Zwölf Bundesländer wollen sich nicht an Ankerzentren für Migration beteiligen
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gerät wegen seiner Asylpolitik in den eigenen Reihen weiterhin unter Druck. „Sein Agieren verwundert und befremdet mittlerweile viele“, sagte Seehofers Vorgänger als CSU-Chef, Erwin Huber, dem „Spiegel“.
Von 40 Ankerzentren sind erst acht Standorte bestätigt – 12 Bundesländer wollen sich nicht beteiligen
Für die von Seehofer geplanten 40 Ankerzentren sind nach einer Recherche des Internetportals „BuzzFeed News“ erst acht Standorte bestätigt. Sieben davon befinden sich demnach in Bayern, ein weiterer Standort soll Dresden in Sachsen werden.
Zwölf der 16 Bundesländer wollen sich bislang überhaupt nicht an den Plänen beteiligten. Das Portal befragte nach eigenen Angaben sämtliche Flüchtlingsräte in Deutschland sowie Sozialministerien, Integrationsministerien und Staatskanzleien der Bundesländer.
„Union der Mitte“ habe regen Zulauf
„Im Landtag ist bei der CSU die anfänglich volle inhaltliche Zustimmung zu Seehofers Asylpolitik einem Ratespiel gewichen.“ erklärte Seehofers Vorgänger Erwin Huber. Viele fragten sich, ob Seehofer die Landtagswahl und damit Ministerpräsident Markus Söder (CSU) belasten wolle oder das billigend in Kauf nehme.
Die Initiative Union der Mitte hat laut „Spiegel“ derzeit regen Zulauf. Sie wurde von liberalkonservativen CSU-Mitgliedern sowie Amts- und Mandatsträgern gemeinsam mit Gleichgesinnten aus der CDU gegründet. Die Vereinigung sei in den vergangenen drei Wochen auf rund 1200 Unterstützer angewachsen. „Flüchtlinge sind keine Sündenböcke für Entwicklungen, die in unserer Gesellschaft schieflaufen“, sagte Stephan Bloch, Gründer der Union der Mitte, dem Magazin.
Auch örtliche Mandatsträger solidarisieren sich dem Bericht zufolge mit der Union der Mitte. In einem Brandbrief schrieb demnach der Bürgermeister der oberbayerischen Gemeinde Hebertshausen, Richard Reischl (CSU), seine Partei behandele „manche Menschen wie Dreck“, um Stimmen am rechten Rand zu fischen.
SPD kritisiert Seehofer scharf
CDU und CSU hatten sich einen erbitterten Streit über die Zurückweisung von Flüchtlingen in Grenznähe geliefert. Schließlich verständigte sich die Koalition darauf, nur jene Flüchtlinge ein Transferverfahren durchlaufen zu lassen, die bereits in einem anderen Land Asyl beantragt haben.
Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD), übte scharfe Kritik an Seehofer. „Was ich in den vergangenen Wochen an verbalen Grenzüberschreitungen gehört habe, vor allem durch die CSU, ist ein Anschlag auf unsere demokratische Kultur“, sagte Roth der Zeitung „Welt“ vom Samstag.
Seehofer hatte sich bei der Vorstellung seines „Masterplans Migration“ über 69 Abschiebungen an seinem 69. Geburtstag gefreut. Staatsminister Roth befürchtet langfristige dramatische Folgen solcher Äußerungen: „Hier ist ein Damm gebrochen, dahinter kommt man nicht mehr so leicht zurück.“ Das gesamte politische Klima in Deutschland sei vergifteter denn je.
Der Präsident des Deutschen Anwaltvereins, Ulrich Schellenberg, kritisierte derweil einen bislang wenig beachteten Passus im Masterplan, wonach Seehofer zur „Optimierung asylgerichtlicher Verfahren“ prüfen will, wie sich abgelehnte Asylbewerber noch während ihrer laufenden Rechtsmittelverfahren abschieben lassen.
Damit fordere er, Asylsuchenden den Weg zu einer gerichtlichen Überprüfung zu verwehren, sagte Schellenberg dem „Spiegel“. Dies verstoße gegen den verfassungsgerichtlichen Grundsatz eines effektiven Rechtsschutzes für jeden. (afp)
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