200.000 Asylverfahren überwältigen Gerichte: Richterbund schlägt Alarm
Der Deutsche Richterbund schlägt wegen der zahlreichen Asylverfahren vor deutschen Gerichten Alarm. „Bei den Verwaltungsgerichten ist derzeit Land unter“, sagte der Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn der „Berliner Zeitung“ (Freitag-Ausgabe).
„Die Flut von Asylverfahren ist für viele Gerichte kaum zu bewältigen, die Prozesswelle dürfte in den nächsten ein bis zwei Jahren auch nicht abebben.“
In diesem Jahr müssten die Verwaltungsgerichte voraussichtlich rund 200.000 Asylverfahren bewältigen, während es 2015 lediglich etwa 50.000 Verfahren gewesen seien, so Rebehn.
500 Verwaltungsrichter fehlen – nicht genug Nachwuchs
„Die Arbeitsbelastung an den Gerichten ist also rasant gewachsen. Allein in Nordrhein-Westfalen fehlen nach den jüngsten Berechnungen des Justizministeriums rund 500 Verwaltungsrichter, mehr als doppelt so viele wie im Jahr 2016.“
Die Länder seien zwar bemüht, die Gerichte personell zu verstärken. Sie täten sich aber immer schwerer, in ausreichender Zahl gut qualifizierte Richter und Mitarbeiter für die Justiz zu finden. Und das, obwohl die Einstiegshürden für Bewerber teilweise schon gesenkt worden seien.
Künast: Verwaltungsgerichte sollen Berufungen und Sprungrevisionen zulassen
Die Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses, Renate Künast (Grüne), gab der Bundesregierung eine Mitschuld an den Zuständen. „Die große Koalition verweigert eine Reform der Rechtsmittel“, erklärte sie der „Berliner Zeitung“. „Sie glaubt, weniger Rechtsmittel würden schnellere Verfahren bedeuten. Das stimmt aber nicht.“
Die Grünen plädierten darum dafür, dass Verwaltungsgerichte Berufungen und Sprungrevisionen zulassen könnten bei Fällen von grundsätzlicher Bedeutung. Denn höchstrichterliche Rechtsprechung könne die Verfahren unterer Gerichte beschleunigen.
Dies verweigerten CDU, CSU und SPD jedoch. Also hingen immer mehr Verfahren bei den Verwaltungsgerichten fest, obwohl es um grundlegende Rechte wie die Familienzusammenführung gehe. Künast mahnte: „Wir brauchen weniger Populismus und mehr sorgfältige Arbeit.“ (dts)
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