ZDF erhält Abfuhr: Gelsenkirchen braucht keine weiteren Studien, „deren Ergebnis schon vorher feststeht“
Im Mai vergangenen Jahres veröffentlichte das ZDF seine „Deutschland-Studie“ über die Lebensqualität aller 401 deutschen Städte und Landkreise. Die Stadt Gelsenkirchen landete auf dem letzten Rang. Platz 398 bis 400 belegten Oberhausen, Duisburg und Herne. Nun will das ZDF mit neuen Studien durchstarten.
Doch davon hält Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD) nichts. Als er den vom ZDF herausgegebenen Fragebogen für einen „Familienatlas“ und einen „Seniorenatlas“ in den Händen hielt, wurde ihm klar:
Da haben wir gar keine andere Chance, als schon wieder auf den letzten Plätzen zu landen“, so Baranowski gegenüber der „WAZ“.
Das Ergebnis der neuen Studie sei nach der Einschätzung des Oberbürgermeisters „vorhersehbar“. Denn auch diese Studie befasst sich mit ähnlichen Fragen wie die vorherige.
Probleme sind bekannt
Bereits zu Beginn der Deutschland-Studie äußerte der Gelsenkirchener Bürgermeister Unverständnis über die Auswahl und die Gewichtung der Themen-Schwerpunkte. Wie können hohe Langzeitarbeitslosigkeit und Kinderarmut eigenständig bewertet werden, obwohl sie in einem direkten Zusammenhang stehen?, wundert sich Baranowski.
Wir wissen von der hohen Langzeitarbeitslosigkeit. Aber ich frage mich noch immer, welchen Einfluss das auf die Lebensqualität hat. Wir brauchen nicht noch mehr dieser Studien, deren Ergebnis schon vorher feststeht. Wenn Prognos und das ZDF das anders sehen, müssen sie ihre Studien machen – aber dann ohne uns“, sagt er.
Aus Sicht des Stadtoberhauptes wurden aussagekräftige Kriterien nicht bewertet: „Sie haben sich nicht damit beschäftigt, in welchem Zustand unsere Kindergärten und Schulen sind und in welchem Maße wir hier Grünflächen haben. Digitalisierung war auch kein Thema. Das ist so nicht in Ordnung“, äußerte Baranowski bereits im vergangenen Sommer gegenüber der „WAZ“, und fügte hinzu:
Ich hätte ja nichts dagegen, wenn das ZDF sein Sendezentrum von Mainz nach Gelsenkirchen verlegt. Das wären viele Arbeitsplätze, die wir hier gut gebrauchen könnten. Das wäre doch ein Beitrag zum Strukturwandel!“
Betroffene Oberbürgermeister und Landräte aus NRW, deren Orte ebenfalls auf den letzten Plätzen in der Deutschland-Studie landeten, richteten einen Boykottbrief mit klaren Worten an das ZDF:
Die teils heftigen Debatten der zurückliegenden Monate nach Veröffentlichung der ,Deutschland-Studie’ haben uns nicht nur keine neuen Erkenntnisse geliefert; sie haben uns hier in der Region auch nicht weiter gebracht … Wir sind nicht der Überzeugung, dass wir uns an einer Studie beteiligen sollten, deren negatives Ergebnis … absehbar und teilweise systematisch begründet ist.“
Als Beispiel führten die Oberhäupter der NRW-Städte und -Landkreise an, dass Hagen, die waldreichste Stadt in NRW, im Bereich „Freizeit und Natur“ lediglich Platz 321 von 401 belegte. Sie kommen zu dem Ergebnis: „Das ist so nicht vermittelbar.“ (sua)
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