Zweierkoalition für die Union wackelt: Kommt am Ende doch Schwarz-Rot-Grün?
Keine zwei Wochen vor der Bundestagswahl deutet die jüngste Wahlumfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA darauf hin, dass es mit einer Koalitionsbildung äußerst schwierig werden könnte.
Sowohl die Linke (6,0 Prozent / plus ein Prozentpunkt) als auch das BSW (5,5 Prozent / minus 0,5) wären noch im Bundestag vertreten – beide dieses Mal sogar in Fraktionsstärke. Wenn diese aktuellen INSA-Werte zur Sonntagsfrage am Abend des 23. Februar Wirklichkeit werden würden, würde das die übrigen Fraktionen 79 Sitze kosten.
Bei insgesamt 630 Sitzen im Parlament würde ein Zweierbündnis der Union (30,0 / plus 1,0) mit der SPD (15,5 / minus 0,5) nicht mehr ausreichen, um die Mehrheit abzubilden. Sie hätten zusammen nur 311 Sitze.
Werden die Grünen doch noch zum Königsmacher?
Der mutmaßliche CDU-Kanzler Friedrich Merz wäre auf eine dritte Partei angewiesen. Als Mehrheitsbeschaffer infrage kämen nur die Grünen (13,0 / plus 1,0), falls die FDP es nicht wieder in den Bundestag schafft.
Die Union müsste also ausgerechnet gegenüber jenen beiden Parteien Zugeständnisse machen, deren Ampel-Experiment mit der FDP am 6. November 2024 endgültig gescheitert war. Ein grundsätzlicher Politikwechsel wäre mit solch einer „Kenia-Koalition“ nicht zu erwarten.
INSA hatte im Auftrag der „Bild“ zwischen dem 7. und 10. Februar 2006 Wähler online befragt. Die Aufs und Abs spiegeln die Vergleichswerte zur Umfrage vom 8. Februar 2025 wider.
Andere Optionen, etwa „Brombeerbündnisse“ aus CDU/CSU, SPD und Linke oder CDU/CSU, SPD und BSW scheinen von vorneherein ausgeschlossen. Zu den Linken besteht seitens der Union ebenso wie zur AfD seit 2018 ein Unvereinbarkeitsbeschluss (PDF). Eine Zusammenarbeit mit dem BSW auf Bundesebene hatte Merz bereits vor acht Monaten ausgeschlossen. Schwarz-grün-rosafarbene und schwarz-grün-lilafarbene Koalitionen scheinen politisch erst recht unmöglich.
Abgesehen von den inhaltlichen Differenzen der Union zu SPD und Grünen steht damit die Frage im Raum, wie ein Kanzlerkandidat Merz den bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Markus Söder dazu bewegen könnte, sein vielleicht wichtigstes Wahlkampfversprechen zu brechen. Denn der Franke betont seit Monaten, dass für ihn keinerlei Zusammenarbeit mit den Grünen denkbar wäre.
„Die Grünen wollen nicht weniger, sondern mehr Migration. Deshalb sagen wir klar: Nein zu Schwarz-Grün im Bund“, hatte Söder auf dem Bundesparteitag am 3. Februar klargestellt. Auf seinem X-Kanal wiederholte Söder am Montag, 10. Februar, sein Anti-Grünen-Bekenntnis „aus tiefer Überzeugung und Sorge um unser Land“.
Schwarz-blau rechnerisch möglich – Union strikt dagegen
Als theoretische Lösung aus dem Dilemma käme für die Union auch eine Koalition mit der ebenfalls migrationskritischen und wirtschaftspolitisch ähnlich denkenden AfD infrage: 205 Sitze für die Union und 151 für die AfD würden für eine klare Mehrheit von 356 Sitzen ausreichen. Die AfD konnte laut INSA einen Punkt zulegen und liegt nun bei 22,0 Prozent.
Doch Merz stellte zuletzt am 3. Februar auf dem Bundesparteitag unter dem Applaus der Delegierten klar: „Es gibt keine Zusammenarbeit, es gibt keine Duldung, es gibt keine Minderheitsregierung, gar nichts!“
Am 11. Januar hatte Merz am Rande einer Klausur des CDU-Bundesvorstands in Hamburg sogar betont, dass er sein „Schicksal als Parteivorsitzender“ vom Bestand der „Brandmauer“ abhängig machen werde. Das Beispiel der österreichischen FPÖ zeige, „dass man Rechtspopulisten nicht den Weg in die Macht ebnen“ dürfe. Merz laut „Welt“:
Wir arbeiten nicht mit einer Partei zusammen, die ausländerfeindlich ist, die antisemitisch ist, die Rechtsradikale in ihren Reihen, die Kriminelle in ihren Reihen hält – eine Partei, die mit Russland liebäugelt und aus der NATO und aus der Europäischen Union austreten will.“
Trotz dieser Kritik will AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel gegenüber der Union offenbar bei ihrer Haltung der ausgestreckten Hand bleiben. Angesprochen auf die derzeit aussichtslose Chance, selbst Regierungschefin zu werden, erklärte sie am Abend des 10. Februar im ZDF:
Wenn es ein Unionskanzler macht, dann soll er es tun. Aber Friedrich Merz wird seine Wahlversprechen niemals umsetzen können mit Grün-Rot. Und so ehrlich muss er sich machen. Das kann er letztendlich nur zusammen mit der AfD.“
Die Epoch Times bat die Pressestellen von Merz und Söder um eine Antwort auf die Frage, wo sie einen Ausweg sehen, falls die Union tatsächlich nicht allein mit der SPD regieren könnte. Sobald Antworten vorliegen, werden wir darüber berichten.
Letzter Ausweg FDP?
Ein Ausweg aus der Zwickmühle könnte für die Union darin bestehen, die FDP mit ihren 4,0 Prozent (konstant) doch noch über die Fünf-Prozent-Hürde zu hieven, sodass es für ein schwarz-rot-gelbes „Deutschland-Bündnis“ genügen würde.
Gerade diese Möglichkeit aber hatte CDU-Kanzlerkandidat Merz noch vor wenigen Tagen torpediert. Im Gegenteil empfahl er laut „Tagesschau“, die FDP am besten gänzlich leer ausgehen zu lassen: „Vier Prozent sind vier Prozent zu viel für die FDP und vier Prozent zu wenig für die Union“.
FDP-Chef Christian Lindner sei da ganz anderer Meinung gewesen: „Vier oder sechs Prozent für die FDP ändern maßgeblich etwas in der Republik“, zitiert die „Tagesschau“ den Ex-Finanzminister der Ampel. Denn dann wäre Schwarz-Grün im Bund wahrscheinlich keine Option mehr.
Auch der FDP-Generalsekretär und frühere Bundesjustizminister Marco Buschmann habe die Merz-Ansage zu einer Retourkutsche genutzt: „Wer sicher sein möchte, dass Friedrich Merz nicht wieder Robert Habeck zum Wirtschaftsminister macht, kann jetzt nur noch FDP wählen“.
Der FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer machte ebenfalls erst jüngst gegen „Kenia“ mobil: „Ein Bundestag ohne FDP kann zu einer ganz neuen Koalition des Grauens kommen, die Steigerung der Ampel – Schwarz-Rot-Grün“, so Meyer gegenüber der „Bild“ (Bezahlschranke).
Schwarz-Rot beliebteste Option unter den Wählern
Nach Informationen von n-tv wäre ein Regierungsbündnis zwischen CDU/CSU und SPD bei 43 Prozent aller Wähler derzeit die beliebteste Lösung. Das habe eine eigens in Auftrag gegebene Forsa-Umfrage ergeben. Demnach wären unter den SPD-Anhängern 81 Prozent dafür, unter den Unionswählern immerhin 53 Prozent. Nur 28 Prozent der Wähler von CDU oder CSU würden ein schwarz-grünes Bündnis bevorzugen.
Unter allen Wahlberechtigten hielten auch lediglich 33 Prozent Schwarz-Grün allein für die beste Option. 17 Prozent sähen es am liebsten, wenn die Union die „Brandmauer“ aufgeben und mit der AfD koalieren würde.
Unter den AfD-Anhängern würden es 92 Prozent gerne sehen, wenn ihre Partei an der Seite der Union erstmals in bundesweite Regierungsverantwortung käme. Die CDU- und CSU-Wähler würden dem nur zu 13 Prozent zustimmen.
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