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Wirbel um Corona-Tests in Waldorfschule Aurich: Jetzt spricht der Anwalt

Nach einer kurzen Quarantäne gab es Entwarnung an der Freien Waldorfschule Ostfriesland in Aurich-Sandhorst. Die Tests der neun Viertklässler und vier Lehrkräfte fielen negativ aus. Trotzdem zieht der Test nicht unerhebliche Folgen nach sich.

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Corona-Test.

Foto: Moritz Frankenberg/dpa/dpa

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Lesedauer: 8 Min.

Rechtsanwalt Dr. Christian Knoche vertritt die Mutter eines Kindes, das in der Waldorfschule Aurich auf SARS-CoV-2 getestet wurde. Der Haken an dem Test: Die Mutter wurde nicht gefragt. Nach ihren Angaben hat man sie noch nicht einmal informiert, bevor ihrem Kind viermal ein Teststäbchen in den Rachen geschoben wurde, um Proben abzunehmen.
Ihr Anwalt hat eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Aurich wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt nach Paragraph 340 Strafgesetzbuch gestellt. Darin ist geregelt:
Ein Amtsträger, der während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst eine Körperverletzung begeht oder begehen lässt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.
Zudem wurde Widerspruch gegen die „Zwangstestung“ beim Gesundheitsamt Aurich eingereicht. Ziel sei es feststellen zu lassen, dass die Maßnahme rechtswidrig war, erklärt der Jurist. „Es hat auch einen Grund, warum wir das so getan haben. Wir wollen Folgemaßnahmen dieser Art verhindern.“
Aus anwaltlicher Sicht dürfe es keinen Präzedenzfall für so ein „rechtswidriges staatliches Handeln“ geben. Gleichzeitig wurde die Gesundheitsbehörde aufgefordert, ausführlich Stellung zu dem Sachverhalt zu nehmen. Ob ein gerichtliches Verfahren eingeleitet wird, hänge von der Stellungnahme ab.

Schwammiger Rechtsbegriff

Nach Medienberichten hatte das Gesundheitsamt sein Vorgehen mit dem Vorliegen einer Gefahrensituation beziehungsweise Verdachtslage begründet. Dem kann der Jurist jedoch nicht folgen. „Alle Kinder dieser Klasse waren kerngesund“, erklärt er. „Verdachtslage“ sei „so ein schwammiger unbestimmter und unbestimmbarer Rechtsbegriff“.
In jedem Fall hätte die Zustimmung der Kindesmutter eingeholt werden müssen. „Es gibt ja eine Anhörungspflicht“, begründet Dr. Knoche. Diese ergebe sich aus Paragraph 28 Verwaltungsverfahrensgesetz. In den Augen des Anwalts sei die ganze Maßnahme jedoch „grob unverhältnismäßig“.
Der Jurist führt an, dass es sich um „neunjährige, unschuldige Kinder“ gehandelt habe, die zwei Mitarbeitern in Schutzanzügen vom Gesundheitsamt gegenüberstanden. „Die Kinder haben das als Astronautenanzüge empfunden“, kritisiert Dr. Knoche.  Insoweit müsse man doch bedenken, wie so etwas auf kleine Kinder wirke. „Die kriegen einen Riesenschreck.“

Elternbeteiligung hat Priorität

Dass das Infektionsschutzgesetz den Grundschulämtern weitere Rechte und Pflichten einräume, könne ja sein, aber „man muss doch bitteschön vorher die Eltern fragen“, stellt der Jurist klar. Das ergebe sich neben dem angesprochenen Paragraphen 28 auch aus landesrechtlichen Schulgesetzen und dem Familienrecht.
Die Frage sei, wie eine staatliche Behörde, vorliegend das Gesundheitsamt, handeln dürfe. Aus juristischer Sicht müssen die Eltern beteiligt werden. „Eine Behörde kann doch nicht einfach in eine Schule gehen und dann die Kinder in dieser Art und Weise beeinträchtigen“, erklärt Dr. Knoche. „Ich kann nur dazu ermutigen, dass solche Fälle auch bekannt werden“, appelliert der Anwalt. Dann könnten Eltern, Lehrer und Anwälte entsprechend handeln.

Traumatisiertes Kind und enttäuschte Mutter

Die Mutter des betroffenen Kindes möchte die Rechtslage im Interesse aller Kinder klären, erklärt der Anwalt. „Das Kind ist tatsächlich schwer traumatisiert.“ Es  habe schlecht geschlafen, habe Albträume gehabt und viel geweint. Mittlerweile gebe es auch ärztliche Nachweise über die Traumata.
Enttäuscht sei die Mutter auch über die Freie Waldorfschule, bei der ihr Kind an einem Probeunterricht teilgenommen hatte. „Unmittelbar nach der Testung hat die Schule die Hospitation beendet.“ Das sei eine riesengroße Enttäuschung für die Mutter, erklärt ihr Anwalt. Wenn nun auch noch die Waldorfschule das Gesundheitsamt lobe, dann fragt sich Dr. Knoch: „Wie kann man denn so eine Maßnahme, die unverhältnismäßig und für unsere Begriffe rechtswidrig ist, noch loben?“
Eine Anfrage der Epoch Times bei der Schule blieb unbeantwortet. In einem Elternbrief der Waldorfschule Aurich, der auszugsweise bei „Aurich TV“ veröffentlicht wurde, heißt es, dass alle erreichten Eltern der Untersuchung entweder zugestimmt oder ihre Kinder abgeholt hätten. „Kinder, die sich trotz erteilter Einverständniserklärung ihrer Eltern gefürchtet haben, wurden selbstverständlich nicht zum Test gezwungen.“  Nur im Falle einer einzigen, hospitierenden Familie sei das Elternhaus nicht erreicht worden.
Weiter wird ausgeführt, dass die Erziehungsgemeinschaft von gegenseitigem Vertrauen lebe. Durch den Vorfall sei dieses so gestört, dass es keine Basis für die Aufnahme des Kindes gebe. „Wir haben uns also entschieden, die Hospitation derjenigen Familie, die im Alleingang ihrem Misstrauen in den Medien Ausdruck verliehen hat, zu beenden.“

Corona-Tests in Absprache mit Schulen

Eine Anfrage beim Gesundheitsministerium in Niedersachsen ergab, dass Eltern grundsätzlich vor der Durchführung von Coronatests in Schulen informiert werden sollen. Warum dies in diesem Fall nicht geschehen ist, konnte Pressesprecher Oliver Grimm ohne weitere Informationen nicht beurteilen.
Er verwies auf die Regelung in Paragraph 25 Infektionsschutzgesetz. Danach können „Ansteckungsverdächtige“ durch das Gesundheitsamt verpflichtet werden, „Untersuchungen und Entnahmen von Untersuchungsmaterial an sich vornehmen zu lassen, insbesondere die erforderlichen äußerlichen Untersuchungen, Röntgenuntersuchungen, Tuberkulintestungen, Blutentnahmen und Abstriche von Haut und Schleimhäuten durch die Beauftragten des Gesundheitsamtes zu dulden, sowie das erforderliche Untersuchungsmaterial auf Verlangen bereitzustellen.“
Eine Einverständniserklärung der Eltern sei nicht zwingend vorgeschrieben, grundsätzlich sollten Testungen aber in Abstimmung mit den Eltern vorgenommen werden. Bei einem positiven Testergebnis würde das Gesundheitsamt für das Kind eine häusliche Isolierung anordnen, teilt Grimm weiter mit. Weiterhin würden enge Kontaktpersonen auch im Familienumfeld ermittelt und für diese Quarantäneanordnungen ausgesprochen werden.

Quarantäne auch bei negativem Test

Wenn eine Quarantäne angeordnet wurde, weil eine Person engen Kontakt zu einem bestätigten Fall hatte, dann betrage die Dauer der Quarantäne grundsätzlich 14 Tage, erklärt der Pressesprecher weiter. Sie könne auch nicht durch negative Testergebnisse abgekürzt werden, da – anders als beispielsweise bei der Quarantäne-Pflicht für Reisende aus Risikogebieten – nachweislich Kontakt zu einer „infizierten“ Person bestand.
Die Frage, inwieweit Corona-Tests bei Kindern, Quarantäne und Isolierungsanordnungen verhältnismäßig sind – unter Berücksichtigung der Tatsache, dass nach Meldungen des Robert Koch-Institutes bislang zwei Kinder mit Vorerkrankungen als COVID-19-Todesfälle aufgeführt wurden –, beantwortete der Pressesprecher wie folgt:
Die Maßnahmen sind insofern verhältnismäßig, da häusliche Quarantäne das einzig wirksame Mittel ist, um das Virus nicht weiter zu verbreiten. Wenn sich Kinder mit dem Virus angesteckt haben, ist das für die Eltern und natürlich für die Kinder eine besonders belastende Situation. In dieser Situation den Betreuungsbedarfen von Kindern gerecht zu werden, ist eine besondere Herausforderung für die Familien. Deshalb empfiehlt das Land Niedersachsen, dass insbesondere bei kleinen Kindern mindestens einem Elternteil gegenüber eine Quarantäne ausgesprochen wird. Das Infektionsschutzgesetz sieht für den Elternteil auch eine Lohnersatzleistung vor.
Mit Stand vom 15.09.2020 wurden nach Aussage des Gesundheitsministeriums Niedersachsen vier Kinder mit einer Covid-19 Infektion im Krankenhaus auf einer Normalstation behandelt, eines auf einer Intensivstation.

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