Wirecard-Musterverfahren bringt Gericht an seine Grenzen

Das Musterverfahren soll zentrale Fragen klären. Mehr als 8.000 Schadenersatz-Klagen ehemaliger Wirecard-Aktionäre sind bislang eingegangen. Das sei „nach Dimension und Komplexität beispiellos“, heißt es.
Der frühere Wirecard-Vorstandschef Markus Braun (M.) zwischen seinen Anwälten Alfred Dierlamm (l,) und Nico Werning.
Der frühere Wirecard-Vorstandschef Markus Braun (M.) zwischen seinen Anwälten Alfred Dierlamm (l,) und Nico Werning.Foto: Angelika Warmuth/dpa
Epoch Times13. Dezember 2023

Mehr als drei Jahre nach der Pleite des Zahlungskonzerns Wirecard entwickelt sich das Musterverfahren vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht zu einer massiven Belastung für die Justiz. Eine Sprecherin des Bayerischen Obersten Landesgerichts sagte dem Wirtschaftsmagazin „Capital“, es seien schon mehr als 8.000 Anmeldungen für das Musterverfahren erfasst worden.

„Mehrere Tausend“ Anmeldungen stünden zur Bearbeitung an. Dieses Verfahren sei „nach Dimension und Komplexität beispiellos“ und könne mit dem heutigen Personal am Gericht nicht bewältigt werden.

Mehr Vollzeitstellen notwendig

Bei den Beteiligten, die für diese Art Sammelklage zugelassen sind, handelt es sich um ehemalige Wirecard-Aktionäre. Sie hatten nach dem Auffliegen des Bilanzbetrugs Mitte 2020 Einzelklagen gegen Ex-Wirecard-Manager und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY eingelegt.

Das Musterverfahren sei „nach Dimension und Komplexität beispiellos“, sagte die Gerichtssprecherin. Um die eingegangenen Anmeldungen zu erfassen und fachlich zu prüfen, hat das Gericht bislang nur wenig Verstärkung erhalten.

Es seien einige Richter von anderen bayerischen Gerichten „zu einem geringen Arbeitskraftanteil“ als wissenschaftliche Mitarbeiter abgeordnet worden, sagte die Gerichtssprecherin dem Magazin. Auch für die Erfassung der Anträge gab es einzelne „teilabgeordnete“ Justizbeschäftigte. In Summe gehe es aber jeweils um weniger als drei zusätzliche Vollzeitstellen.

Die Sprecherin warnte, dass das Gericht das Musterverfahren mit seinen heutigen Personalmitteln nicht bewältigen könne: Man werde eine „personelle Aufstockung sowohl im richterlichen als auch im nichtrichterlichen Unterstützungsbereich benötigen“, sagte sie.

Es geht um 1,9 Milliaren Euro

Angesichts der Flut an Einzelklagen nach der Pleite von Wirecard Mitte 2020 hatte das Bayerische Oberste Landesgericht später ein Musterverfahren angeordnet und dazu im März 2023 einen Musterkläger bestimmt.

Als Musterbeklagte wurden zunächst acht Personen und Unternehmen benannt. Bis September lief dazu die Anmeldefrist. Später kamen noch ein weiterer Ex-Prüfer und ein weiterer Ex-Manager als Musterbeklagte hinzu.

Gegen diese beiden Personen können Anleger noch bis April 2024 Ansprüche anmelden. Bis zum Abschluss des Musterverfahrens dürften noch viele Jahre vergehen.

Der im Leitindex Dax notierte Zahlungsdienstleister Wirecard war 2020 zusammengebrochen, nachdem 1,9 Milliarden angeblich auf Treuhandkonten verbuchte Euro nicht auffindbar waren. Der wegen Betrugs angeklagte frühere Vorstandschef Markus Braun steht in München vor dem Strafgericht.

Das Musterverfahren vor dem Zivilgericht soll zentrale Fragen klären und mit seinem Urteil die Leitschnur für die weiteren Verfahren vorgeben. Zu den Beklagten zählen Ex-Wirecard-Manager und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY, die die Bilanzen jahrelang testiert hatte. (dpa/red)



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