Zusammenbruch des Kommunismus begann in Polen

Jede Diktatur, sei sie rechts oder links stehend, weckt Widerstand. Dieser ist oftmals verbunden mit großen persönlichen Opfern. Die Diktaturen der kommunistischen Ideologien in Osteuropa wurden von innen bekämpft und aufgelöst, mit Opfern und Verzicht auf ein ruhiges Leben. Mit langer Zeit der Zweifel, der Angst, der Verfolgung. Die historische Wahrheit dieser Mutigen und ihrer Peiniger ist längst nicht ausreichend erforscht und gewürdigt.
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Foto: Leon Neal/AFP/Getty Images
Von 17. November 2009

Vor zwanzig Jahren wurde die Berliner Mauer, die als Symbol des Eisernen Vorhangs die Welt in zwei Machtblöcke – die freie Welt und den kommunistischen Block – teilte, von den in Ostdeutschland lebenden Menschen eingerissen.

Dieses lang erwartete Ereignis war die Verwirklichung der ersehnten Wünsche der Ostdeutschen, von der Kontrolle ihres Denkens befreit zu werden – vom Verbot, sich in beiden Teilen Berlins frei zu bewegen, sowie der Redefreiheit und des freien Austauschs von Ideen, Ansichten und Meinungen.

Der spektakuläre Fall der Berliner Mauer, der gerade zum 20. Mal wieder gefeiert wurde, hatte viele verschiedenartige mutige Bewegungen als Vorläufer in den einzelnen Ostblockstaaten. Was bis heute gern vergessen wird ist die Tatsache, dass zwar der Kalte Krieg beendet wurde, dass aber in China und Nordkorea weiterhin kommunistische Diktaturen das Sagen haben, und dass es dort ebenso viele mutige, selbstständig denkende und handelnde Menschen im Widerstand gibt.

Die Berliner Mauer, die über 28 Jahre lang ein Symbol des Schreckens und eine Warnung an diejenigen darstellte, die es wagten von Freiheit zu träumen, und blutbefleckt war von denjenigen, die in ihrem verzweifelten Streben nach Freiheit den Mut hatten, sie zu überwinden, wurde in wenigen Monaten abgebaut. Welche Ereignisse führten dazu?

Die „Solidarität“ wird gegründet

Der erste symbolische Riss in der Berliner Mauer zeigte sich, als das Einverständnis erreicht wurde, dass die polnischen Arbeiter das Recht bekamen eine vom kommunistischen Regime unabhängige Gewerkschaft hinter dem Eisernen Vorhang zu gründen. Das Abkommen wurde am 31. August 1980 in Polen in der Werft von Gdansk unterzeichnet, wodurch ein friedlicher Streik von 17.000 Werftarbeitern beendet wurde.

Seit der Gründung des Kommunismus in Osteuropa hatten die von kommunistischen Regimen unterdrückten Menschen versucht sich gegen ihre Unterdrücker zu wehren. Ihre heldenhaften Anstrengungen waren von den Regimen durch den Einsatz von Militär oder Bereitschaftspolizei niedergeschlagen worden. Der Streik der Schiffbauer in Polen im August 1980 war der erste Erfolg im Kampf gegen ein kommunistisches Regime in Osteuropa.

Die polnische Opposition entwickelte sich 1956 am Ende der Stalin-Ära. Die Intellektuellen bildeten Untergrundgruppen, um nach Möglichkeiten zu suchen die Gesellschaft von der kommunistischen Unterdrückung zu befreien, um geheime Berichte und Zeitungen zu veröffentlichen. Man wollte auf diesem Weg die tatsächlichen Nachrichten an die Bevölkerung bringen, die von der kommunistischen Propaganda verfälscht oder verheimlicht wurden. Und man wollte sein politisches Programm etablieren. Trotz der Gefahr von Verhaftung und Verfolgung füllten sich die Reihen der Opposition. Ihre Arbeit wurde zum Fundament für den Erfolg des Streiks im Jahr 1980.

Ein weiterer Faktor, der zum Erfolg des Streiks beitrug, war der starke religiöse Glauben in der polnischen Gesellschaft. Die Kommunisten konnten ihn niemals zerstören. Die Wahl im Jahr 1978 von Johannes Paul dem Zweiten, des Polen Karol Józef Wojtyla, stärkte den Glauben des polnischen Volkes noch mehr und gab ihm Hoffnung und Mut. Der Papstbesuch in Polen 1979 und seine berühmten Worte „Fürchtet euch nicht!“ einigte das polnische Volk und erhöhte seine geistige Einstellung.

Seit der Gründung des Kommunismus hatte es viele Massenproteste, Streiks und Demonstrationen gegeben, die vom polnischen Volk ausgingen und gegen das kommunistische Regime gerichtet waren. Sie wurden jedoch alle gewaltsam niedergeschlagen und endeten in Blutvergießen.

Ein Beispiel für ein solches Vorgehen war der Streik in Gdansk von 1970, bei dem Arbeiter die Strassen besetzten und der Streik zu Zusammenstößen mit der Polizei führte. Schließlich wurden viele Arbeiter verletzt oder getötet. Die Menschen lernten aus dieser Erfahrung, dass die beste Waffe gegen gut ausgebildete und bewaffnete Polizei-Spezialeinheiten und militärische Gewalt ein friedlicher Streik ist, der auf das Gelände der Fabrik beschränkt ist.

Einige Wochen nach dem Sieg in Gdansk wurde eine selbstregierende Gewerkschaft namens „Solidarność“ (Solidarität) gegründet. Sie wuchs schnell und die Anzahl ihrer Mitglieder wurde auf acht Millionen geschätzt. Sie war mehr als nur eine Gewerkschaft. Sie wurde auch zu einer gesellschaftlichen Bewegung, die die ganze Gesellschaft vereinte und sich allmählich auch an politischen Diskussionen beteiligte.

Das Kriegsrecht

Aber die kommunistische Regierung gab nicht auf. Kurz nach der Unterzeichnung des Abkommens mit den Gdansker Werftarbeitern im Jahr 1980 begannen die Behörden der kommunistischen Partei sich darauf vorzubereiten das Kriegsrecht über Polen zu verhängen.
Das Verhältnis zwischen den Behörden und der Solidarność wurde immer angespannter. Der Wendepunkt war ein Ereignis in der polnischen Stadt Bydgoszcz. Polnische Bauern wollten ihre eigene, sich selbst regierende Gewerkschaft von unabhängigen Landwirten gründen. Die kommunistischen Behörden weigerten sich ihre Organisation zu legalisieren. Die Bauern in Bydgoszcz riefen auf dem Gelände der von der Partei kontrollierten Organisation einen Streik aus. Deshalb kam es zum Konflikt.

Die Vertreter der Solidarność, Jan Rulewski und Mariusz Labentowicz, sowie ein Vertreter der neuen unabhängigen Gewerkschaft der Landwirte, Michal Bartoszcze, besuchten die Sitzung des Provinzrats, um den unabhängigen Landwirten die Situation zu erläutern. Mitten in der Sitzung entschlossen sich der Vorsitzende und einige Ratsmitglieder die Sitzung zu schließen und verließen den Raum. Eine Spezialeinheit der Polizei brach in das Gebäude ein und schlug brutal auf die Aktivisten der Solidarność ein, die wegen der erlittenen Verletzungen in ein Krankenhaus eingeliefert werden mussten.

Das kommunistische Regime vervollständigte seine Vorbereitungen zur Verhängung des Kriegsrechts und wartete auf die Gelegenheit hart vorzugehen und die Bewegung zu zerschlagen. Aus dem Zusammenhang gerissene Zitate aus Reden, bei einem Vorstandstreffen der Solidarność gehalten und elektronisch überwacht, wurden als Vorwand benutzt.

Das Kriegsrecht wurde am 13. Dezember 1981 über Polen verhängt und Tausende von Aktivisten der Solidarność wurden verhaftet und ohne Anklage festgehalten; einige von ihnen wurden getötet. Die Bürgerrechte des Volkes wurden stark eingeschränkt.

Das polnische Volk antwortet

Obwohl es sich hilflos fühlte, zeigte das polnische Volk wo es stand. Nach der Verhängung des Kriegsrechts sank die Popularität der Polnischen Kommunistischen Partei (Vereinigte Polnische Arbeiterpartei). 850.000 Parteimitglieder, die von der kommunistischen Regierung enttäuscht waren, zogen ihre Mitgliedschaft zurück. Unter ihnen waren 36 Prozent der Fabrikarbeiter. Viele Mitglieder warfen ihre Mitgliedsbücher öffentlich weg und nahmen an Streiks und Protesten teil. Das Kriegsrecht wurde im Juli 1983 wieder aufgehoben.

Die Solidarność erklärte auch dann immer ihren Willen, die Gespräche mit dem kommunistischen Regime wieder aufzunehmen, als ihre Organisation während der Jahre des Kriegsrechts verboten war. Die Gespräche begannen jedoch nicht vor Februar 1989. Im April 1989 wurde am Runden Tisch ein Kompromiss erzielt, der es erlaubte, dass das halbe Parlament und der ganze Senat demokratisch gewählt wurden. Die Wahl vom 4. Juni 1989 jagte eine Schockwelle durch die kommunistischen Behörden. Die Kandidaten der Solidarność gewannen alle für sie erreichbaren Parlamentssitze einschließlich des ganzen Senats.

Diese Ereignis bahnte den Weg für den Zusammenbruch des Kommunismus in anderen Ländern des Ostblocks, was zum Fall der berüchtigten Berliner Mauer führte.

In Bulgarien: Erforschen der Vergangenheit

Hristo Hristov ist Journalist bei der Dnevnik Daily. Gegenwärtig versucht er Bulgarien dazu zu bewegen, die Archive der Geheimpolizei aus der Zeit des Kommunismus zu öffnen.

„Das Hauptproblem bei diesen Aufzeichnungen besteht darin, Zugang zu ihnen zu bekommen“, erklärte er. „Es ist wichtig zu erwähnen, dass ich trotz dem ganzen Druck einen Prozess vor Gericht gewonnen habe, die Archive der Geheimpolizei zu öffnen, die Top Secret-Archive aller aus dem ehemaligen kommunistischen Regime. Bulgarien hat einen Präzedenzfall dafür geschaffen, wie man einen solchen Prozess gewinnt. Kurioserweise erfolgte der Auftakt zu diesem Prozess Monate bevor Bulgarien zur EU zugelassen wurde.“

Das Ganze habe 15 Jahre gedauert, sagte Hristov. „Es war ein langer Weg bis zu diesem Tag und im Vergleich zu anderen Ländern waren wir viel langsamer.“ Teilweise lag es daran, dass das kommunistische Regime in Bulgarien jeglichen Widerstand und jegliche Opposition erstickt hat, so Hristov. Niemand habe parteilos bleiben dürfen. „Darum ist es sehr schwer, eine Person des öffentlichen Lebens zu finden, die kein Agent gewesen ist.“

„Auch unser derzeitiger Präsident, Georgi Parvanov, ist ein ehemaliger Informant der Geheimpolizei. Zusammen mit Rumänien sind wir die letzten mit dem Begriff der Lustration, das heißt: Es gibt immer noch ein Verbot für ehemalige Agenten der Geheimpolizei, öffentliche Stellungen zu bekleiden. Das Führungsgremium für elektronische Medien, das die Aktivitäten von Radio- und Fernsehstationen reguliert, erlaube es Ex-Agenten nicht, Mitglieder zu werden. Man lässt auch keine Vorsitzenden in parlamentarischen Kommissionen zu, wenn sie bei der Geheimpolizei gedient haben.

Risikoreiche Recherche

Hristov ist ein Risiko eingegangen, als er versucht hat, das Archivmaterial ans Licht zu bringen. Er sagte: „Ich wurde dreimal beraubt und war gezwungen, meine Wohnung dreimal zu wechseln.“

„Folgende Regel gilt: Wenn du Angst zeigst, machen sie dich psychisch fertig. Aber wenn du fair spielst und den journalistischen Standards folgst, brauchst du keine Angst zu haben. In Bulgarien wagen nicht viele Journalisten für dieses Thema zu recherchieren.  Nach neuesten Berichten liegt einer der Gründe darin, dass es eine einhundertprozentige Präsenz von SS-Agenten in den privaten elektronischen Medien gibt, einschließlich ihrer Besitzer.“

Erschienen in The Epoch Times Deutschland Nr. 44/09

Original Artikel auf Englisch: http://www.theepochtimes.com/n2/content/view/24965/

Foto: Leon Neal/AFP/Getty Images


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