Zu nah am Kreml? Mitarbeiter von AfD-MdB im Visier der Sicherheitsbehörden
Der AfD-Bundestagsabgeordnete Eugen Schmidt beschäftigt einen Mitarbeiter, der „enge Kontakte“ zum russischen Geheimdienst FSB unterhalten soll. Sein Name: Wladimir Sergijenko. Das geht aus einem Bericht des „Spiegel“ hervor. Auch die exilrussische Investigativplattform „The Insider“ hatte über den Fall berichtet.
Wie die „Bild“ unter Verweis auf die beiden Nachrichtenportale schreibt, soll Sergijenko als Inhaber sowohl eines deutschen, eines russischen als auch eines ukrainischen Passes Geld und Anweisungen aus Moskau erhalten haben. Ob er damit Einfluss auf Schmidt oder andere Parteimitglieder ausgeübt habe, sei unklar. Schmidt habe derartige Spekulationen auf „Spiegel“-Anfrage bereits zurückgewiesen: Er beschäftige den gebürtigen Ukrainer in seinem Büro „als Übersetzer und in der Medienarbeit“ im Rahmen „einer 120-Euro-Stelle“. Die „Natur seiner Aufgaben“ sei von daher „begrenzt“.
Auch Sergijenko selbst verneint, die AfD finanziell zu unterstützen oder „im Auftrag staatlicher Stellen Propaganda“ zu verbreiten. „In meiner Tätigkeit agiere ich stets unabhängig und bin ausschließlich meinem Gewissen verpflichtet“, zitiert ihn die „Bild“ unter Verweis auf den „Spiegel“-Artikel (Bezahlschranke). Seinen Lebensunterhalt verdiene er eigenen Angaben zufolge „als Autor und Journalist“, so die „Bild“.
AfD lehnt deutsche Rüstungsgüter für die Ukraine ab
Nach Informationen von „Zeit online“ soll Sergijenko versucht haben, die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine auf juristischem Weg zu stoppen oder zumindest zu verzögern. Im Frühjahr 2023 habe er per Chat mit einer nicht abschließend identifizierten „Kontaktperson in Russland“ um eine monatliche Unterstützung von über 25.000 Euro gebeten, um die „Anwalts- und Repräsentationskosten“ für den Klageweg bezahlen zu können.
Unklar sei, ob jene „Organklage“ der AfD, die die AfD am 4. Juli 2023 beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eingereicht hatte, damit zu tun haben könnte. Dabei ging es unter anderem um deutsche Panzerlieferungen in die Ukraine, die nach Meinung der AfD höchstens unter Beteiligung des Bundestages erfolgen dürfe. Nach Informationen der „Berliner Morgenpost“ bestreitet die AfD „einen Zusammenhang zwischen ihrer Klage und dem Vorhaben Wladimir Sergijenkos“. Die Kosten für die Organklage seien von der Fraktionskasse abgedeckt worden. Zum Stand der Dinge in Karlsruhe war bis Redaktionsschluss nichts in Erfahrung zu bringen.
Bei der AfD-Bundestagsfraktion sind die deutschen Lieferungen von Kriegsgerät an die Ukraine aber offenbar immer noch ein aktuelles Thema. Eugen Schmidt veröffentlichte jüngst am 31. Januar 2024 eine Pressemitteilung, in der er eine „Überprüfung des Verbleibs der Waffenlieferungen an die Ukraine“ forderte. Als aktuellen Aufhänger nannte er „Berichte über massiven Betrug bei Waffen- und Munitionslieferungen“.
Hat Sergijenko Kontakt zu einem FSB-Oberst?
Bei Sergijenkos Kontaktperson, deren Nummer er unter dem Namen „Alexej“ in seinem Smartphone gespeichert haben soll, soll es sich „Europäischen Sicherheitsbehörden“ zufolge um den russischen FSB-Oberst Ilja Wetschtomow handeln, wie die „Zeit“ berichtet. Die Chats der beiden seien dem „Spiegel“ und „The Insider“ bereits vor Monaten „zugespielt worden“. Der „Zeit“ zufolge habe Sergijenko später „öffentlich mitgeteilt“ dass „seine Kommunikation […] offenbar gehackt worden“ sei. Das bestätige die „Echtheit der Chats“.
Wetschtomow seinerseits unterhalte „laut ausgewerteten Telefonverbindungsdaten“ diverse Kontakte innerhalb des FSB, darunter zum Abteilungsleiter der 9. Division des 5. Diensts des FSB. Dessen Aufgabengebiet erstrecke sich vorwiegend auf die Ukraine. Nach Informationen des „Insider“ habe Wetschtomow Sergijenko „im Rahmen seiner Tätigkeit für die Ukraine-Operationen […] rekrutiert“, nachdem Sergijenko 2022 auch deutscher Staatsbürger geworden war. Der „Spiegel“ (Bezahlschranke) hatte das Thema bereits im August 2023 aufgegriffen.
Sergijenko und Schmidt streiten „Unterstellungen“ ab
Sergijenko habe gegenüber dem Spiegel „die Anschuldigungen“, er „sei ein Einflussagent Moskaus“, als „haltlos“ bezeichnet. Derartige Darstellungen entsprächen in „keiner Weise der Realität“. Auch „die genannten Verbindungen nach Russland“ seien „frei erfunden, und die behauptete Kontaktperson Ilja Wetschtomow“ existiere für ihn nicht.
Der AfD-Abgeordnete Schmidt teilte mit, dass es sich um „substanzlose Unterstellungen“ handele, auf die er nicht eingehen wolle. Von der mutmaßlichen Geheimdienstkontaktperson Wetschtomow hätten weder der „Spiegel“ noch der „Insider“ eine Antwort bekommen.
Eugen Schmidt – „Spätaussiedler“ mit kasachischen Wurzeln
Der Diplom-Informatiker Eugen Schmidt, Jahrgang 1975, war nach der Wahl 2021 über die Liste des Rhein-Erft-Kreises (Nordrhein-Westfalen) in den Bundestag eingezogen. Zuvor hatte er eigenen Angaben zufolge bei einer Kölner Versicherung gearbeitet. Ursprünglich stammt er aus Kasachstan, das zum Zeitpunkt seiner Geburt noch Teil der Sowjetunion war. 1999 wanderte er als „Spätaussiedler“ in die Bundesrepublik Deutschland ein. Der Alternative für Deutschland trat er im Mai 2016 bei. Neben lokalen und regionalen Parteiverpflichtungen in NRW bekleidet er innerhalb der AfD-Bundestagsfraktion den Posten des „Beauftragten für Russlanddeutsche“ und leitet das Netzwerk „Russlanddeutsche in der AfD“. Außerdem ist er Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages.
Die „Tagesschau“ hatte Schmidt bereits im März 2022, kurz nach Beginn des Ukraine-Krieges und mitten in der Hochphase der deutschen Impfpflichtdebatte, „Putins Propagandist“ genannt. Hintergrund waren Auftritte Schmidts in russischen Medien, bei denen er Deutschland als einen „Unrechtsstaat“ dargestellt habe, „in dem Andersdenkenden durch ‚die regierende Elite‘ Zensur und körperliche Gewalt“ drohe. So habe Schmidt im russischen Radio „Komsomolskaja Prawda“ gesagt:
Es gibt keine Demokratie in Deutschland. Das heißt, es wird eine einheitliche Meinung aufgedrängt, und zwar von der regierenden Elite, und alle anderen politischen Meinungen werden mit allen möglichen Mitteln unterdrückt: im Internet, in den Medien, unter anderem auch durch körperliche Übergriffe auf Andersdenkende.“
Die AfD-Bundestagsfraktion habe gegenüber dem ARD-Magazin „Kontraste“ damals schriftlich mitgeteilt, dass sie sich die „Meinung von Herrn Schmidt […] nicht zu eigen“ mache.
Unter Beobachtung: Wladimir Sergijenko
Wladimir Sergijenko, Jahrgang 1971, stammt aus der Ukraine. Nach Informationen des Nachrichtensenders ntv haben ihn „die Sicherheitsbehörden […] bereits seit Längerem im Visier“. Dem „Spiegel“ zufolge habe der Berliner Innensenat schon versucht, Sergijenko seine deutsche Staatsbürgerschaft wieder zu entziehen, weil „er während des Einbürgerungsverfahrens nur seinen ukrainischen Pass vorgelegt“, seine russische Staatsbürgerschaft aber „verschwiegen“ habe. Dass er im Besitz einer solchen sei, habe der deutsche Zoll festgestellt, als Sergijenko im April 2023 von einer Russlandreise zurückgekehrt sei.
Nach Angaben von ntv habe Sergijenko selbst eingeräumt, dass derzeit ein „Verfahren vor dem Verwaltungsgericht“ wegen der Passangelegenheit anhängig sei. Die Bundestagsverwaltung habe zudem den „Hausausweis“ Sergijenkos für den Bundestag im vergangenen Jahr gesperrt. Nach Informationen der „Bild“ steht Sergijenko seit Anfang des Jahres 2024 auch auf einer Sanktionsliste der Ukraine.
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