Zwei Jahre Leuchtturm ARD: 100. Mahnwache vor Medienhäusern
Seit zwei Jahren wird vor Sendeanstalten und Medienanstalten im Wochenrhythmus demonstriert. Gefordert wird von der Bürgerinitiative „Leuchtturm ARD“ eine umfassende Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) in Deutschland. Initiativen aus der Schweiz und Österreich haben sich angeschlossen.
Auf ihrer Website schreibt „Leuchtturm ARD“: „Wir sind klare Befürworter der Beitragspflicht für einen multipolaren ÖRR der Zukunft als gesellschaftliche Verpflichtung“ und „Mit unseren Mahnwachen und unserem Medien-Dialog Angebot fordern wir einen fairen und offenen Diskurs am runden Tisch. Mit kritischem Journalismus gelingt eine friedlichere Welt!“
100 Mahnwachen in zwei Jahren
In teilweise bis zu 50 Städten haben sich seit der Corona-Zeit Mitglieder der Bewegung vor Medienhäusern positioniert. Fokus der Mahnwachen sind die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten. Der erklärte Wille der Demonstranten: den Dialog zu eröffnen und mit Mitarbeitern ins Gespräch zu kommen. Dazu wurden Runde Tische angeboten, Briefe an die Intendanten der Rundfunkanstalten abgegeben und öffentlich an die Verpflichtung zu ethischen Grundsätzen des Pressekodexes erinnert.
Der Filmproduzent Jimmy C. Gerum ist eine Schlüsselfigur der Initiative. Leuchtturm ARD arbeitet inzwischen mit mehreren Partnerorganisationen und Plattformen zusammen. Das Fazit der Initiatoren zur 100. Mahnwache:
Seit zwei Jahren wird uns der faire demokratische Diskurs über die Fehlentwicklungen in unserer Gesellschaft verweigert. Wo ist die Demokratie, wenn man sie wirklich braucht?“
Aufklärung zum Reformbedarf beim ÖRR
Was mit der Ansprache der Öffentlich-Rechtlichen begann, hat sich innerhalb der letzten zwei Jahre ausgeweitet. Zusätzlich zu den Mahnwachen vor den ÖRR-Standorten entstanden auch ebensolche vor Zeitungsverlagen. „Die werden zwar nicht von uns von den GEZ-Gebühren bezahlt, aber die zählen ja genauso“, so Anne Krämer, die als Hauptorganisatorin von Anfang an bei der Kölner Initiative dabei war. Zusammen mit anderen Mitstreitern steht sie seitdem donnerstags vor dem WDR-Hauptgebäude am Apellhofplatz in Köln oder in der nahe gelegenen Fußgängerzone.
„Wenn wir uns mit den Plakaten vor den WDR platziert hatten, schauen die ankommenden Mitarbeiter oft beschämt weg und flitzten durch den Nebeneingang. Doch es gab auch welche, die kurz sagen ‚Danke, dass Sie hier stehen‘ und ‚Aber sorry. Ich brauche meinen Job’. Das war’s dann auch schon mit den Gesprächen. Immer wenn wir vor Ort waren, haben wir einen Brief an den Intendanten des WDR übergeben, mit einer Einladung zum ‚Runden Tisch‘.“
In einigen Landes- und Regionalstudios und mit einzelnen Journalisten hat es einen Austausch gegeben. Laut „Leuchtturm ARD“ fanden in den vergangenen zwei Jahren über 20 Sondierungsgespräche mit NDR, BR, RBB und privaten Zeitungen statt. Viele Themenbereiche seien dabei angesprochen worden. Dabei sei deutlich geworden, dass verantwortlichen Redakteuren wichtige Sachverhalte oft nicht gewärtig waren, insbesondere solche über geopolitische Zusammenhänge.
„Wieso, wir machen doch unseren Job!“
Das entspricht auch Anne Krämers Erfahrungen: „Es kam am Ende immer nur heraus ‚Wieso, wir machen doch unseren Job!‘ Von Julian Assange angefangen über die Thematik des 11. September bis hin zum Umgang mit Corona waren sie sich überhaupt nicht im Klaren, was wir ihnen vorwerfen, oder was wir ihnen da an Fakten vorgelegt haben.“
Dass die ÖRR-Mitarbeiter tatsächlich in Bezug auf diese Themen völlig ahnungslos gewesen sind, hat Krämer überrascht. Umso merkwürdiger findet die Mahnwächterin, dass Redakteure „dabei total selbstbewusst sind in ihrem Glauben. Kein Unrechtsbewusstsein, keine Selbstreflexion, selbst nach diesen Runden Tischen.“ Gleichzeitig würden die Mitarbeiter allerdings nicht verstehen, warum so viele Menschen Angebote des ÖRR nicht mehr schauen möchten.
Ab Mitte 2023 hat die Kölner Mahnwache einen Standortwechsel vollzogen. Vom WDR-Hauptgebäude ging es auf die belebte Fußgängerzone Breite Straße. Denn dort könne man die Bevölkerung besser informieren über die Nichteinhaltung des Medienstaatsauftrags der öffentlich-rechtlichen Medien.
Doch in der Fußgängerzone wurden Krämer und ihre Mitstreiter von Gegendemonstranten immer wieder bedrängt, als Nazis bezeichnet und wegen eines fehlerhaften Impressums auf einem mitverteilten Flyer angezeigt. Die dreifache Mutter, die auch in der Partei „Die Basis“ tätig ist, musste deshalb im Mai dieses Jahres vor Gericht. Verteidigt hat sie sich selbst. Schlussendlich wurde sie zur Zahlung von 100 Euro für die fehlenden Impressen verurteilt, zuzüglich der Gerichtskosten.
In ihrem Plädoyer vor dem Amtsgericht Köln erwähnte Krämer ihre ostdeutschen Wurzeln, die ihre Antennen für Unrecht geschärft hätten: „Haben wir echt keine anderen Probleme in unserer Gesellschaft als ein fehlendes Impressum auf Flyern? […] Seit März 2021 bin ich aktiv auf der Straße mit der berechtigten Forderung für die Einhaltung der Grundrechte, für Frieden und Demokratie.“
Sechs Polizisten in voller Montur
An dem Tag der Krämer vorgeworfenen Tat war es so, dass niemand von der Polizei kam, um die angemeldete Mahnwache zu schützen, berichtet Krämer: „Stattdessen ist nach einer Stunde ein Polizeifahrzeug vorgefahren und es sprangen sechs, ich wiederhole sechs Polizisten in voller Montur heraus. Es fehlten nur noch die schwarzen Helme.“ Sie sprachen kurz mit der Ansprechpartnerin der lautstarken Störer bei der Antifa-Gegendemo, die den Beamten die Richtung zu Anne Krämer und ihren zwei Mitstreitern wies.
„Das hatte schon etwas sehr Bedrohliches, fast Skurriles. Mitten am Tag, auf offener Straße, wo wir uns in friedlichen Gesprächen mit Passanten befanden, von sechs bewaffneten Polizisten umringt zu werden“, berichtet Krämer. Diese drehten dann sämtliche Flyer herum, die auf einem Tisch waren und beanstandeten vier wegen fehlendem Impressum.
„Wie verhältnismäßig ist es, wenn eine Anzeige für eine politische Auseinandersetzung missbraucht wird, wenn Argumente fehlen?“, fragte Anne Krämer in ihrem Plädoyer vor Gericht.
Wo bleiben grundlegende Reformen?
„Mein fester Eindruck ist: Deutschland scheint uns in zehn Jahren nicht mehr in dem Umfang zu wollen – und auch finanzieren zu wollen wie heute“, sagte Tom Buhrow vor zwei Jahren bei einer Veranstaltung in Hamburg. Von einer grundlegenden Erneuerung ist jedoch bis heute wenig zu spüren.
Kai Gniffke, der auf Buhrow folgende ARD-Chef, versicherte Anfang des Jahres, die Verantwortlichen seien sich bewusst, dass es erhebliche Reformen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk geben müsse. Dies mündet momentan in mehr Mittel für den Ausbau digitaler Angebote mit regionalem Profil.
Wende bei der Rundfunkbeitragspflicht?
Hunderttausende Bürger verweigern mittlerweile den Rundfunkbeitrag (früher GEZ-Gebühr) von 18,36 Euro im Monat zu zahlen. Gegen diese Menschen laufen Verfahren. „Leuchtturm ARD“ hat über 200 bundesweite Verwaltungsgerichtsprozesse begleitet. Im vergangenen Jahr hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) mit einem Urteil vom 17. Juli 2023 entschieden, dass die Rundfunkbeitragspflicht besteht, auch wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk wegen mangelnder Programm- und Meinungsvielfalt seinen verfassungsmäßigen Auftrag verfehle.
Mit der Entscheidung wies das Gericht in zweiter Instanz die Klage einer Frau aus dem Landkreis Rosenheim ab. Sie war juristisch gegen die Festsetzung von Rundfunkbeiträgen für ihre Wohnung vorgegangen. Einer Revision wurde nicht stattgegeben.
Die Kanzlei Friedemann Willemer hat gegen die Entscheidung geklagt. Das Bundesverwaltungsgericht hat nun mit dem Beschluss vom 23. Mai 2024 – BverwG 6 B 70.23 (6 C 5.24) – 7 BV 22.2642 – die Revision zur Klärung zugelassen:
„Das Revisionsverfahren kann Gelegenheit zur Klärung der Frage geben, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen gegen die Beitragserhebung geltend gemacht werden kann, der Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, ein der Vielfaltssicherung dienendes Programm anzubieten, werde strukturell verfehlt, so dass es an einem individuellen Vorteil fehle“, so das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss, der Epoch Times vorliegt.
Jimmy C. Gerum teilte dazu in einer Pressemeldung von „Leuchtturm ARD“ mit: „Das eröffnet uns ein spannendes Verfahren, in dem wir unsere Argumente für die aktuelle Nichterfüllung des verfassungsrechtlichen Funktionsauftrages des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ausführlich vor dem Bundesverwaltungsgericht vortragen können.“
Teil der Lösung, die vom Volk ausgehen muss
Für Anne Krämer ist dies ein Hoffnungsschimmer. Sie sieht in „Leuchtturm ARD“ „nicht die Allroundlösung, sondern einen Teil der vielen Nadelstiche, die wir geben müssen. Ob über Demos, über Mahnwachen, über Beitragsstopp, wir können alle nur als kleines Rädchen beim großen Rad mitdrehen, so die dreifache Mutter: „Ein Teil der Lösung, die vom Volk ausgehen muss.“
Doch der Hauptteil der Deutschen scheint dem ÖRR noch überwiegend zu vertrauen. Das sagen die Ergebnisse der vom WDR selbst in Auftrag gegebenen Studie „Glaubwürdigkeit der Medien 2023“. Demnach haben mit 53 Prozent die Mehrheit der Befragten dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk 2023 ein (sehr) großes Vertrauen entgegengebracht. Mit 44 Prozent gaben aber auch fast die Hälfte an, wenig oder gar kein Vertrauen in die Institution zu haben.
Laut dem Reuters Institute Digital News Report war die Tagesschau der ARD die vertrauenswürdigste Nachrichtenquelle der Deutschen im Jahr 2023, gefolgt von ZDF-heute.
Tropfen für Tropfen ins Fass
„Leuchtturm ARD“ möchte sich weiter dafür engagieren, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk reformiert wird. „Unsere unabhängige Bürgerinitiative möchte hier Brücken bauen und die demokratischen Grundsätze eines offenen Diskurses auf Augenhöhe einfordern. Es geht primär darum, das Vertrauen in eine funktionierende Gewaltenteilung wiederzugewinnen.“ Die Initiative hat deutschlandweit an Redaktionen „15 Fragen an den Journalismus“ gesendet. Laut Leuchtturm ARD sind diese seit einhundert Wochen unbeantwortet.
Gerade junge Menschen, die ich anspreche, nehmen wirklich dankbar das Wissen mit und auch die Flyer. Sie bedanken sich teilweise, dass wir das machen.“
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