Wirbel um Ukraine-Appell von Ost-Politikern – Signal für künftige Koalitionen mit BSW?

Michael Kretschmer, Dietmar Woidke und Mario Voigt fordern einen Waffenstillstand in der Ukraine. Kritiker sehen darin einen Versuch, sich koalitionsfähig für das BSW zu machen.
Titelbild
Der Ministerpräsident von Sachsen, Michael Kretschmer (CDU, l.) sowie der Thüringer CDU-Vorsitzende Mario Voigt (r.) treten für einen Waffenstillstand in der Ukraine ein. Dietmar Woidke (SPD, nicht abgebildet) tritt ebenfalls dafür ein.Foto: Michele Tantussi/Getty Images
Epoch Times4. Oktober 2024

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht hat den gemeinsamen Appell der Ministerpräsidenten von Sachsen und Brandenburg, Michael Kretschmer (CDU) und Dietmar Woidke (SPD) sowie des Thüringer CDU-Vorsitzenden Mario Voigt zur Ukraine-Politik gelobt. „Ein kluger und differenzierter Beitrag“ sei deren gemeinsamer Aufruf gewesen, sagte Wagenknecht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) vom Freitag. CDU-Chef Friedrich Merz distanzierte sich hingegen von den Forderungen; Kritik kam auch von den Ampel-Parteien.

Kretschmer, Woidke und Voigt hatten in einem FAZ-Gastbeitrag für einen Waffenstillstand in der Ukraine geworben und die Bundesregierung aufgefordert, Russland an den Verhandlungstisch zu bringen. „Deutschland und die EU haben diesen Weg noch zu unentschlossen verfolgt“, schrieben die drei Politiker mit Blick auf diplomatische Anstrengungen zur Kriegsbeendigung. Waffenlieferungen an die Ukraine erwähnen sie in ihrem Text nicht.

Überschrieben ist der Text der drei Politiker mit „Keine Freiheit ohne Sicherheit“. Dazu heißt es in dem Gastbeitrag: „Es ist unsere Aufgabe, auch als Landespolitiker, diese Freiheit und diese Ordnung zu verteidigen und für sie einzustehen. Daran wird keine landespolitische Zusammenarbeit etwas ändern.“

Wagenknecht bewertete den Beitrag als einen, „der sich wohltuend abhebt von einer Debatte, die sich mit großer moralischer Attitüde immer nur um die Frage dreht, welche Waffen als nächste geliefert werden sollten, ohne irgendeine Perspektive für ein Ende des Krieges aufzuzeigen“.

Friedrich Merz distanziert sich

Die Landespolitiker Kretschmer, Woidke und Voigt versuchen nach den Landtagswahlen im September, jeweils durch eine Zusammenarbeit mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht eine Regierung in ihren Ländern zu bilden. Das BSW hat als Bedingung ein Bekenntnis gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und gegen die Stationierung von amerikanischen Mittelstreckenraketen gefordert. Wagenknecht hatte kürzlich vorgeschlagen, dies in den Präambeln der Koalitionsverträge zu verankern.

CDU-Chef und Kanzlerkandidat Merz distanzierte sich von den Forderungen der drei Ost-Politiker. „Die Ukraine kämpft um ihr schieres Überleben“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ). „Dabei müssen wir ihr auch in unserem eigenen Interesse weiter helfen. Friedensgespräche wird es nur geben, wenn beide Seiten dazu bereit sind.“

Dies sei nach dem offenbar vom russischen Präsidenten Wladimir Putin abgelehnten Telefongespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) „erkennbar nicht der Fall“. Merz fügte hinzu: „Russland wird erst zu Gesprächen bereit sein, wenn das Regime von Putin erkennen muss, dass ein weiteres militärisches Vorgehen gegen die Ukraine aussichtsslos erscheint.“

Anders sieht dies der CDU-Außenpolitiker Johann Wadephul: „Der Vorschlag ist verantwortbar, weil er unsere Grundlinien einhält: Den Völkerrechtsbruch Russlands, unsere feste Verankerung in EU und Nato und eine Lösung nur im Einklang mit der UN-Charta sieht“, sagte er der FAZ. Mit dem Gastbeitrag sei „eine Haltelinie“ markiert. „Wird sie überschritten, wird es keine Zusammenarbeit mit dem BSW geben können.“

Wadephul versteht den Aufruf „als ernsthaften Versuch, unter Wahrung der eigenen Grundsätze eine Brücke für mögliche Koalitionsverhandlungen zu bauen“. Dass die drei Spitzenpolitiker von CDU und SPD dies gemeinsam täten, sei ein „starkes Zeichen“, sagte Wadephul. „Wir dürfen uns nicht spalten lassen.“

„Weichspüler für Koalitionsverhandlungen mit dem BSW“?

Weitere Kritik äußerte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD). „Sollte der Brief der drei designierten Ministerpräsidenten als Weichspüler für Koalitionsverhandlungen mit dem BSW gemeint gewesen sein, rate ich zu großer Skepsis“, sagte er der SZ.

Von einem „rückgratlosem Kotau“ sprach in der „Rheinischen Post“ die FDP-Europaabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann. „Man hat das Gefühl, die freiheitlichen Werte unseres Landes werden gerade für ein bisschen Machterhalt und Wahlkampf auf dem Ramschtisch verscherbelt.“

Kritik kommt auch von den Grünen: Die Botschaft des Gastbeitrags laute, „wie mache ich mich koalitionsfähig für das BSW mit Sahra Wagenknecht“, schrieb Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann im Onlinedienst X. (afp/dts/red)



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