Wohlstand geht am Mittelstand vorbei – Mittelschicht wird am stärksten zur Kasse gebeten
Von dem Wirtschaftsaufschwung der vergangenen Jahre hat die Mittelschicht in Deutschland kaum profitiert, berichtet die „Welt“ auf Grundlage des „Mittelschichtsbericht“ der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), der der Zeitung exklusiv vorliegt.
Das reale mittlere Einkommen in der Mittelschicht hat sich in den letzten zehn Jahren nur leicht erhöht und das trotz oder gerade wegen steigender Erwerbstätigkeit“.
Laut der Studie ist das durchschnittliche Nettoeinkommen in der Mitte der Gesellschaft zwischen 2005 und 2015 gerade einmal von knapp 1700 Euro auf gut 1800 Euro im Monat angestiegen. Nimmt man das Medianeinkommen, bei dem die eine Hälfte der Mittelschicht weniger hat und die andere Hälfte mehr, zeigt sich das gleiche Bild: 2005 lag dieser Medianwert bei einem verfügbaren Monatseinkommen von knapp 1600 Euro. Zehn Jahre später waren es nur rund 120 Euro mehr.
Bei größeren Haushalten sind die Zahlen laut Studie entsprechend gewichtet. „Positive Entwicklungen, insbesondere im Arbeitsmarkt, haben nicht zu einer Stärkung der Mittelschicht geführt“, beklagen die Autoren des KAS-Berichtes. Angesichts der stagnierenden Einkommensentwicklung in der gesellschaftlichen Mitte bestehe dringend Handlungsbedarf, zumal die Mitte „das wirtschaftliche und soziale Rückgrat der bürgerlichen Gesellschaft bildeten“.
Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Carsten Linnemann, plädiert für rasche Entlastungen. „Wenn die Mitte nicht adäquat vom Aufschwung profitiert, dann beweist das, dass die punktuelle Politik falsch ist“, so der CDU-Politiker. Statt immer neue Leistungen und Subventionen für bestimmte Bevölkerungsgruppen zu beschließen, solle man spürbare Steuer- und Beitragssenkungen auf den Weg bringen, um die Mitte besserzustellen.
„Wir dürfen nicht auf die hören, die am lautesten schreien, sondern müssen Politik für diejenigen machen, die den Laden am Laufen halten“, so Linnemann. „Die leistungsbereite Mittelschicht wird seit Jahren vernachlässigt.“
Mittelstand zahlt Spitzensteuersätze
Ca. 4 Millionen Bürger zahlen laut „WiWo“ mittlerweile den Spitzensteuersatz von 42%. Darunter fällt ein Großteil der Mittelschicht – obwohl sie zwar zu den Gutverdienern aber nicht zu den Topverdiener gehörten. Das liege daran, dass die Gehälter zwar gestiegen seien, aber die Steuersätze nicht angepasst wurden, so der Bericht.
Auch im internationalen Vergleich steht nach Angaben der Industrieländerorganisation OECD Deutschland bei der Steuer- und Abgabenbelastung eines Durchschnittsverdieners weltweit nach Belgien auf Platz zwei: Rund 40 Prozent muss ein Single hierzulande abführen, in den Niederlanden sind es nur 30 Prozent, in den USA 26 Prozent und in Großbritannien oder Kanada begnügt sich der Fiskus gar mit etwa 23 Prozent.
Die Adenauerstiftung verweist in ihrem Bericht darauf, dass die Lohnsteuereinnahmen seit 2010 in Deutschland sogar stärker als die Wirtschaftsleistung gestiegen sind.
Beschönigte Zahlen auch im KAS-Bericht
Wie der „Mittelschichtsbericht“ der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) laut „Welt“ jedoch auch belege, sei der Mittelstand weiterhin stabil. 77 Prozent der Bevölkerung gehörten nach wie vor zur Mittelschicht und verfüge mit fast drei Viertel auch über den Großteil des Gesamteinkommens.
Wie es zu dieser Stabilität der Mitte kommt, verrät die Studie auch: Laut KAS gehört ein Single mit einem Nettomonatseinkommen von bereits 976 Euro ebenso zum Mittelstand, wie eine vierköpfige Familie mit einem Nettoeinkommen bis 2049 Euro. Dazu zählen Handwerker und Facharbeiter ebenso wie angestellte Ärzte, Lehrer, Beamte und ein Großteil der Rentner.
Nach einer Tabelle von 2017 der IW Medien, einer Tochter des Instituts der deutschen Wirtschaft auf dem Portal „Wirtschaft und Schule“, gehört ein Single mit einem Monatseinkommen bis 1050 Euro allerdings zu den Einkommensarmen ebenso wie eine Familie mit zwei Kindern mit einem Nettoeinkommen bis 2200 Euro.
Demnach werden in der KAS-Studie Einkommensärmere zur Mittelschicht gezählt, die sich in einer deutschen Großstadt mit einem solchen Nettoeinkommen unter Berücksichtigung von Miete und Lebenshaltungskosten bereits am Existenzminimum bewegen.
Ein weiterer Grund für die stabile Mitte, ist laut KAS, die staatliche Umverteilung von Steuergeldern, die vor allem zulasten der Mittelschicht geht. Laut „Welt“ sind ca. zehn Prozent aus der Oberschicht in die Mitte abgestiegen, während von unten sogar 20 Prozent zur Mittelschicht hinzugekommen sind. Laut Studie „wäre die Mittelschicht ohne Umverteilung deutlich kleiner und die Ungleichheit der Einkommen höher“. (nh)
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