Zahlte Faeser Schweigegeld an Ex-Cybersicherheitschef Schönbohm?
Die Affäre Schönbohm ist für Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) noch nicht ganz ausgestanden: Nach einem Artikel der „Bild“ könnte Faeser ihrem früheren Cybersicherheitschef Arne Schönbohm (CDU) mindestens 20.000 Euro extra aus Steuergeldern gezahlt haben, damit dieser seiner Versetzung zustimmte, ohne seine Nachfolgerin einer „Konkurrentenklage“ auszusetzen oder das Ministerium schlecht dastehen zu lassen. Das berichtet unter anderem das Onlineportal „Jouwatch“. Im Innenausschuss des Bundestages hatte Faeser nichts davon erwähnt.
Außergerichtliche „Stillschweigensvereinbarung“
Wie der „Nordkurier“ unter Verweis auf die „Bild“ (Bezahlschranke) berichtet, sollen Schönbohm und das Bundesinnenministerium (BMI) am 17. Januar 2023 eine außergerichtliche „Stillschweigensvereinbarung“ getroffen haben. Eine BMI-Anwältin habe bereits eine „außergerichtliche Einigung zwischen den Parteien“ bestätigt.
Welche Sachverhalte in der Vereinbarung gelistet seien, sei ebenso unbekannt wie die genaue Höhe des Geldes, das Schönbohm erhalten haben soll. Die „Bild“ habe unter Verweis auf ihre Informanten allerdings „mindestens 20.000 Euro“ geschätzt. Als Grund für die Vereinbarung vermute die „Bild“, dass das BMI sich „nicht sicher“ gefühlt und „eine juristische und politische Aufarbeitung des Falls um jeden Preis verhindern“ gewollt habe, wie „Jouwatch“ berichtete.
Nach Angaben der „Jungen Freiheit“ will Nancy Faeser selbst nichts dazu sagen. Eine Sprecherin habe allerdings klargestellt, dass das BMI „sich grundsätzlich nicht zu möglichen Vereinbarungen im Rahmen einzelner Personalangelegenheiten“ äußere.
Lindholz will „Geheimhalte-Abkommen“ sehen
Nach Informationen von „Jouwatch“ verlangt nun Andrea Lindholz (CSU), stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende im Bundestag und Mitglied im Ausschuss für Inneres und Heimat, eine „Offenlegung des Geheimhalte-Abkommens“ zwischen Schönbohm und dem BMI. Lindholz sei wie die übrigen „fassungslosen Ausschussmitglieder“ der Meinung, dass Ministerin Faeser den Innenausschuss „unvollständig und damit falsch informiert“ habe, als sie zur Causa Schönbohm habe Rede und Antwort stehen müssen. Die Aufklärungsarbeit sei somit „sabotiert“ worden.
Faeser war erst am 20. September 2023 nach langem Zögern vor den Ausschuss getreten. Nach Angaben der „Jungen Freiheit“ hatte die Sozialdemokratin damals lediglich ausgesagt, dass Schönbohm gegen seine „Versetzung keine Rechtsmittel eingelegt“ habe, ohne allerdings etwas von der „Stillschweigensvereinbarung“ vom Januar zu erwähnen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich einer INSA-Umfrage zufolge eine Mehrheit der Menschen in Deutschland bereits für einen Rücktritt von Faeser ausgesprochen.
Erst wenige Tage zuvor war Faeser wegen einer BMI-Disziplinarakte in die Kritik geraten. Ein Vermerk in der Akte deutet nach Einschätzung des „Focus“ darauf hin, dass Faeser schon lange beabsichtigt haben könnte, Arne Schönbohm (CDU) aus seinem Amt als Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu entfernen.
Böhmermann-Sendung soll keine Rolle gespielt haben
Schönbohm war im Oktober 2022 nach sechs Jahren Präsidentschaft im Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) abberufen und an die Spitze der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung (BAköV) versetzt worden. Dort ist er seitdem auch als „Sonderbeauftragter für die Modernisierung der Fortbildungslandschaft des Bundes“ tätig.
Innenministerin Faeser hatte die Versetzung zuletzt mit schon länger mangelndem Vertrauen in den 54-jährigen IT-Experten und mit „gravierenden fachlichen Differenzen hinsichtlich von Fragen der Bewertung von Gefahren durch Cyberangriffe“ im Kontext des Ukraine-Krieges begründet.
Eine Ausgabe der Sendung „ZDF Magazin Royale“, in der der Satiriker Jan Böhmermann Schönbohm wegen dessen angeblicher Nähe zu einem russischen Geheimdienst als „Cyber-Clown“ verspottet und angeprangert hatte (Video auf „YouTube“), soll nach Darstellung von Faeser nichts mit dessen Versetzung zu tun gehabt haben.
Beweise für Böhmermanns Behauptungen konnte das Bundesinnenministerium (BMI) bislang allerdings nicht vorlegen. Auch ein Disziplinarverfahren gegen Schönbohm wurde zu keiner Zeit in die Wege geleitet.
Schönbohm will Schadenersatz
Ob Schönbohm mit jener Klage, die er im August 2023 über seinen Rechtsbeistand Prof. Dr. Christian Winterhoff gegen das ZDF einreichen ließ, gegen eine mutmaßliche Schweigepflicht verstoßen haben könnte, ist ebenfalls ungeklärt.
Schönbohm verlangt jedenfalls 100.000 Euro Schmerzensgeld und eine Unterlassungserklärung vom ZDF wegen „schwerer Persönlichkeitsverletzungen“. Der Mainzer Sender lehnt beides ab. Schönbohm hatte auch das BMI und dessen Chefin Faeser wegen Mobbing auf 5.000 Euro verklagen lassen. Entscheidungen stehen in allen Fällen noch aus.
Nachfolgerin: Claudia Plattner
Die Nachfolge von Arne Schönbohm im Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hatte zum 1. Juli 2023 die Mathematikerin Claudia Plattner übernommen. Sie arbeitete zuvor als Generaldirektorin für Informationssysteme bei der Europäischen Zentralbank (EZB) und gilt als Cybersicherheitsexpertin.
Der ZDF-Satiriker Jan Böhmermann sieht übrigens keinen Grund, sich vom seinem Cyber-Clown-Beitrag zu distanzieren: Vorwürfe eines politischen Komplotts gegen Arne Schönbohm seien aus seiner Sicht „absurd“, berichtete das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND). An den Fakten sei nicht zu rütteln: „Unsere Kritik an der Kompetenz und Amtsführung des ehemaligen BSI-Chefs Arne Schönbohm steht weiterhin“.
Faeser wollte Sicherheitsarchitektur reformieren
Schon im Herbst 2021 hatte der BSI-Lagebericht 2021 eine verstärkte Bedrohung durch Cyberangriffe in Deutschland festgestellt. BMI-Chefin Faeser kündigte im Juli 2022, knapp drei Monate vor der Böhmermann-Sendung, an, das „BSI zu einer Zentralstelle im Bund-Länder-Verhältnis“ ausbauen zu wollen. Wenige Tage nach der Böhmermann-Sendung wurde Schönbohm versetzt.
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