zuteilgeworden. Schon im Oktober desselben Jahres wurde der Abzug der Truppen aus Afghanistan ebenfalls mit einem „Großen Zapfenstreich“ vor dem Reichstagsgebäude gewürdigt.
Eine historische Tradition
In seiner heutigen Form wurde der „Große Zapfenstreich“ nach Angaben der Bundeswehr (Video auf YouTube) erstmals am 12. Mai 1838 in Berlin aufgeführt – damals zu Ehren des russischen Zaren Nikolaus I. Die Leitung des Zeremoniells lag nach Recherchen der „Allgäuer Zeitung“ bei Wilhelm Wieprecht, dem damaligen Direktor der Musikkorps des preußischen Gardekorps.
Die Tradition des „Großen Zapfenstreichs“ geht angeblich auf das späte 16. Jahrhundert und damit auf die Zeit der Landsknechte zurück: Laut „Allgäuer Zeitung“ führte der Feldherr Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein („Wallenstein“, 1583 –1634) die Regel ein, „um die nächtlichen Alkoholgelage der Soldaten zu begrenzen“. Der Begriff des Zapfenstreichs bezeichne den Moment, an dem ein Offizier in Begleitung eines Pfeifers und eines Trommlers in der Gaststube erschien und den Zapfen eines Fasses mit einem Kreidestrich markierte oder symbolisch mit einem Säbel darauf klopfte. Damit sei der weitere Getränkeausschank verboten und die Nachtruhe für die Soldaten befohlen worden.
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