„Zu den eigenen Grundsätzen stehen“ – Baerbocks Nachtflug löst parteiinterne Kritik aus
Wie erst jetzt bekannt wurde, hat Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am späten Abend des 23. Juni 2024 die Flugbereitschaft der Bundeswehr bemüht, um von Frankfurt am Main nach Luxemburg zu fliegen. Zuvor hatte sie das EM-Fußballspiel Deutschland gegen die Schweiz in der Frankfurt Arena besucht. Am nächsten Morgen stand die EU-Außenministerkonferenz auf Baerbocks Terminkalender.
Besonders zwei Umstände erscheinen nicht nur aus Sicht mancher Parteimitglieder der Grünen kritikwürdig: Erstens hatten Baerbock und Scholz das Nachtflugverbot am Fraport zwischen 23:00 und 05:00 Uhr ausgehebelt. Zweitens handelte es sich bei Baerbocks Flug um eine Kurzstrecke von rund 185 Kilometern, die mit dem Flugzeug in 35 Minuten bewältigt werden konnte. Die „Bild“ hatte als erstes Medium darüber berichtet.
Wirtschaftsministerium Hessen sah „öffentliches Interesse“
Demnach hatten sowohl das Auswärtige Amt (AA) als auch das Bundeskanzleramt zuvor jeweils eine Sondergenehmigung erwirkt: Das hessische Wirtschaftsministerium habe beiden Begehren, ausnahmsweise auch nach 23:00 Uhr starten zu dürfen, die Erlaubnis erteilt. „Für beide Flüge wurde seitens der Behörde das öffentliche Interesse anerkannt“, hatte es auf Anfrage der „Bild“ vonseiten des Landeswirtschaftsministeriums geheißen. Auch Kanzler Scholz (SPD) sei gegen 23:39 Uhr mit einem Regierungsflieger in Richtung Berlin abgereist. Baerbock sei um exakt 23:54 Uhr nach Luxemburg geflogen.
Annalena Baerbock hatte sich nach Angaben der „Deutschen Welle“ noch im Wahlkampf 2021 persönlich dafür eingesetzt, Flugreisen aus Gründen des „Klimaschutzes“ allgemein zu verteuern und Kurzstreckenflüge „perspektivisch“ einstellen zu lassen. Auch 29-Euro-Tickets für die Urlaubsreise nach Mallorca waren ihr ein Dorn im Auge: Dafür bedürfe es einer „klimagerechten Besteuerung“.
Der Frankfurter Vorfall war nicht der erste, für den Baerbock Kritik wegen ihrer Liebe zum Fliegen einstecken musste. So hatte die Chefin des Auswärtigen Amtes etwa im August 2022 eine zweite Crew der Bundeswehr-Flugbereitschaft nach Kopenhagen beordern lassen, weil sie vor Ort keine drei Stunden warten wollte.
Warum nicht per Bahn oder Auto?
Die Epoch Times hakte beim AA nach: Welche Begründung führte das Amt an, um kein umweltfreundlicheres Verkehrsmittel zu nutzen? Und warum hatte sich Annalena Baerbock das Fußballspiel nicht einfach im Fernsehen angeschaut, um auf einen Zwischenstopp in Frankfurt verzichten zu können? Immerhin hatte Baerbock nicht nur gegen die eigenen früheren Verzichtsappelle verstoßen, sondern auch gegen Grundforderungen ihrer eigenen Partei, nach denen der Mensch auf Flüge – erst recht auf Kurzstreckenflüge – verzichten sollte.
Im Programm der Grünen zur Bundestagswahl 2021 hatte auf Seite 37 (PDF) die Forderung Einzug gehalten, Kurzstreckenflüge „ab sofort Zug um Zug [zu] verringern und bis 2030 überflüssig machen“ zu wollen. Auch das Nachtflugverbot am Fraport war vor 13 Jahren ausgerechnet von den Frankfurter Grünen durchgesetzt worden – damals noch wegen des Lärmschutzes.
Ein Sprecher des AA verwies am 3. Juli 2024 auf die Regierungspressekonferenz vom selben Tag. Dort sei das Thema Gegenstand der Debatte gewesen. Das Transkript war in der einschlägigen Rubrik des Auswärtigen Amtes allerdings bis zum Redaktionsschluss noch nicht abrufbar.
Nach Informationen des „Spiegel“ war es nichts Ungewöhnliches, dass die Flugbereitschaft am 23. Juni zwei Maschinen für die Frankfurt-Besucher der Bundesregierung abgestellt hatte. Für die Flüge des Kanzlers müsse ohnehin immer eine Ersatzmaschine bereitstehen. Baerbock habe einfach die Ersatzmaschine namens „Hot Spare“ genutzt, die am nächsten Tag ohnehin hätte in Luxemburg sein müssen. Denn auch auf ihrem Weiterflug von der Außenministerkonferenz nach Israel tags darauf sei die „Hot Spare“ vorgesehen gewesen.
Hessischer Grünen-Fraktionschef: „Wasser predigen und Wein trinken“
Trotzdem erregte Baerbocks Kurzstreckenflug nach dem EM-Spiel die Gemüter. „Was nicht geht, ist Wasser predigen und dann Wein trinken“, meinte beispielsweise Stefan Naas, der Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Hessischen Landtag, im Interview mit „Welt TV“. Laut „Spiegel“ habe Baerbock in den Augen von Naas eine „grüne Doppelzüngigkeit vom Feinsten“ an den Tag gelegt. Denn sonst machten die Grünen den Bürgern ja stets „das Fliegen madig“. „Ich glaub‘ man muss dann auch zu den eigenen Grundsätzen stehen“, so Naas.
Seine Parteikollegin Natascha Kauder, die sportpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Frankfurter Stadtrat, hatten sich noch im Februar 2024 ausdrücklich gegen Nachtflugausnahmen während der Fußball-Europameisterschaft ausgesprochen: „Für die Fans sind alle Spielorte perfekt an das Bahnnetz angebunden, die Beförderung mit Sonderzügen wird sicher schon von den Bahnen vorbereitet“, bewarb Kauder die Reisealternative. Das öffentliche Interesse könne „nicht als Argument für die Aussetzung des Nachtflugverbots herangezogen werden“.
Kritik auch vonseiten der FDP
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Alexander Müller kommentierte Baerbocks Nachtflug auf seinem X-Kanal:
Die Ministerin, mit dem Versprechen angetreten, stets Bahn zu fahren und Kurzstreckenflüge abzuschaffen, setzt jetzt andere Prioritäten. Fußball ist natürlich ein wichtiger Grund, die eigene Klientel um Mitternacht nochmal aufzuwecken.“
In dieselbe Kerbe hieb Bundestagsvizepräsident und FDP-Fraktionsvize Wolfgang Kubicki. Er stellte bei „Welt TV“ die Frage, warum Baerbock das Spiel eigentlich unbedingt im Stadion hatte sehen wollen. „Wenn ihre Aufgaben in Luxemburg so wichtig sind, dann hätte sie sich vielleicht darauf konzentrieren sollen.“ Kubicki erinnerte daran, dass Baerbock allein im Jahr 2022, ihrem ersten vollen Jahr als Außenministerin, 136.000 Euro Steuergeld für ihr gutes Aussehen ausgegeben hatte.
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