Zerreißprobe für die Ampel – FDP-Politiker: „Scheitern der grünen ‚Energiewende‘ offensichtlich“

Der Möllner FDP-Kommunalpolitiker Dr. Johannes Baare hat nach gut zwei Wochen eine positive Zwischenbilanz zu seiner parteiinternen Initiative für einen Mitgliederentscheid pro Atomkraft gezogen. 2023 werde er das Quorum aber wohl noch nicht erreichen.
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Archivbild: Das Kernkraftwerk Isar 2 in Bayern wurde zusammen mit den letzten beiden verbliebenen AKW in Deutschland Mitte April 2023 vom Netz genommen. Eine FDP-Mitgliederinitiative will den Wiedereinstieg in die Kernenergie erreichen.Foto: iStock
Von 7. Dezember 2023

Dr. Johannes Baare, der stellvertretende Vorsitzende des FDP-Ortsverbandes Mölln in Schleswig-Holstein, ist zuversichtlich, dass es bald einen Mitgliederentscheid seiner Partei zur Zukunft der Kernkraft in Deutschland geben wird – und dass danach „die Geisterfahrt Deutschlands in puncto Energiepolitik“ ein Ende finden könnte. Behielte er recht, wäre damit höchstwahrscheinlich auch das vorzeitige Zerbrechen der Ampelkoalition verbunden.

„Der Rücklauf an Unterstützungsschreiben nach dem Start der Kampagne vor zwei Wochen stimmt uns sehr positiv“, bestätigte Baare auf Anfrage der Epoch Times. „Sehr viele Basismitglieder“, so der Rechts- und Anlageberater, hätten zudem „ihre Dankbarkeit“ darüber ausgedrückt, dass die Initiative „Freie Demokraten für Kernenergie“ überhaupt ins Leben gerufen worden sei.

3.700 Liberale gesucht

Wie viele Parteimitglieder exakt sich der Initiative bereits angeschlossen haben, verriet Baare nicht. Dafür präzisierte er die Zielmarke: Das notwendige „Quorum für den Antrag auf Durchführung des Mitgliederentscheids“ liege bei etwa 3.700 Stimmen. Somit müssten derzeit etwa 74.000 Menschen ein FDP-Parteibuch besitzen, denn laut FDP-Bundessatzung (PDF-Datei) bedarf es mindestens fünf Prozent der Parteimitglieder, um einen Mitgliederentscheid auf den Weg zu bringen. Die Zeitung „Junge Freiheit“ war vor etwa zwei Wochen noch von 3.850 nötigen Unterschriften ausgegangen. Alternativ, so Baare, genüge es, „100 Kreisverbände oder fünf Landesverbände“ für die Initiative zu gewinnen. Genau darum werde man sich nun „parallel“ zur Einwerbung von Einzelstimmen bemühen.

Aktuell rechne er zwar nicht damit, das Quorum gemäß Paragraph 21 der Satzung noch im Kalenderjahr 2023 zusammenzubekommen. „Wir gehen allerdings davon aus, dass uns bspw. die letzten Entwicklungen auf dem COP28 (Kernenergieinitiative von 22 Partnerländern) weiter Rückenwind für unser Anliegen geben werden“, teilte Baare mit. Damit bezog er sich auf die „Weltklimakonferenz“ in Dubai, bei der sich gerade erst knapp zwei Dutzend Staaten für einen noch intensiveren Ausbau von Kernenergie starkgemacht hatten, darunter Nationen wie die USA, Frankreich und Großbritannien. Deutschland hatte seine letzten drei Atomkraftwerke im Betrieb Mitte April 2023 abgeschaltet.

Nach Auffassung von Baare ist „das Scheitern der grünen ‚Energiewende‘ “ inzwischen derart „offensichtlich, dass wir uns auch gute Chancen darauf ausrechnen, dass der Mitgliederentscheid letztendlich in unserem Sinne ausgeht“. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund der „derzeitigen Witterung“.

Dass seine Initiative bislang nicht die ausreichende Menge an Unterstützern gefunden hat, um einen Basisentscheid herbeizuführen, erklärt Baare mit den relativ hohen formalen Hürden: „Da die Satzung die Schriftform vorsieht, müssen wir die Unterstützungsschreiben physisch von den jeweiligen Parteimitgliedern bzw. Gliederungen erhalten“, äußerte der FDP-Mann. „Das erschwert naturgemäß den Prozess.“ Der Vordruck des „Unterstützungsschreibens“ (PDF-Datei) findet sich auf der eigens eingerichteten Website „freedemocratsforfission.com“.

FDP-Fraktion im Bundestag soll Gesetzentwurf einbringen

Baare hatte Mitte November zusammen mit Prof. Dr. André Thess, Experte für Energiespeicherung und Energiewandlungstechnologien an der Universität Stuttgart, die Initiative „Freie Demokraten für Kernenergie“ gestartet, um den Anti-Atomkraft-Kurs der Regierungskoalition zu beenden. Neben Baare und Thess hatten sich neun weitere hochrangige Fachleute, unter anderem für Energietechnik und Wirtschaft, dem #freedemocratsforfission-Vorstoß angeschlossen. Nach Angaben der „Jungen Freiheit“ besitzen diese Professoren jedoch kein FDP-Parteibuch.

Die Idee der Initiative: Falls das Quorum erreicht wird, bliebe dem FDP-Bundesvorstand gar nichts anderes übrig, als einen offiziellen Mitgliederentscheid zur Kernkraftfrage durchzuführen. Sollte daraufhin eine Mehrheit aller Stimmen, die zudem gemäß §21(6) der FDP-Bundessatzung mindestens 15 Prozent der Gesamtmitgliederzahl ausmachen müsste, dem Vorschlag von Baare und Thess zustimmen, wäre eine verbindliche „politische Beschlusslage der FDP“ erreicht. Diese Beschlusslage käme dann „einer Entscheidung des Bundesparteitages“ gleich.

Zerreißprobe für die Ampel

In der Folge wäre die Fraktion im Bundestag verpflichtet, einen entsprechenden Gesetzentwurf ins Parlament einzubringen, obwohl die Fraktion selbst wohl kaum geschlossen dahinterstehen würde. Denn zuletzt hatte die FDP-Fraktion vor knapp einem Monat geschlossen gegen einen ähnlich lautenden Gesetzentwurf und einen Antrag der AfD gestimmt, obwohl beide Schriftstücke im Wesentlichen auf die Option einer zukünftigen Kernkraftnutzung hinausliefen.

Auf jeden Fall würde es wohl eine schwere Zerreißprobe für die Ampel bedeuten, wenn die FDP-Fraktion sich im Bundestag für eine Kursumkehr in Sachen Energiepolitik einsetzen würde: SPD und Grüne lehnen eine Rückkehr zur eigenen Atomstromproduktion auf deutschem Boden strikt ab.

Mehr noch: Sollte sich die FDP-Fraktion am Ende doch noch in ausreichender Zahl hinter den Gesetzesentwurf stellen, könnte es zusammen mit den Stimmen der Union und der AfD gelingen, tatsächlich eine Wende in der deutschen Energiepolitik herbeizuführen, wie die „Junge Freiheit“ annimmt: „Damit wären nicht nur die Energiesicherheit in Deutschland und sinkende Strompreise wieder hergestellt, sondern es wäre auch das Ende der Ampelkoalition besiegelt.“

Dicke Luft an der Parteibasis

Neben der Atomkraft-Initiative von Baare und Thess versuchen andere FDP-Mitglieder, die Parteiführung um Christian Lindner auf direktem Weg zum Verlassen der rot-grün-gelben Koalition zu bewegen.

Der Kasseler Stadtkämmerer Matthias Nölke (FDP) beispielsweise sammelte über die Website „Ampel-beenden.de“ bereits die nötige Menge von 500 Unterschriften, um eine offizielle Befragung der Parteimitglieder zum weiteren Verbleib in der Ampel einzuleiten. Das Ergebnis dieser Befragung muss die Parteispitze – anders als bei einem Mitgliederentscheid – aber nicht zwingend umsetzen.

Kurz zuvor hatte ein schriftlicher „Weckruf Freiheit“ von 26 besorgten Parteiangehörigen aus sieben Bundesländern Schlagzeilen gemacht, die sich ebenfalls einen Neuanfang der FDP abseits von Rot und Grün erhoffen. Ihrer Meinung nach „verbiegt“ sich die FDP „in dieser Koalition bis zur Unkenntlichkeit“. Als liberale Partei dürfe man aber nicht länger „für eine quasireligiöse Ideologie arbeiten“.

Klare Mehrheiten gegen Ampelpolitik

Eine nicht repräsentative Leserumfrage der Epoch Times hatte erst vor wenigen Tagen gezeigt, dass 97 Prozent der Teilnehmer auf einen Austritt der FDP aus dem Ampelbündnis hoffen. 88 Prozent hätten gerne so schnell wie möglich Neuwahlen. Ebenfalls jeweils deutliche Mehrheiten unserer Leserschaft wünschen sich zudem Lindners Rücktritt als Parteivorsitzender.

Nach einer aktuellen INSA-Umfrage im Auftrag der „Bild“ befürwortet nur noch jeder fünfte Erwachsene in Deutschland die Fortführung der Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP bis zum regulären Ende der Legislaturperiode 2025. Fast doppelt so viele, nämlich 38 Prozent der Befragten, würden Neuwahlen vorziehen.

Noch vor einem Monat hatte eine Forsa-Umfrage für den „Stern“ ergeben, dass die Mehrheit der FDP-Wähler einer weiteren Regierungsbeteiligung in der Ampel positiv gegenüberstand. Nur 29 Prozent der FDP-Wähler waren damals für eine Aufkündigung der Koalition, 68 Prozent für die Fortsetzung des Bündnisses.



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