Zwischen Resignation und Wut: Hochwasseropfer beschimpfen Kanzler Scholz

Bundeskanzler Olaf Scholz besucht Oberröblingen und wird von wütenden Menschen beschimpft. Mittlerweile sind auch 200 Bundeswehrsoldaten im Einsatz, um den Deichbruch an der Helme zu verhindern.
Titelbild
Olaf Scholz (M.) besuchte am Freitag, 5. Januar 2024 das vom Hochwasser heimgesuchte Oberröblingen in Sachsen-Anhalt. Er wurde begleitet von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (r.) und Bundesumweltministerin Steffi Lemke (l.).Foto: Jens Schlueter/Getty Images
Von 6. Januar 2024

Stimmungstechnisch ist aus Sicht der Ampel landunter. Nur noch 17 Prozent schenken der Koalition aus SPD, Grüne und FDP das Vertrauen – absoluter Tiefstand seit Regierungsantritt. Der Ampel um Bundeskanzler Olaf Scholz steht das Wasser sprichwörtlich bis zum Hals. Just an jenem Tag, an dem Meinungsforscher von infratest dimap das Ergebnis für den „ARD DeutschlandTrend“ bekannt geben, sucht der SPD-Politiker Menschen auf, denen das Wasser ebenfalls bis zum Hals steht, allerdings weniger bildhaft, stattdessen sehr real.

Der gestiefelte Kanzler

Nach den massiven Regenfluten im Südharz um Weihnachten 2023 besucht Scholz am Freitag, 5. Januar, Oberröblingen, einen Ortsteil von Sangerhausen im Südharz in Sachsen-Anhalt. Dort kämpfen die Bewohner seit fast 14 Tagen, um das Bersten eines Deiches zu verhindern, berichtet der „Mitteldeutsche Rundfunk“ (MDR).

In wasserdichtem, kniehohem Schuhwerk stapft der gestiefelte Kanzler durch die matschigen Straßen. Immerhin hat er gelernt aus seinem Besuch am Silvestersonntag im ebenfalls vom Hochwasser heimgesuchten Verden an der Aller und die Halbschuhe gegen die den Umständen angepasste Fußbekleidung getauscht.

Begleitet wird er von Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) und Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Laut einem Bericht der „Bild“ besichtigt er einen Deich am Unstrut-Zufluss Helme, der zu brechen droht. Danach sollte es zu einer Abfüllstation für Sandsäcke gehen.

„Buh, verschwinde“, tönt es dem Kanzler entgegen

Doch anstatt, dass eine Welle der Begeisterung und des Dankes ob Scholz‘ Stippvisite durch den etwa 1.500 Einwohner zählenden Ortsteil von Sangerhausen wogt, schwappt die Wut der Bewohner über den 65-Jährigen. Nur wenige Stunden bevor Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) von zornigen Bauern in Schlüttsiel an der Nordseeküste am Verlassen einer Fähre gehindert wird, bekommt auch der Regierungschef den Unmut des Volkes zu spüren. Die Formulierungen sind dabei wenig freundlich.

„Buh, verschwinde“ und „Fahr wieder heim, nach Hause!“, schallen aus dem – aus Sicht des Kanzlers – eher unfreiwilligen Begleittross aus aufgebrachten Oberröblingern. Weitere Unmutsbekundungen prasseln dem Kanzler um die Ohren. Die Menschen zeigen deutlich, was und wofür sie ihren Besucher halten.

„Herr Scholz, ist Ihre Angst so groß vor dem kleinen Volk?“, fragt eine Frau, offenbar, weil der Regierungschef keine der Mitlaufenden eines Blickes würdigt. Wie das Video zeigt, stapft der Kanzler in Gummischuhen stoisch nach vorn blickend, die Hände tief in den Taschen seines Mantels vergraben, die Straße entlang.

Menschen fühlen sich im Stich gelassen

Und dann die nächste Konfrontation mit einer Frau: „Herr Bundeskanzler, Sie wissen schon, dass heute die ganzen Freiwilligen nach Hause geschickt wurden, nur weil Sie heute da sind?“ Der MDR zitiert einen Mann mit den gleichen Worten. In Oberröblingen investierten gerade viele Menschen in ihre Hilfe, erklärt ein anderer.

Dazu gehört etwa die Versorgung von freiwilligen Helfern. Das seien bis zu 500 Einsatzkräfte und viele der rund 1.500 Einwohner. Seit Freitagmittag, 5. Januar, sind zudem 200 Bundeswehrsoldaten dort im Einsatz, schreibt die „Süddeutsche Zeitung“.

Vieles erinnert an die mangelhafte Unterstützung durch die Regierung nach der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal. Zwei Jahre nach dem Unglück mit mindestens 135 Toten warteten immer noch viele Menschen auf Hilfe der Regierung.

Auch in Oberröblingen fühlen sich die Menschen im Stich gelassen. Dafür machen sie den sogenannten Katastrophenstab verantwortlich. Niemand sage ihnen, an wen sie sich wenden könnten, sagt eine Frau. Lebensmittel seien nur begrenzt haltbar.

Eine vom Landkreis eingerichtete E-Mail-Adresse, über die freiwillige Hilfsangebote gesteuert werden sollten, bringe nichts. Die Absender erhalten keine Antworten. Die Stimmung im Ort sei angespannt, viele seien gereizt.

Scholz will „niemanden allein lassen“

Der Landrat des Landkreises Mansfeld-Südharz, André Schröder (CDU), fordert von Scholz Aufbauhilfe. Er erhoffe sich vom Bundeskanzler Aussagen, „wie uns der Bund und dann natürlich auch das Land helfen, die Krise auch finanziell zu bewältigen“.

Doch davon gibt’s vom Kanzler keine konkreten Aussagen. Stattdessen bleibt er bei seinem Besuch bei Allgemeinplätzen. So gelte der „Geist der Solidarität“, den man derzeit in Oberröblingen erlebe, „auch hinterher“. Man werde „niemanden allein lassen“, betont der Kanzler auf einem Video, das auf „web.de“ zu sehen ist. Dabei nahm er neben dem Bund auch die Länder in die Pflicht. Konkrete Aussagen zu finanziellen Hilfen machte der Kanzler allerdings nicht.

 



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