Zufallstreffer Coronavirus in Berlin: Hygiene-Experte kritisiert vorzeitige Entlassung des Patienten
Ein 22-jähriger Mann aus Berlin-Mitte wurde in der Nacht zum Sonntag in die Notaufnahme des Virchow-Klinikums Berlin eingeliefert. Seine Mitbewohner hatten den Rettungsdienst informiert. „Er war nicht so ganz bei sich“, sagte Professor Ulrich Frei, Vorstand der Berliner Charité. Der Patient sei verwirrt gewesen und hätte über Kopfschmerzen geklagt. „Kein Mensch dachte daran, dass er Corona haben könnte.“
Aus diesem Grund sei der Patient zunächst in die „neurologische Schiene“ geraten und wurde auf Hirnhautentzündung untersucht. Mit Punktion der Rückenmarksflüssigkeit und MRT sollte die Ursache geklärt werden. Aber alles war laut Frei „unauffällig“. Da der 22-Jährige über Gliederschmerzen klagte, wurde ein Influenza-Test gemacht. Negativ. In den Mittagsstunden wurde der Patient nach Hause entlassen.
Da seit einer Woche in Berlin bei allen Influenza-Tests eine Coronavirus-Diagnostik mit abgeklärt wird, konnte am Sonntagabend schließlich eine entsprechende Diagnose gestellt werden: Dieser Test war positiv. So landete der Mann erneut im Krankenhaus.
60 Kontakte des Mannes konnten von den Behörden ermittelt werden. Mitarbeiter des Rettungsdienstes stehen seither unter Quarantäne. Zudem müssen einige Mitarbeiter des Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin (BCRT) nun zu Hause bleiben. Der Mann hatte sich am Samstag dort impfen lassen. Die Kontaktpersonen werden nun alle auf das Coronavirus getestet.
Kritik für Entlassung des Patienten
„Die Tatsache, dass der Patient zwischendurch nochmal nach Hause geschickt wurde, finde ich persönlich etwas ungewöhnlich“, sagte Hygiene-Experte Klaus-Dieter Zastrow auf Nachfrage gegenüber „RBB“. Eigentlich hätte der Patient im Klinikum bleiben müssen, zumal er mit dem Notarztwagen dorthin gebracht worden war.
Wie viele Menschen der 22-Jährige in der Zeit zwischen seiner Entlassung und Wiederaufnahme angesteckt habe, wisse man aktuell nicht. Der bessere Weg, so Zastrow, wäre gewesen, den Patienten „die paar Stunden“ bis zum Vorliegen der Coronavirus-Auswertung in der Klinik zu behalten. So war der Patient außer Kontrolle.
Konfrontiert mit der Aussage Zastrow antwortete Professor Frei: „Professor Zastrow war schon immer schlauer als wir. Das kenne ich schon seit den letzten zehn Jahren.“ Das doppelte Testverfahren auf Influenza und Coronavirus sei noch keine Routine gewesen. Wäre man „wie üblich“ vorgegangen, wäre der Patient entlassen worden und „vielleicht heute noch unterwegs und würde andere Leute anstecken“.
Inzwischen hat die Berliner Charité ein gesondertes Testzentrum eingerichtet, um Verdachtsfälle auf das Coronavirus außerhalb des Krankenhauses prüfen zu lassen. So ist gewährleistet, dass die Notaufnahme der Klinik nicht wieder geschlossen werden muss, wenn ein Infizierter bestätigt wird.
Tests auf Coronaviren können grundsätzlich auch Hausärzte durchführen, allerdings „tun sich die Ärzte schwer, diese Untersuchung durchzuführen“, sagte Frei. Dort mangele es beispielsweise schon an der Schutzkleidung. Insoweit befinde man sich mit der Kassenärztlichen Vereinigung in der Diskussion.
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