Die „Breuer-Files“: „Der Schwerpunkt ist die Impfstoffverteilung“

Brandneue Protokolle aus der Coronazeit dokumentieren die Arbeit der regierungsinternen Krisenstäbe zur Zeit des größten Impfdrucks Ende 2021/Anfang 2022. Ein Bundeswehrgeneral sollte möglichst viele Impfdosen an den Mann bringen. Wieder sind etliche Passagen geschwärzt.
Laut Generalinspekteur Carsten Breuer geht es für Deutschland darum, sich verteidigen zu können und dadurch für einen Gegner das Risiko so hoch anzusetzen, dass er sich gegen einen Angriff entscheide.
Dem damaligen Generalmajor Carsten Breuer oblag zwischen Dezember 2021 und Mai 2022 die Aufgabe, die Impfquote in Deutschland zu erhöhen.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Von 28. Mai 2024

Nach den RKI-Files und den Protokollen des Corona-Expertenrats der Bundesregierung sind am Wochenende weitere amtliche Papiere aus der Coronazeit öffentlich zugänglich gemacht worden. Es handelt sich um insgesamt 24 Protokolle aus den Video-Sitzungen des Bund-Länder-Krisenstabs, des Ressortkrisenstabes Corona und „ressortgemeinsamer“ Krisenstabssitzungen.

Wie bei der Freiklage der Corona-Expertenrat-Protokolle war auch hierbei der Frankfurter Allgemeinmediziner Dr. Christian Haffner die treibende Kraft. Und wie bei den bereits früher veröffentlichten Dokumenten strotzen auch die neuen „Breuer-Files“ vor Schwärzungen.

Die in den sozialen Netzwerken kursierende Bezeichnung bezieht sich auf Carsten Breuer. Der damalige Bundeswehr-Generalmajor war nach Angaben der „Tagesschau“ Ende November 2021 vom designierten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum Leiter eines eigenen Corona-Krisenstabs im Kanzleramt vorgestellt worden.

Das Gremium sollte unter dem erfahrenen Logistik-Fachmann die „Koordinierung und Zusammenarbeit bei der Steuerung der Impfkampagne, bei Impfstofflieferung und -verteilung stärken“. Nach Angaben von ntv hatte Scholz-Vorgängerin Angela Merkel (CDU) die Idee dazu.

Namen der Teilnehmer stets geheim

Dem Krisenstab hätten zunächst zehn, später bis zu 30 Mitglieder angehört. Diese seien „Fachleute der zuständigen Ministerien“ oder „Experten des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe“ gewesen. Ihre Namen sind in allen Teilnehmerlisten und Protokollen komplett geschwärzt.

Die nun publizierten „Breuer-Files“ umfassen die Zeit vom 14. Dezember 2021 bis zum 5. Mai 2022 – der Hochphase des politmedial forcierten COVID-19-Impfdrucks. Diesen aufrechtzuerhalten, war noch vor Nachschub, Logistik und Fallzahlenreduzierung offensichtlich die große Kernaufgabe Breuers. Schon in der ersten Zeile des ältesten vorliegenden Protokolls vom 14. Dezember 2021 wird in der ersten Zeile auf das „Impfziel“ verwiesen: „30 Mio. Impfungen bis Jahresende“ lautet die Ansage, obwohl bereits „knapp 70 % der Bevölkerung“ die zweite Impfung hinter sich hatten.

Das Protokoll der Ressortgemeisamen Krisenstabssitzung vom 14. Dezember 2021 zeigt: In erster Linie ging es um das „Impfziel“.

Das Protokoll der Ressortgemeinsamen Krisenstabssitzung vom 14. Dezember 2021 zeigt: In erster Linie ging es um das „Impfziel“. Foto: Screenshot der „BreuerFiles“

Das Wort „Herdenimmunität“ taucht in den einsehbaren Teilen der Protokolle nirgendwo auf. Dafür aber ein Angebot des Bundespresseamts (BPA), „einen Expertenaustausch zwischen den betroffenen Ressorts anzustoßen, um gemeinsam bestehendes Potenzial für die Kommunikationskampagne zur Erhöhung der Impfbereitschaft zu erschließen“. Für 2022 habe das BMG diesbezüglich „eine sehr gute Mittelausstattung“ bereitgestellt.

BMG: „Impfen ist das Motto der Stunde“

Ebenfalls bereits im ersten ressortübergreifenden Protokoll vom 14. Dezember ist von der „Vorbereitung der allgemeinen Impfpflicht“ die Rede. Außerdem hieß es vonseiten des Bundesgesundheitsministeriums (BMG): „Der Schwerpunkt ist die Impfstoffverteilung. Impfen ist das Motto der Stunde.“ Man hielt das „Rechtsgut Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems“ für „weiterhin gefährdet“, obwohl die DIVI-Statistik bei den Intensivbetten nichts dergleichen auswies.

Der militärisch-knappe Ton wurde monatelang durchgehalten. Über die Omikron-Variante lag nicht viel mehr vor, als dass es bundesweit 325 Fälle „mit vermutlich hoher Dunkelziffer“ gebe. Eine „aktuelle Modellierung“ liege nicht vor.

Protokoll-Ausschnitt vom 14. Dezember 2021: Wenig Klarheit über Omikron-Variante. Foto: Screenshot der „BreuerFiles“

Protokoll-Ausschnitt vom 14. Dezember 2021: Wenig Klarheit über Omikron-Variante im Corona-Krisenstab der Bundesregierung. Foto: Screenshot der „BreuerFiles“

Vier „Handlungslinien“: Impfung forcieren als Nummer 1

Auch dem ersten Sitzungsprotokoll des Bund-Länder-Krisenstabs vom 16. Dezember 2021 ist zu entnehmen, dass [geschwärzte Person] „mehrfach“ betont habe, „dass die Impfquote zu erhöhen“ sei. Das war auch Punkt 1 der vier taggleich definierten „Handlungslinien“:

  1. Impfquote weiter erhöhen
  2. Fallzahlen reduzieren
  3. Gesundheitssystem stabil halten
  4. Nachhaltigkeit der Maßnahmen für die Zukunft
Ausschnitt des Sitzungsprotokolls des Bund-Länder-Krisenstabs vom 16. Dezember 2021: Vier Handlungslinien. Foto: Screenshot der „BreuerFiles“

Ausschnitt des Sitzungsprotokolls des Bund-Länder-Krisenstabs vom 16. Dezember 2021: Vier Handlungslinien. Foto: Screenshot der „BreuerFiles“

Wenige Absätze später heißt es: „Strategie ist hohes Tempo in Boosterimpfung beibehalten und möglichst große Teile impfen, weil Booster gegen Delta und Omikron schützt.“ Und das, obwohl man wenig von Omikron wusste. Und zudem davon ausging, dass ein extra „adaptierte[r] Impfstoff gegen Omikron vor Mai 2022“ vorliegen könnte. Und obwohl man sich bewusst war, dass die „Boosterung“ die „Virusausbreitung […] nur gering“ verlangsame.

Es sollte offenbar schnell gehen, ungeachtet der bevorstehenden Feiertage: „Gleiche Qualität und Kommunikation darüber entscheidender Punkt. Dürfen in Anstrengungen in nächsten Wochen bis Jahreswechsel nicht nachlassen“, gibt das Protokoll die Marschrichtung aus. Welche „Qualität“ genau gemeint ist, geht vielleicht aus der bevorstehenden Passage hervor. Doch sie ist unkenntlich gemacht.

Ausschnitt des Sitzungsprotokolls des Bund-Länder-Krisenstabs vom 16. Dezember 2021: Kommunikation entscheidend. Foto: Screenshot der „BreuerFiles“

Ausschnitt des Sitzungsprotokolls des Bund-Länder-Krisenstabs vom 16. Dezember 2021: Kommunikation entscheidend. Foto: Screenshot der „BreuerFiles“

„Wir brauchen Feindlage zum Virus“

Wie militärisch der Bund-Länder-Krisenstab dachte, geht aus einem Eintrag zur Einlassung eines anonymen Vertreters aus Baden-Württemberg hervor: „Wir brauchen nicht nur Lage, sondern auch Feindlage, zum Virus“, heißt es da. Dazu sollte der Expertenrat der Bundesregierung ausdrücklich gehört werden. Denn es bestehe die „Gefahr das [sic] Impfgeschwindigkeit sinkt“.

Ausschnitt des Sitzungsprotokolls des Bund-Länder-Krisenstabs vom 16. Dezember 2021: „Größtes Problem sind die Ungeimpften“. Foto: Screenshot der „BreuerFiles“

Ausschnitt des Sitzungsprotokolls des Bund-Länder-Krisenstabs vom 16. Dezember 2021: „Größtes Problem sind die Ungeimpften“. Foto: Screenshot der „BreuerFiles“

Das „größte Problem“ seien die „Ungeimpften“. „Am wichtigsten“ sei es von daher, den „Fokus“ auf sie zu legen. Dabei war längst klar, dass eine Impfung nicht vor Ansteckung und auch nicht vor Weitergabe des Virus schützen würde.

Hintergrund: Haffner gegen die Bundesrepublik

Der Arzt Dr. Christian Haffner hatte die Papiere auf Grundlage von Paragraf 1 des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) angefordert.

Lesen Sie im zweiten Teil des Artikels, wie der Bund-Länder-Krisenstab und der Ressortkrisenstab Corona weiter Druck machten, was für Carsten Breuer am Ende herauskam und wie Dr. Christian Haffner die Protokolle bewertet.



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