Zuverdienst, Hartz IV und das Konzept der FDP für ein „liberales Bürgergeld“

Die FDP-Fraktion hat ein eigenes Reformkonzept für Hartz IV vorgestellt. Zentral sei, die "geradezu grotesk demotivierenden" Zuverdienstregeln zu ändern.
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Viele Menschen jobben als Lagerhelfer oder Picker in einem Logistikcenter.Foto: Baloncici/iStock
Epoch Times21. Februar 2019

In der Debatte über die Zukunft von Hartz IV meldet sich die FDP-Fraktion mit einem eigenen Reformkonzept zu Wort. Sie will Betroffenen unter anderem mehr Zuverdienstmöglichkeiten geben, da die jetzigen Regeln „geradezu grotesk demotivierend“ wirkten, wie der Arbeitsmarktexperte der Fraktion, Johannes Vogel, am Donnerstag in Berlin sagte. Die Grünen warfen den Liberalen vor, das Thema Armut auszuklammern.

Vogel sagte, viele Hartz-IV-Empfänger wollten und könnten auch arbeiten, würden aber „vielfach demotiviert“. Dies gelte gerade bei der Anrechnung von selbst verdientem Geld auf die Hartz-IV-Leistungen. Diese müssten so gestaltet werden, „dass es sich für jeden immer auszahlt, wenn er arbeitet.“

Konzept für ein „liberales Bürgergeld“

Das Konzept für ein „liberales Bürgergeld“ sieht außerdem vor, mehrere Sozialleistungen zusammenzulegen, wie der sozialpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Pascal Kober, ausführte. Arbeitslosengeld II, die Kosten für Unterkunft und Heizung, das Wohngeld und der Kinderzuschlag sollten zusammengefasst werden, um das „nervenaufreibende Ämter-Hopping“ zu beenden.

Kober forderte daneben eine bessere Betreuung der Hartz-IV-Bezieher. Wer seine Einkünfte aus einem sozialversicherungspflichtigen Job mit Arbeitslosengeld II aufstocken müsse, solle künftig durch die Arbeitsagentur und nicht mehr durch das Jobcenter betreut werden. Dadurch hätten die Jobcenter für die anderen Hartz-IV-Empfänger mehr Zeit.

Wichtig sei auch, die „Lebensleistung“ der Betroffenen stärker anzuerkennen, sagte Kober. Sie sollten mehr Vermögen als bisher behalten dürfen und in selbstgenutzten Immobilien wohnen bleiben können. Auch teurere Autos sollten nicht mehr verkauft werden müssen.

Jobcenter sollten gezielte auf Arbeitgeber zugehen

Von den Jobcentern forderte Kober eine „Kaltakquise“ von Arbeitsplätzen: Die Betreuer müssten gezielt auf Arbeitgeber zugehen und dort um Jobs für Hartz-IV-Empfänger werben. Verbessert werden müssten außerdem die Qualifizierungsmöglichkeiten für Betroffene.

Kober betonte, die FDP lehne Hartz IV nicht per se ab. Auch am System der Sanktionen bei Pflichtverletzungen wollten die Liberalen festhalten und lediglich einzelne Komponenten „abmildern“.

Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Wolfgang Strengmann-Kuhn, lobte das FDP-Konzept stellenweise. „Die Analyse, dass zusätzliche Erwerbsarbeit zu wenig belohnt wird, ist richtig“, sagte er der Nachrichtenagentur AFP. „Aber eine Alternative zu Hartz IV muss auch Armut und Ungleichheit spürbar reduzieren“, mahnte Strengmann-Kuhn. „Das ist bei dem Vorschlag der FDP nicht der Fall.“

Den Linken geht der Reformvorschlag „Bürgergeld“ nicht weit genug

Über den weiteren Umgang mit dem Hartz-IV-System wird seit Monaten diskutiert. Die SPD, unter deren Kanzler Gerhard Schröder die Hartz-IV-Reformen umgesetzt wurden, will das bisherige Arbeitslosengeld II ebenfalls durch ein „Bürgergeld“ ersetzen. Laut einem Beschluss des Parteivorstands vor eineinhalb Wochen sollen dabei die Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger zum Teil gestrichen werden.

Der Linken geht dieser Reformvorschlag nicht weit genug. Sie will unter anderem die Abschaffung aller Sanktionen und höhere Hartz-IV-Sätze. Dagegen warnt die Union davor, die Sanktionsmöglichkeiten abzuschaffen. Das Prinzip „Fördern und Fordern“ im Umgang mit Arbeitslosen müsse erhalten bleiben. (afp)



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