Woidke kritisiert Heizungsgesetz: Sensibilität fehlt, was man Menschen zumuten darf
Die Ministerpräsidenten der SPD sind laut Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke nicht zufrieden mit der Rolle ihrer Partei in der Ampelkoalition. „Die SPD muss in der Bundesregierung die starke soziale Kraft sein, das ist ihre Rolle und das ist die Erwartung der Menschen“, sagte Woidke am Donnerstag „Zeit Online“. „Nicht nur ich, sondern alle Ministerpräsidenten der SPD wünschen sich, dass die SPD diese Rolle wieder stärker annimmt.“
Bei der Debatte um das umstrittene geplante Heizungsgesetz hätte er es begrüßt, wenn die SPD im Bund gesagt hätte: „Bis hierhin und nicht weiter.“ Zugleich mahnte Woidke im Interview, die AfD nutze die Fehler der Bundesregierung aus.
Auf die Frage, ob sich diese Aussage eher an Bundeskanzler Olaf Scholz oder die SPD-Parteichefs richtet, sagte Woidke: „An alle. Die Zufriedenheit in dieser Frage ist bei den Ministerpräsidenten überschaubar.“ Aktuell stellt die SPD sieben der 16 Länderchefs.
Woidke: Sensibilität fehlt, was man Menschen zumuten darf
Der SPD-Regierungschef kritisierte das geplante Heizungsgesetz und sagte: „Wer die Sensibilität für die Menschen verliert, wer nicht mehr weiß, wie sie ticken, der darf sich nicht wundern, wenn sich die Leute von den etablierten Parteien abwenden – und die Demokratie Schaden nimmt.“
Das Gebäudeenergiegesetz sei ein Beispiel dafür, dass die Sensibilität dafür fehle, was man Menschen zumuten dürfe und was nicht. „Wenn in einem Gesetzentwurf jede soziale Komponente fehlt und dazu noch so miserabel kommuniziert wird, dass Oma Frieda denken muss, sie müsse nun eine Wärmepumpe in ihr 80 Jahre altes Haus einbauen lassen und ihm zusätzlich noch eine Wärmedämmung verpassen und dafür insgesamt 150.000 Euro zahlen, dann ist das verheerend.“
Woidke weiter: „Das Signal, das man damit aussendet, lautet: Es ist mir egal, wie du mit meinen Regelungen klarkommst, der Klimaschutz steht über allem anderen. Und wenn du dabei verarmst, ist das nachrangig.“ Dieses Signal trage heute noch zu den Umfragewerten der AfD bei.
Eine Zustimmung im Bundesrat zu dem Gesetz in seiner bisherigen Form ließ Woidke offen. „Bis heute ist doch nicht klar, wie viel Unterstützung jemand bekommt, der in sein 80 bis 100 Jahre altes Haus eine neue Heizung einbauen lassen muss.“ Woidke sagte „Zeit Online“: „Ich werde dem Gesetz nur dann zustimmen, wenn es klare Antworten auf die vielen sozialen Fragen gibt.“
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) hatten im April eine Novelle zum Gebäudeenergiegesetz vorgestellt. Demzufolge soll ab dem 1. Januar 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung mit mindestens 65 Prozent „erneuerbarer Energie“ betrieben werden.
Nach der Vorstellung gab es massive Kritik von der Bevölkerung, der Wirtschaft, der Opposition und aus den eigenen Reihen. Daraufhin wurden einige Kompromisse eingeführt. Das Gesetz muss sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat noch beschlossen werden, damit es in Kraft tritt.
Woidke: Benachteiligung von Landbevölkerung durch Energiewende
Bereits Mitte Juli hatte Woidke eine Benachteiligung der Landbevölkerung durch eine unfaire Verteilung der Energiewendekosten beklagt. Die Netzentgeltregelung in Deutschland schaffe hier einen „eindeutigen Fehlanreiz“, sagte er am Dienstag im ARD-„Morgenmagazin“. Denn die Netzbetreiber würden die Anschlusskosten für neue Wind- und Solaranlagen in der Region umlegen, was Gegenden mit geringerer Industrie- und Bevölkerungsdichte benachteilige.
Es sei nicht richtig, „wenn ich die Menschen bei uns im Land sozusagen bestrafe durch einen höheren Strompreis, wenn ich neue Windkraftanlagen aufstelle“, sagte Woidke weiter. Zudem sei der besagte Fehlanreiz „einer der Punkte, die momentan dafür stehen, dass der Windenergieausbau nicht schnell genug vorankommt“. Die Netzentgeltregelung müsse daher „weg“.
Einer aktuellen Untersuchung des Vergleichsportals Verivox zufolge gibt es, vor allem wegen der Netzentgeltregelung, insbesondere im Osten Deutschlands ein Stadt-Land-Gefälle beim Strompreis. „Innerhalb fast aller neuen Bundesländer gibt es eine deutliche Stadt-Land-Kluft. Spitzenreiter des Vergleichs ist Thüringen – hier zahlen Landbewohner zehn Prozent mehr für Strom als Städter“, erklärte Verivox.
Der Preisunterschied zwischen Stadt und Land liegt in den ostdeutschen Bundesländern bei durchschnittlich 6,4 Prozent, während sich die Stromkosten im Westen die Waage halten, wie Verivox ausführte.
Einen vergleichsweise großen Unterschied gibt es demnach außerhalb von Ostdeutschland auch im Windkraftland Schleswig-Holstein (9,3 Prozent), während in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen der Strom auf dem Land sogar günstiger ist.
Mit Material von dpa/afp/rnd.
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