Wolfgang Schäuble ist gestorben – ein Leben für die Politik

Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble ist im Alter von 81 Jahren gestorben. Niemand gehörte dem Parlament länger an als er. 
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Wolfgang Schäuble, 2021.Foto: Joshua Sammer/Getty Images
Von 27. Dezember 2023

Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble ist tot. Der CDU-Politiker sei im Kreise seiner Familie zu Hause am Dienstagabend gegen 20 Uhr friedlich eingeschlafen, teilte die Familie am Mittwoch der dpa mit. Er starb nach langer schwerer Krankheit.

Wolfgang Schäuble war ein prominenter deutscher Politiker und Mitglied der Christlich Demokratischen Union (CDU). Er war das dienstälteste Mitglied des Bundestages, seit er 1972 Mitglied wurde. Niemand gehörte dem Parlament länger an als er.

Manche nannten ihn Strippenzieher, andere graue Eminenz oder auch Sphinx, weil er so schwer zu durchschauen war. Unbestritten ist mit Wolfgang Schäuble eine der herausragenden Karrieren in der bundesdeutschen Geschichte verbunden.

Lange Karriere in der CDU

Schäuble bekleidete mehrere hochrangige Positionen, war Bundesminister für besondere Aufgaben, Bundesinnenminister und Bundesfinanzminister. Er war auch Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

In seiner langen politischen Karriere hat der am 18. September 1942 in Freiburg im Breisgau geborene Politiker zahlreiche Verdienste erworben. Er studierte Jura, es zog ihn aber früh in die Politik. Er trat 1965 in die CDU ein.

Unter Kanzler Helmut Kohl (CDU) war er zunächst Chef des Bundeskanzleramtes und Bundesminister für besondere Aufgaben, von 1989 bis 1991 Bundesinnenminister. Einige seiner herausragenden Leistungen sind:

  • Verhandlungen über den Einigungsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland
  • Unterzeichnung des Einigungsvertrags für die Bundesrepublik
  • Management der Euro-Krise nach dem Zusammenbruch der Finanzmärkte
  • Beitrag zur Wiedervereinigung und Neuordnung Europas, wofür er den Karlspreis erhielt

Seit dem Attentat eines geistig verwirrten Mannes auf ihn im Oktober 1990 saß Schäuble im Rollstuhl, seine politische Karriere ging aber weiter. Von 1991 bis 2000 führte er die CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Nach dem Machtverlust der Union 1998 wurde Schäuble im Zuge der Neuaufstellung der CDU Parteichef. Angela Merkel wurde Generalsekretärin.

CDU-Spendenaffäre, Merkel und ein ausgeglichener Bundeshaushalt

In den Turbulenzen der CDU-Spendenaffäre (1999 bis 2000) trat Schäuble im Februar 2000 als CDU-Chef zurück. Schäuble räumte ein, vom Waffenhändler Karlheinz Schreiber eine Bar-Spende in Höhe von 100.000 D-Mark angenommen haben.

Daraufhin wurde Angela Merkel Parteichefin, 2005 machte sie als Kanzlerin Schäuble zum Innenminister, vier Jahre darauf zum Finanzminister. Das Amt hatte Schäuble zwei Wahlperioden inne, er schafft die „schwarze Null“, also einen Bundeshaushalt ohne neue Schulden.

Nach der Bundestagswahl 2017 wurde Schäuble als Nachfolger von Norbert Lammert zum Bundestagspräsidenten gewählt, das zweithöchste Amt im Staat. Das höchste Amt im Staat, das des Bundespräsidenten, blieb Schäuble verwehrt.

Trotz gelegentlicher Differenzen steht Schäuble loyal zu Merkel. Zum Ende ihrer Amtszeit hat er Lob und ein wenig Kritik für sie parat. Im Wahlkampf erklärt er im „Tagesspiegel“, dass er in Merkels Entscheidung, 2018 den CDU-Vorsitz abzugeben, einen Grund für das „enge Rennen“ zwischen Union und SPD sieht.

Auf der anderen Seite lobt er bei eine Veranstaltung des Nachrichtenportals „The Pioneer“: „Angela Merkel hat uns in 16 Jahren mit unglaublichen disruptiven Veränderungen Stabilität gesichert. Das ist eine große Leistung.“ Schäuble würdigt ihre Bescheidenheit, lässt aber auch durchblicken, dass er sich gelegentlich entschlossenere Führung gewünscht hätte.

Anders als die Kanzlerin steigt Schäuble 2021 nach dem Machtverlust der Union nicht aus der Politik aus und kandidiert erneut für den Bundestag, dem er schon fast ein halbes Jahrhundert angehört. In seinem Wahlkreis Offenburg holt er wieder das Direktmandat. Dem Vorbild anderer CDU-Politiker wie Peter Altmaier oder Annegret Kramp-Karrenbauer, die auf ihr gewonnenes Mandat zugunsten von Jüngeren verzichten, folgt Schäuble nicht. Er wolle das Mandat wahrnehmen, und zwar über die volle Wahlperiode, sagt ein Sprecher.

Im Bundestag wurde die SPD-Politikerin Bärbel Bas Präsidentin, Schäuble war nun einfacher Abgeordneter. In seiner Rede als Alterspräsident – jener Abgeordnete mit den meisten Dienstjahren – warb er für offenen Diskurs und selbstbewusste Abgeordnete.

Gleichzeitig wurde er auch kontrovers betrachtet. Seine Aussagen und Standpunkte führten gelegentlich zu Kritik und Kontroversen, wie seine Bemerkungen zur Euro-Krise und zur Brexit-Debatte. Auch einige seiner politischen Entscheidungen, wie die Unterschriftenaktion gegen die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts und seine Haltung zum islamischen Religionsunterricht, riefen Kritik hervor.

Sein Wort hatte stets Gewicht

In seiner Partei zählte Schäuble eher zu den konservativen Politikern, hinter den Kulissen hatte sein Wort stets Gewicht. Auf der anderen Seite hatte er früher als andere die CDU zur Offenheit für Bündnisse mit den Grünen aufgerufen.

Schon 2007 sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“: „Schwarz-Grün ist nicht unser Wunsch, aber eine Option für die Union.“ Im Ringen um die Kanzlerkandidatur 2021 schlug sich Schäuble auf die Seite des damaligen CDU-Chefs Armin Laschet und stellte sich gegen CSU-Chef Markus Söder.

Auch im Privaten spielte bei Schäuble oft die Politik eine Rolle. Schon Vater Karl Schäuble war CDU-Politiker und gehörte dem badischen Landtag an. Schäubles jüngerer Bruder Thomas war ebenfalls Politiker, 13 Jahre lang war er Landesminister in Baden-Württemberg. 2013 starb er an den Folgen eines Herzinfarkts.

Der CDU-Spitzenpolitiker Thomas Strobl war Schwiegersohn von Wolfgang Schäuble, Tochter Christine, die ARD-Programmdirektorin, Strobls Ehefrau. Schäuble hinterlässt insgesamt vier Kinder und Ehefrau Ingeborg, mit der er seit 1969 verheiratet war.

(Mit Material der Agenturen)



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