Thüringen: Rot-Rot-Grün-Gelb kann Landtag allein nicht auflösen – Zweidrittel-Mehrheit fehlt
Nach nur einem Tag als Thüringer Ministerpräsident beugt sich Thomas Kemmerich (FDP) dem Druck aus Politik und Öffentlichkeit und will sein Amt abgeben. Er strebt eine Auflösung des Landtags an, die Hürden dafür sind relativ hoch.
Zunächst einmal ist es für einen Ministerpräsidenten aber auch jedem anderen Mitglied der Landesregierung möglich – laut Artikel 75 Absatz 1 der Landesverfassung – den Rücktritt zu erklären.
Zweidrittel-Mehrheit für Auflösung notwendig
Die vorzeitige Auflösung des Landtages hingegen müsse von einem Drittel der Abgeordneten des Landtages beantragt werden (Artikel 50 Absatz 2 der Thüringer Landesverfassung). In diesem Falle wären das 30 der insgesamt 90 Parlamentarier die dafür notwendig wären. Diesem Antrag müssen dann zwei Drittel – also 60 Abgeordnete – zustimmen.
Diese Hürde ist relativ hoch. Linke, SPD und Grüne haben 42 und die FDP noch einmal fünf Sitze. Das würde nicht reichen. Es wären damit weitere Stimmen von CDU oder AfD notwendig, um die Auflösung des Landtags zu beschließen.
Über den Antrag zur Auflösung darf laut Landesverfassung frühestens am elften und muss spätestens am 30. Tag nach Antragstellung abgestimmt werden. Ist der Antrag auf Auflösung des Parlaments erfolgreich, muss die vorzeitige Neuwahl binnen 70 Tagen stattfinden.
Sollte keine Mehrheit für eine Auflösung des Parlaments zustande kommen, will Kemmerich einen Vertrauensantrag stellen. Laut Artikel 74 der Landesverfassung ist der Vertrauensantrag abgelehnt, wenn ihm nicht mindestens 46 Abgeordnete und damit die Mehrheit des Landtags zustimmen.
Das Parlament hat dann Zeit, binnen drei Wochen einen neuen Ministerpräsidenten zu wählen. Ansonsten werden Neuwahlen angesetzt.
Konstruktives Misstrauensvotum kann Neuwahl abwenden
Um eine Neuwahl des Landtages abzuwenden kann eine Fraktion oder ein Fünftel der Abgeordneten ein konstruktives Misstrauensvotum beantragen. Artikel 73 legt fest, dass der Landtag dem Ministerpräsidenten das Misstrauen nur dadurch aussprechen kann, indem er mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt.
Für die Wahl eines neuen Regierungschefs wären damit wieder mindestens 46 der 90 Stimmen nötig. Linke, SPD und Grüne haben nur 42 Mandate und könnten den von Kemmerich am Mittwoch aus dem Amt gestürzten Bodo Ramelow (Linke) nicht allein wählen. Sie bräuchten dazu Stimmen der anderen Parteien. Zwischen dem Antrag und der Wahl müssen mindestens drei, höchstens aber zehn Tage liegen.
Die Regierungsgeschäfte kann laut Artikel 75 Absatz 3 der Thüringer Landesverfassung der Ministerpräsidenten und die gesamte Landesregierung bis zu einer Entscheidung und dem Amtsantritt eines neuen Ministerpräsidenten fortführen. Damit führt Kemmerich selbst nach seinem Rücktritt die Amtsgeschäfte vorerst weiter.
Die ehemaligen Minister der rot-rot-grünen Regierung von Ramelow sind seit der Wahl von Kemmerich am Mittwoch nicht mehr im Amt. Da keine neuen Minister ernannt wurden werden die Amtsgeschäfte der Ministerien derzeit von den Staatssekretären geführt. (afp)
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