Wochenrückblick: WHO will 23 Euro für eine Packung Zigaretten und ein „Schildbürgerstreich“ am Pumpspeicherwerk
Keine Auslieferung nach Großbritannien
Dass Auslieferungen scheitern, weil die Haftbedingungen im Zielland menschenunwürdig sind, ist nicht selten. Eine Entscheidung des OLG Karlsruhe zeigt, dass dies auch für Großbritannien gelten kann. Anfang des Jahres stufte das Gericht die Auslieferung eines Albaners als „derzeit unzulässig“ ein – wegen der dortigen Haftbedingungen (Az.: 301 OAus 1/23). Der Anwalt, der dies erstritten hat, kennt die chronische Überbelegung sowie die Personalengpässe im britischen Strafvollzug ebenso wie die teilweise alten Haftanstalten aus dem 19. Jahrhundert mit zu kleinen, zu dunklen und schlecht belüfteten Zellen. Im konkreten Fall ging es um einen Albaner, der in Großbritannien lebte und gegen den ein Haftbefehl des Westminster Magistrates‘ Court und ein internationaler Haftbefehl von Interpol vorlag. Seine Verlobte lebt in Deutschland, bei einem Besuch wurde er von der hiesigen Polizei festgenommen und landete in Auslieferungshaft. Das OLG verlangte vor der Auslieferung die Einhaltung von Mindeststandards gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention. Eine E-Mail aus Manchester überzeugte das Gericht nicht und nach einer unbeantworteten zweiten Anfrage hieß es: „Ohne britische Garantien sei angesichts des Zustands des britischen Gefängniswesens eine Auslieferung nicht möglich.“ Bisher kam keine weitere Reaktion von der britischen Justiz.
Bosch im Iran
Praktisch an jeder Straßenecke in der Innenstadt von Teheran hängt eine Überwachungskamera. Am weitesten verbreitet sind Kameras von China (Firma Tiandy), den Niederlanden und Schweden, berichten Oppositionelle. Auch Technik von Bosch ist zu finden. Zwischen 2016 und 2018 lieferte Bosch insgesamt 8.000 Sicherheitskameras in den Iran. Oppositionelle, mit denen der SWR sprach, sprechen von Trackingtechnik, mit der das Regime erkennt, ob sich Menschen versammeln. „Wenn im Kamerabild mehr als fünf oder zehn Personen gleichzeitig auftauchen, wird ein Alarm an den nächsten Polizeistützpunkt geschickt und dann tauchen Sicherheitskräfte auf.“ Das Unternehmen Bosch weist darauf hin, dass seine „Kameras nicht für eine vollautomatische Gesichtserkennung genutzt werden könnten, da die Software zur biometrischen Gesichtserkennung nicht auf den Kameras vorinstalliert“ sei. Allerdings könnten alle erstellten Fotos oder Filme live oder zeitversetzt mithilfe serverbasierter Gesichtserkennungssoftware ausgewertet werden. 2019 brach Bosch alle Geschäftsbeziehungen in den Iran ab.
Babylonisches Kauderwelsch in Brüssel
24 Amtssprachen erkennt die EU an, die Vielsprachigkeit geht ins Geld und belastet die Effizienz der Behörden. Für Dolmetscherdienste und Übersetzungen gehen 13 Prozent aller administrativen Kosten drauf; die Höhe liegt bei über 1,1 Milliarden Euro. Allein in der EU-Kommission sind fast 500 Dolmetscher festangestellt und 5.000 Übersetzer für Texte beschäftigt. Bei Plenarsitzungen sind 275 Dolmetscher in 24 Kabinen im Einsatz. Bei den Vereinten Nationen sind hingegen nur sechs offizielle Sprachen zugelassen. Da kleinere europäische Länder jedoch nicht freiwillig auf ihre Sprache verzichten wollen, hat sich die EU in der Frage der Sprachen festgefahren. Eine eigene Übersetzungssoftware namens E-Translation ist in Arbeit, jedoch nicht das Nonplusultra – Menschen müssen weiterhin den Sätzen den letzten Schliff geben. Die englische Welt und China haben es dahin gehend einfacher. Bekannt ist, dass bei Ländern, die die gleiche Sprache sprechen, die Handelsströme um 44 Prozent zunehmen.
23 Euro für eine Packung Zigaretten
Die WHO fordert eine massive Preissteigerung für eine Packung Zigaretten in Deutschland: 20 Zigaretten sollten etwa 22,80 Euro kosten. Erst damit könnten die volkswirtschaftlichen Kosten kompensiert werden. Aktuell sind es eher 8 und 9 Euro. Die WHO misst mit der sogenannten „Tabacco Control Scale“, wie ein Land die gesetzlich vorgeschriebenen Tabakkontrollen umsetzt. Deutschland steht in diesem Ranking auf Platz 34 von 37 Staaten. WHO-Direktor Dr. Rüdiger Krech argumentierte bereits 2021 in einem Spiegel-Interview: „Die Tabakindustrie verursacht allein in Deutschland Kosten durch Krankheit und Arbeitsausfälle in Höhe von 97 Milliarden Euro im Jahr.“ Menschen sollten davon abgehalten werden, überhaupt mit dem Rauchen zu beginnen, erklärt der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert.
ARD: SD wird eingestellt
Die ARD kündigt grundlegende Änderungen im TV-Bereich an: Die Verbreitung ihrer SD-Programme wird ab Anfang 2025 endgültig beendet. Die Menschen sollen auf die hochauflösende HD-Qualität umsteigen (1.280 x 720 Pixel) – was für sie zumindest ein Upgrade, manchmal aber auch bedeutet, einen neuen Fernseher zu kaufen. Ende 2022 nutzten 16,34 Millionen deutsche Haushalte eine Satellitenverbindung, um TV-Programme sehen zu können. Rund eine Million davon setzen auf SD-Empfang. Obwohl im November 2022 die Verbreitung der SD-Qualität von „One“, „Tagesschau24“, „Phoenix“ und „Arte“ offiziell eingestellt wurde, sind viele öffentlich-rechtlichen Programme weiterhin in der vergleichsweise schlechteren Bildqualität SD (Auflösung 720 x 576 Pixel) zu empfangen. Eine Doppelversorgung mit SD und HD sei wirtschaftlich nicht mehr vertretbar, so ein ARD-Sprecher. Betroffene Haushalte will die ARD entsprechend informieren. Mehr Details verspricht der Sender auf der diesjährigen IFA in Berlin vom 1. bis 5. September. Das ZDF hat sich bisher nicht geäußert, ob es diesen Schritt mitgeht.
Ein „Schildbürgerstreich“
Das Pumpspeicherwerk Niederwartha wurde am 14. August vom Betreiber Vattenfall „energetisch stillgelegt“ – endgültig. Die Anlage lief seit 1929 und müsste teuer modernisiert werden. Der Dresdner Physikprofessor Sigismund Kobe hält die Stilllegung für einen „Schildbürgerstreich“. Pumpspeicherwerke sichern rund zehn Prozent der Energie in Deutschland und sind eine der wenigen Großtechnologien, die große Energiemengen aus Solar oder Wind zwischenspeichern können. Bei höherer Nachfrage geben sie diese wieder durch Wasserkraft ins Netz ab. Vattenfall gab an, mit dem Unternehmen Sachsenenergie in Verbindung zu stehen. Sachsenenergie wurde von der Stadt Dresden beauftragt, eine Übernahme des Pumpspeicherwerkes mit Vattenfall zu besprechen.
Weinlese hat begonnen
In der Pfalz hat die diesjährige Weinlese begonnen. Die ersten Trauben für den Federweißen wurden nahe Neustadt an der Weinstraße gepflückt, wie das Deutsche Weininstitut mitteilte. Der Start der Lese sowie auch der „allgemeine Entwicklungsstand der Reben“ bewege sich im Durchschnitt der vergangenen Jahre. Die Hauptweinlese beginnt Anfang bis Mitte September, die Trauben für Sekt könnten bereits Ende August gelesen werden. Der viele Regen der vergangenen Wochen sei für die Reben „gerade noch rechtzeitig und in ausreichender Menge“ gekommen – im Frühsommer hätten sie unter großer Trockenheit gelitten, erklärte das Weininstitut weiter. Sollte es nun in den kommenden Wochen sonnig bleiben und zur Hauptlesezeit trocken sein, stehe einem „qualitativ guten Weinjahrgang 2023 nichts im Wege“. Das Weininstitut ist als zentrale Marketingorganisation für die 13 deutschen Anbaugebiete verantwortlich.
Risiko Sitzen
Werktags 9,2 Stunden durchschnittlich, die 18- bis 29-Jährigen mehr als zehn Stunden täglich – so viel Zeit verbringen Bundesbürger im Sitzen. Das ist eine halbe Stunde mehr als 2021 und fast zwei Stunden mehr als 2015 (7,5 Stunden). Welche tägliche Sitzdauer noch gesundheitsverträglich ist, können Fachleute nicht gesichert sagen. Generell lautet der Rat, diese Zeit zu verringern. Jegliche körperliche Aktivität sei besser als keine – und mehr sei besser, betont die WHO. Für Gesundheit und Wohlbefinden empfiehlt sie allen Erwachsenen mindestens 150 bis 300 Minuten moderat-intensive Bewegung pro Woche. Moderat-intensiv bedeutet, ganz leicht ins Schwitzen und etwas schwer ins Atmen zu geraten. Bei intensiverer Bewegung brauche man für den gleichen gesundheitlichen Nutzen weniger Zeit. Die Daten stammen aus der siebten Ausgabe des DKV-Reports „Wie gesund lebt Deutschland?“ der Deutschen Sporthochschule Köln und der Deutschen Krankenversicherung.
China greift in Afrika zu
Im Jahr 2022 entfielen 31 Prozent der Megaverträge für Infrastrukturbauten in Afrika mit einem Wert von über 50 Millionen US-Dollar auf China. Nur zwölf Prozent wurden mit westlichen Firmen abgeschlossen. Damit hat sich die Lage umgekehrt – in den 1990er-Jahren übernahmen westliche Unternehmen etwa 80 Prozent der Projekte. Seit 2013 die Belt and Road Initiative (BRI, Neue Seidenstraße) von Peking gestartet wurde, bauen chinesische Unternehmen in Afrika Häfen, Eisenbahnstrecken, Autobahnen, Brücken, Wasserkraftwerke und anderes. 2021 und 2022 beliefen sich Chinas Infrastrukturprojekte allein südlich der Sahara auf 155 Milliarden Dollar – die der USA im Jahr 2021 auf dem gesamten Kontinent auf 44,8 Milliarden. China übt seither starken Einfluss auf afrikanische Regierungen aus. Zudem holt es Bodenschätze aus Afrika wie Lithium aus Simbabwe und Namibia oder Kobalt aus der DR Kongo und Sambia. Megaprojekte sind beispielsweise die Eisenbahnstrecken in Kenia und Äthiopien sowie Häfen in Dschibuti und Nigeria. Globale partnerschaftliche Initiativen der G7-Staaten (600 Milliarden Dollar über fünf Jahre) und der „Global Gateway“ der EU, mit dem zwischen 2021 und 2027 bis zu 300 Milliarden Euro an Investitionen fließen sollen, kommen an vielen Stellen zu spät. Anders gesagt: Europa hat den Wettbewerb verloren.
Pure Milch bleibt die Ausnahme
Ab 1. Januar fallen 25 Cent Pfand auf Plastikflaschen und Dosen von Getränken mit mindestens 50 Prozent Milchanteil an. Das betrifft unter anderem Kakao, Trinkjoghurts, Eiskaffee, Kefir, Ayran und Energydrinks auf Molkebasis. Lediglich pure Milch bleibt pfandfrei, auch wenn sie in Plastikflaschen verkauft wird. Supermärkte sind verpflichtet, Pfandflaschen auch dann zurückzunehmen, wenn sie das Produkt gar nicht selbst verkaufen.
Ein gutes Jahr für Weißstörche
Zuerst viele Regenwürmer, weil es nass war, dann trocken – Storchenküken wuchsen bestens heran. Gute Nahrungs- und Witterungsbedingungen sorgten in diesem Jahr für eine ungewöhnlich hohe Storchenpopulation. In diesem Jahr konnten die Storchenpaare mehr als ein Junges aufziehen, oft hatten sie zwei, drei oder sogar vier Jungtiere. Aktuell vagabundieren die flüggen Jungen gemeinsam mit älteren Störchen durch ganz Norddeutschland. Die feuchten Wiesen sorgen weiterhin für ein gutes Nahrungsangebot an Würmern, Schnecken und anderen Kleintieren.
Überforderter Staat
Viele Menschen in Deutschland sehen den Staat als zunehmend überfordert an. Laut einer Umfrage von Forsa für die Beamtengewerkschaft dbb gehen derzeit nur noch 27 Prozent der Befragten davon aus, dass der Staat in der Lage ist, seine Aufgaben etwa in der Bildungs-, Flüchtlings- oder Klimapolitik zu erfüllen. Damit sei das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit ihres Staates „auf einen neuen Tiefpunkt gesunken“, erklärte der dbb-Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach. Das sei „alarmierend“. 80 Prozent der Befragten konstatieren eine „generelle Verrohung der Gesellschaft“. Insgesamt betrachten die Befragten die Aufrechterhaltung der sozialen Gerechtigkeit, die Verbesserung der Infrastruktur und Klimaschutz als wichtigste staatliche Aufgaben. Im Westen Deutschlands werden dabei Klimaschutz, Migrationsfragen und die Unterstützung der Ukraine als Prioritäten genannt. Im Osten sind es eher die Entlastung der Bevölkerung von Inflationsfolgen, der soziale Ausgleich sowie eine Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Stadt und Land.
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