Wiedereinführung des Dublin-Verfahrens wird „in der Praxis wenig bringen“
Am Dienstag hatte das von Thomas de Maizière (CDU) geführte Innenministerium bestätigt, dass Deutschland das Dublin-Verfahren zum Umgang mit Asylbewerbern wieder anwenden will: Nach monatelangem Zustrom Hunderttausender Migranten will Berlin syrische Asylbewerber wieder in diejenigen EU-Länder zurückschicken, über die sie in die Europäische Union eingereist sind. Ausnahme soll Griechenland sein.
Einzelfallprüfungen
Für die Betroffenen soll es – im Unterschied zu der im August aus humanitären Gründen geänderten Praxis – wieder Einzelfallprüfungen geben. Dabei wird auch eine Rolle spielen, wie groß die tatsächlichen Möglichkeiten sind, die Syrer in einen anderen Mitgliedstaat zurückzubringen. Das dürfte schwierig werden. Denn nur wenige der Migranten, die zuletzt ins Land gekommen waren, sind zuvor in einem anderen EU-Staat registriert worden. Inoffiziell ist von maximal drei Prozent die Rede.
Auch beim Familiennachzug für Asylbewerber aus Syrien will zumindest die Union die Hürden erhöhen und einen solchen Kurswechsel zunächst auf Innenminister-Ebene mit der SPD beraten. SPD-Vize Ralf Stegner geht davon aus, dass der Koalitionspartner mit seinen Plänen im Kreis der Minister scheitern wird. „In der Innenministerkonferenz gilt das Einstimmigkeitsprinzip. Es wird also nichts“, sagte Stegner der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
SPD: "Das alte Dublin-System ist tot"
Stegner kritisierte die Kommunikation des Koalitionspartners CDU/CSU in den vergangenen Tagen. Die nun vom Innenministerium überraschend publik gemachte Rückkehr zum Dublin-Verfahren auch für syrische Asylbewerber reihe sich in diese Kette ein. De Maizières Argument, er könne das als zuständiger Minister alleine anweisen, ziehe nicht. „Das Ressortprinzip ist gut und schön. Das ist aber keine Entschuldigung für mangelhaftes Kommunikationsverhalten.“
In der Praxis werde die Entscheidung ohnehin wenig bedeuten, weil das alte Dublin-System „tot“ sei, glaubt der SPD-Politiker. Es müsse dringend ein neues, solidarisches Verteilsystem in der EU geben, ohne die kleinen Länder zu überfordern.
Die SPD-Spitze wurde nach Informationen aus Parteikreisen von der Entscheidung de Maizières kalt erwischt. Dies sei im Vorfeld nicht in der Bundesregierung besprochen worden. Die Union wolle offensichtlich ein „Ordnungssignal“ aussenden, hieß es.
Weiter CDU-Kritik an Merkel
Aber auch innerhalb der Union schwelt weiter Unmut über den Kurs von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Flüchtlingskrise. In einer dreistündigen, kontroversen Diskussion meldeten sich in der Fraktionssitzung am Dienstag erneut mehrere Abgeordnete zu Wort und verlangten, Flüchtlinge an den Grenzen zurückzuweisen. Merkel verteidigte dagegen ihr Vorgehen und warb um Geduld. „Wir arbeiten am Problem“, betonte sie nach Teilnehmerangaben und appellierte an die Abgeordneten, sie dabei zu unterstützen. (dpa)
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