„Wirtschaftspolitisch links – gesellschaftlich konservativ“: BSW hält ersten Parteitag ab

In Berlin-Friedrichshain hält das Bündnis Sahra Wagenknecht – Für Vernunft und Gerechtigkeit (BSW) seinen ersten Bundesparteitag ab. Die Gründerin bezeichnete die Ampel erneut als „dümmste Regierung Europas“ und warf der politischen Führung „Abgehobenheit“ vor.
Für die neue Wagenknecht-Partei steht der erste Bundesparteitag an.
Für die neue Wagenknecht-Partei steht der erste Bundesparteitag an.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Von 27. Januar 2024

Im früheren DDR-Kino Kosmos in Berlin-Friedrichshain hat am Samstag, 27. Januar, der erste Bundesparteitag des Bündnis Sahra Wagenknecht – Für Vernunft und Gerechtigkeit (BSW) begonnen. Auf der Tagesordnung stehen die Wahl des ersten Vorstandes sowie der Kandidaten zur EU-Wahl. Außerdem will das BSW das Programm für den Europawahlkampf beschließen.

Angereist waren 380 Personen, die Gründerin Sahra Wagenknecht zur Mitwirkung eingeladen hatte. Vorerst will das BSW nicht mehr als 450 Mitglieder aufnehmen, um eine mögliche Unterwanderung zu verhindern. Als Doppelspitze sollen Wagenknecht und die langjährige Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Amira Mohamed Ali, fungieren.

Als Spitzenkandidaten für die EU-Wahl sind der ehemalige Linken-Europapolitiker Fabio De Masi und der frühere SPD-OB von Düsseldorf, Thomas Geisel, vorgesehen.

Schriftstellerin dankt der Sowjetarmee – und sieht Wagenknecht als friedenspolitische Alternative zur AfD

Der Parteitag begann mit einer Rede der Schriftstellerin Daniela Dahn anlässlich des 79. Jahrestages der Befreiung des nationalsozialistischen Vernichtungslagers Auschwitz. Für die Befreiung vom Nazismus hätten allein 13 Millionen Sowjetsoldaten ihr Leben gelassen – dafür sei man ihnen „auf ewig zu Dank verpflichtet, wie immer sich die Weltlage inzwischen verändert hat“.

Dabei übte die Mitherausgeberin der Zeitschrift „Ossietzky“ nicht nur Kritik an der „Vogelschiss“-Äußerung des früheren AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland zu den Verbrechen des Nationalsozialismus. Sie warf zudem auch Grünen wie Ex-Bundesaußenminister Joschka Fischer ein „missbräuchliches Erinnern“ vor. Dieser habe den Imperativ des „Nie wieder Auschwitz“ missbraucht, um den „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der NATO gegen Jugoslawien“ zu rechtfertigen.

Es wäre für das BSW wünschenswert, so Dahn, dazu beizutragen, dass Deutschland und Europa 2025 zum 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz „zur Vernunft“ kämen. Es müsse möglich sein, für Friedenspolitik und Diplomatie einzutreten, „ohne sich damit das faschistoide und unsoziale Gedankengut der AfD einzuhandeln“.

BSW will „Programmatik mit den davon Betroffenen entwickeln“

Sahra Wagenknecht selbst warf den etablierten Parteien vor, die AfD, gegen die sie nun demonstrierten, selbst groß gemacht zu haben. Deren hohe Umfrageergebnisse seien nicht einer überzeugenden Programmatik geschuldet, sondern der Berliner Regierungspolitik.

Bei der Ampel handele es sich um die „dümmste Regierung Europas“, äußerte Wagenknecht. Dass die Politiker der Bundesregierung jetzt selbst auf die Straße gegen Rechts gehen, sei „Heuchelei“. Wer die AfD schwächen wolle, solle „demonstrieren für einen Mietendeckel, für Frieden und am besten gleich für Neuwahlen und ein Ende der unsäglichen Ampel“.

Dass Grünen-Bundessprecherin Ricarda Lang jüngst gemeint hatte, die deutsche Durchschnittsrente läge bei 2.000 Euro, illustriere die „Abgehobenheit“ der politischen Klasse. Demgegenüber wolle ihr Bündnis, so Wagenknecht, „die Programmatik gemeinsam mit denen entwickeln, die von den Problemen im Land in ihrem Alltag betroffen sind“.

Wagenknecht: Heterogenität der Partei als Chance

Die Gründerin machte dabei auch deutlich, dass das BSW „keine Linke 2.0“ sein oder werden wolle. Mitglieder der Partei wiesen unterschiedliche Hintergründe auf. Unter ihnen seien Gewerkschafter ebenso wie Unternehmer, Krankenpfleger, Polizisten, Theologen, Großstädter oder Dorfbewohner. Erfolg werde die Partei nur haben, wenn die Mitglieder „diese Unterschiedlichkeit als Gewinn begreifen“.

Die Mitglieder müssten „Toleranz und Respekt nicht nur in der Gesellschaft einfordern, sondern auch hier in unserer Partei leben“, so Wagenknecht.

Amira Mohamed Ali erklärte, das BSW wolle Zuschreibungen wie „links“ und „rechts“ vermeiden – immerhin wolle man sich als neue Kraft von allen anderen Parteien unterscheiden:

„Mit Blick auf die klassischen Zuschreibungen könnte man aber argumentieren, dass wir wirtschaftspolitisch eher links zu verorten sind. Gesellschaftspolitisch bewegen wir uns eher im konservativen Spektrum.“

Um Lösungsansätze für die wichtigsten Bereiche der Politik zu finden, wolle das BSW Mohamed Ali zufolge einen Expertenrat einsetzen.

BSW will Macht der EU begrenzen – und auch deren Haushalte

In der Aussprache zum EU-Wahlprogramm waren es aber klassische Positionen der Linkspartei, die Spitzenkandidat Fabio De Masi in seiner Rede umriss. Man wolle sich „mit den Mächtigen“ in Form der „Tech-Konzerne“ anlegen. Das Verlagern von Vermögen von Steueroasen müsse mit Strafsteuern beantwortet werden.

Auch sprach er sich gegen die Schuldenbremse aus, weil diese „Investitionen in Infrastruktur und notwendige Klimamaßnahmen“ verhinderten. „Superreiche“ sollten stärker besteuert werden, allerdings sollen Normalbürger entlastet werden. Bereits Mohamed Ali hatte zuvor angekündigt, dass die Belastungsgrenzen so gezogen werden sollten, dass man nicht Eigenheimbesitzer oder Mittelständler treffe.

Insgesamt wolle das BSW die Macht der EU zurückbauen, es sollten mehr Entscheidungen vor Ort fallen. Einhellig spricht sich die Partei auch für die Wiederherstellung der Wirtschaftsbeziehungen zu Russland und für das Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine aus.



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