Wirtschaftsforscher kritisiert Förderpolitik im Osten: „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ ist ein „Irrweg“
Der Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH), Reint Gropp, hält an seiner Kritik der Subventionspolitik für ostdeutsche Unternehmen fest.
In den letzten Jahrzehnten seien neue Jobs vor allem in unternehmensnahen Dienstleistungen entstanden, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Mittwochausgaben).
Derweil habe Ostdeutschland „mit Gewalt und gegen den Strom versucht, Industriearbeitsplätze zu erhalten. Das war teuer und hat meistens nicht geklappt.“
Dienstleistungen wiederum prosperierten in den Städten, nicht auf dem Land.
Deshalb müssen wir uns Gedanken darüber machen, was diese Räume attraktiver macht für diese Art von Menschen in Dienstleistungsberufen.“
Da gehe es in erster Linie „um ein Image, um produktive Menschen mit hohem Potential irgendwo hinzukriegen. Dieser Image-Gedanke ist den Deutschen sehr fremd.“
Und die AfD-Wahlerfolge seien „tödlich“. Ohnehin seien ostdeutsche Unternehmen vielfach unter der Bedingung subventioniert worden, dass sie bestimmte Beschäftigungsziele erreichten, so Gropp weiter. Anschließend dürfe man „sich nicht wundern, dass die Produktivität pro Kopf niedriger ist“.
Irrweg der Politik
Überdies zog der Ökonom das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse in Zweifel. So seien die Verhältnisse im Harz und in Frankfurt am Main nun mal ganz unterschiedlich, auch weil die Präferenzen der Leute dort unterschiedlich seien.
Das ausgleichen zu wollen mit neuen Autobahnauffahrten oder 5G, ist für mich ein Irrweg.“
Mit einer Autobahn könne dem Harz sogar „Stärke verloren gehen, nämlich die Ruhe. Das ist für mich reine Geldverschwendung und führt auch nicht zu gleichwertigen Lebensverhältnissen.“
Gropp hatte im März scharfe Kritik der Ministerpräsidenten von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, Michael Kretschmer, Reiner Haseloff (beide CDU) und Bodo Ramelow (Linke), auf sich gezogen, weil er – gestützt auf eine Studie des Instituts – die Subventionspolitik für gescheitert erklärt und die Politik aufgefordert hatte, sich auf die Förderung der ostdeutschen Städte zu konzentrieren.
„Wir müssen von dem, was wir gemacht haben, nichts zurück nehmen“, sagte Gropp dem RND jetzt. „Wie sich das politisch übersetzen lässt, ist eine ganz andere Frage.“
Seine Aufgabe sei es „manchmal eben auch, das zu sagen, was politisch nicht sagbar ist. Politiker müssen gewählt werden – ich nicht. Natürlich kann ich auch sagen `Wir müssen alle mitnehmen`. Das finden dann alle gut, aber das ist ökonomisch nicht richtig und führt zu schlechten Entscheidungen.“ (dts)
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