Zwei Jahre nach der Ahrtal-Flut: Streit im Landtag entbrannt
Vor gut zwei Jahren ereignete sich die Flutkatastrophe im Ahrtal. Extremer Starkregen forderte in Rheinland-Pfalz 136 Todesopfer – und spülte über Nacht ganze Existenzen weg. Der Wiederaufbau ist bis heute noch lange nicht beendet.
Über die Entwicklungen und weiteren Vorgehensweisen debattierte der rheinland-pfälzische Landtag am Mittwoch, 19. Juli, in einer Plenarsitzung. Kritik am Aufbauprozess der Regierung kam von CDU, AfD und den Freien Wählern.
Dreyer für Fortsetzung des Wiederaufbaus
Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) erklärte, dass sich bis zum 14. Juli 2021 niemand eine bis zu zehn Meter hohe Flutwelle dort habe vorstellen können. „Unsere Gedanken sind auch heute bei den 136 Toten und bei allen, die durch die Wassermassen ihre Liebsten, ihr Zuhause oder ihren Betrieb verloren haben.“
Als Ministerpräsidentin habe sie versprochen, dass das Land die Betroffenen zu keiner Zeit vergessen werde, berichtet der SWR. „Dieses Versprechen leitet uns.“ Die Menschen und die Betriebe im Ahrtal könnten sich auf einen nachhaltigen und zukunftsstarken Wiederaufbau verlassen. Laut der SPD-Politikerin sollen die betroffenen Kommunen das notwendige Geld für den Wiederaufbau kontinuierlich erhalten.
Neues Amt für Brand- und Katastrophenschutz
Dreyer will nun „den Wiederaufbau mit aller Kraft unterstützen und den Katastrophen- und Hochwasserschutz neu aufstellen.“ Daher werde zum 1. Januar 2025 ein Landesamt für den Brand- und Katastrophenschutz errichtet. Dieses wird dann direkt dem Innenministerium unterstellt sein, wie die „Zeit“ berichtet.
Für die Anschaffung von geländegängigen und wasserdurchfahrtsfähigen Einsatzfahrzeugen habe das Land bereits im vergangenen Jahr ein Sonderförderprogramm auf den Weg gebracht. Zudem würden über 30 Millionen Euro in zwei technisch exzellent ausgerüstete Polizeihubschrauber investiert.
Zwei Jahre nach der Flut lägen im Ahrtal Licht und Schatten noch eng beieinander. Wichtige Brücken und Straßen seien inzwischen wieder befahrbar. Die digitale Infrastruktur schreite voran, der Tourismus ziehe wieder an und unter den Winzern sei eine Aufbruchstimmung spürbar, berichtete Dreyer. „Vieles ist bereits gelungen, doch ich kann diejenigen gut verstehen, denen es trotzdem noch zu langsam geht.“
CDU: Regierung hat zu wenig getan
Diese Ansicht haben praktisch alle Oppositionsvertreter, berichtet der „Volksfreund“. „Wir werfen Ihnen nicht vor, nichts zu tun. Aber wir werfen Ihnen vor, zu wenig getan zu haben“, kritisierte etwa CDU-Fraktionschef Gordon Schnieder in Richtung Dreyer. „Sie stehen bei den Menschen im Ahrtal im Wort. Machen Sie den Wiederaufbau wirklich zu Ihrem Regierungsschwerpunkt.“
Viele Betroffene klagten heute nach wie vor über endlose Antragsverfahren und immer neue Gutachten, die von ihnen verlangt würden. Von rund 15 Milliarden Euro Wiederaufbauhilfen in Rheinland-Pfalz seien lediglich rund eine Milliarde ausbezahlt, mahnte Schnieder. Von den Wiederaufbaumitteln seien nur 38 Prozent ausgezahlt. Bei den privaten Spendengeldern sehe es kaum besser aus.
Das Kabinett stehe laut „Süddeutsche“ für ein schwerwiegendes Staats- und Organisationsversagen während und nach der Flut. Schnieder warf der Ministerpräsidentin vor, sich bislang nicht in aller Deutlichkeit bei der Bevölkerung im Ahrtal entschuldigt zu haben. „Dabei warten die Menschen so sehr darauf.“
Ich lebe in RLP.
Bisher genoss Malu Dreyer parteiübergreifend Akzeptanz…das hat sich durch die Ahrtal Katastrophe geändert. Ihre Zeit ist abgelaufen.
Die AfD RLP gilt als relativ moderat – im Vergleich zum Osten.
— Carsten G (@CarstenGermer) July 20, 2023
AfD und CDU: Dreyer soll zurücktreten
Auch der AfD-Fraktionschef Michael Frisch bemängelte, dass nach zwei Jahren längst nicht alles getan sei. Es seien zusätzliche Anreize für den Wiederaufbau nötig. Er sprach von Staatsversagen und forderte Dreyer auf, von ihrem Amt zurückzutreten. Bereits im März dieses Jahres forderten AfD und CDU Dreyer zum Rücktritt auf.
Wieder ein Totalversagen der Politik von Frau Dreyer.
Das Föderale System blockiert sich selbst.
Der Dumme mal wieder der Bürger.https://t.co/VKYJQcNovJ— lookforward (@MW34984895) July 13, 2023
Ähnliche Worte kamen vom Fraktionschef der Freien Wähler, Joachim Streit. Er sagte, die Landesregierung müsse die politische Verantwortung übernehmen. Es gehe aber nicht um den Rücktritt der Regierungschefin. Dreyer sollte jedoch die Debatte im Landtag nutzen, um eine Entschuldigung auszusprechen.
Die verheerende Flutkatastrophe ereignete sich in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021. Die Warnungen des Wetterdienstes kamen nicht bei allen Menschen an – die meisten wurden von den Fluten überrascht. Forscher warfen den deutschen Behörden „monumentales Systemversagen“ vor. Die Wassermassen beschädigten oder zerstörten Tausende Häuser, etliche Straßen und Brücken. Auch im benachbarten Nordrhein-Westfalen starben durch das Hochwasser 49 Menschen.
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