XXL-Schiffe: Die Welle, die nicht mehr aufzuhalten ist

Titelbild
Großcontainerschiffe in Hamburg.Foto: Hafen Hamburg Marketing e.V.
Von 8. September 2010

Die geplante Elbvertiefung schlägt große Wellen: Die Wirtschaft verkündet immer wieder, wie wichtig sie für die Arbeitsplätze in und um Hamburg sei. Die Umweltverbände dagegen sorgen sich, die Elbe verkomme dann vom lebendigen Fluss zum leblosen Kanal. Auch vom Umweltschutz abgesehen finden etwa der BUND und der WWF, dass eine weitere Elbvertiefung nicht nötig sei, „da auch große Containerschiffe nur selten Tiefgänge von über 14 Metern aufweisen.“

Täglich macht ein großes Container-Schiff mit einer Kapazität von über 10.000 TEU (Standardcontainermaß: Twenty-foot Equivalent Unit) im Hamburger Hafen fest. Sogar Pötte mit maximalen Tiefgängen von bis zu 16 Metern laufen bereits regelmäßig ein, wie kürzlich die Schiffe CMA CGM Christophe Colomb, MSC Irene und MSC Bettina. 2008 machten die Containerschiffe mit bis zu 14,4 Metern Maximaltiefgang bereits 15 Prozent des Umschlags im Hamburger Hafen aus. Doch können solche Riesen die Elbe „nur teilbeladen und in einem eng begrenzten Zeitfenster anlaufen“ wie HHLA-Chef Klaus-Dieter Peters bemerkt. Unter Ausnutzung der Tide sind derzeit maximal 15,10 Meter für von der Nordsee einlaufende und 13,80 Meter Tiefgang für auslaufend Schiffe möglich. Peters findet: „Derartige Einschränkungen sind für die Reeder langfristig nicht akzeptabel.“

Deutsche Häfen im selben Boot

BUND und WWF erinnern in ihrer jüngsten Pressemitteilung zum Thema daran, dass die Steuerzahler sich bereits mit über 600 Millionen Euro an dem bereits im Bau befindlichen Tiefwasserhafen Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven beteiligen. Schiffe mit bis zu 18 Metern Tiefgang sollen ab dem 5. August 2012 am Jadebusen festmachen können – tideunabhängig. „Es macht keinen Sinn, nun erneut mit Steuergeldern in Höhe von mindestens 400 Millionen Euro dem Jade-Weser-Port die wenigen ganz großen Containerschiffe abzujagen, sodass dieser für Jahre zur überflüssigen Bauruine wird“, finden Beatrice Claus (WWF) und Manfred Braasch (BUND).

Macht man sich in Wilhelmshaven Sorgen, dass die neuen Kai-Mauern leer bleiben, wenn die großen Schiffe ebenfalls tideunabhängig freie Fahrt nach Hamburg haben? „Nein, wir brauchen alle Häfen“, antwortet uns Corinna Romke von Eurogate. Eurogate, Europas führende Container Terminal- und Logistik-Gruppe, ist in allen deutschen Häfen vertreten und baut zusammen mit der dänischen Großreederei Maersk den neuen Terminal in Wilhelmshaven. „Der Markt ist groß genug“, sagt Romke, „für 2014 ist geplant, dass weitere 161 Großcontainerschiffe mit einem Tiefgang um 15 Meter ausgeliefert werden. Diese Schiffe kommen in den Markt und dafür brauchen wir leistungsfähige Häfen und Anbindungen. Ein Hafen allein kann das nicht leisten.“ Es stimme auch nicht, wie die Umweltverbände manchmal behaupten, dass man die Vertiefung gar nicht braucht, da die Schiffe nicht ausgelastet wären (und somit weniger Tiefgang haben): „Da wird die Kausalität umgedreht. Sie sind nicht voll beladen, weil sie ausgelastet die Häfen aktuell nicht anlaufen können.“

„Wir brauchen keine Elbvertiefung“ – Seemannsgarn?

Selbst wenn man meint, die Schiffe sollten sich lieber der Natur und nicht die Natur den Schiffen anpassen: diese Welle ist nicht mehr aufzuhalten. Die XXL-Dampfer stehen in den Auftragsbüchern der Werften und werden künftig vermehrt eingesetzt. Umweltverbände schlagen eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Elbe vor, durch die bis zu 40 Zentimeter gespart werden könnten. Ina Luderer vom Unternehmensverband Hafen Hamburg e.V. sagt: „Die Schiffe werden nicht nur immer tiefer, sondern auch immer breiter.“ Sobald diese Meeresgiganten nicht mehr Ausnahmen sondern immer mehr Standard werden, werden sie sich auf der Elbe begegnen. Wenn eines immer warten muss, bis das andere ausgelaufen ist, weil man nicht aneinander vorbei kann, würde der Fahrplan einer Reederei völlig aus dem Ruder laufen, wenn man außerdem noch die Tide abpassen muss, mit der das Schiff genug Tiefe hat, um die Elbe zu befahren. Verständlich, wenn ein Reeder lieber einen anderen Hafen anfährt. „Das wäre vermutlich nicht nur mal ein Schiff, das dann wegfällt“, erklärt Luderer, „Häufig sind es Liniendienste, die ihre Routen zum Beispiel wöchentlich fahren. Wenn Hamburg von solchen Routen gestrichen wird, dann tut das schon weh.“

Kein Plan B für den Hamburger Hafen

Der Antrag zur Elbvertiefung sei aber auch nach der dritten Auslegung nicht genehmigungsfähig, verkünden der WWF und der BUND. Verschiedene Landes- und Bundesbehörden sowie Kommunen entlang der Unterelbe würden allesamt den neuen Entwurf kritisieren. Aus Sicht der Umweltverbände sei „ein rechtssicherer Planfeststellungsbeschluss gemäß der Vorgabe des Bundesverkehrsministers vom August 2009 unmöglich, zumindest jedoch in weite Ferne gerückt.“

Das klingt als ginge die Elbvertiefung über Bord. Gibt es noch einen „Plan B“ für die Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens, falls die Elbvertiefung nicht genehmigt wird? „Es gibt keinen Plan B“, anwortet uns Luderer, „In der dritten Planänderung wurde hinsichtlich der Bedenken zur FFH-Richtlinie (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie) noch einmal nachgearbeitet. Die Stadt Hamburg und der Bund sind sich sicher, dass das genehmigt wird.“

 



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