Wie variable Schnäppchenpreise zu Neid führen und Firmen schaden

Unternehmen, die einem Teil ihrer Kunden Schnäppchenpreise gewähren, anderen aber nicht, können sich damit selbst gehörig schaden. Der Grund dafür ist, dass sie Anlass geben zu Neid.
Epoch Times7. November 2011

Die Situation kennt fast jeder: Man trifft im Urlaub einen Mitreisenden, der bei gleicher Leistung deutlich weniger bezahlt hat – mitunter bis zu 50 Prozent. Und dies, obwohl man dachte, bei der Buchung wirklich einen günstigen Preis erhalten zu haben. „Dynamische Preisstrategien“ heißt dies im Marketing: Es unterscheidet zwischen Kunden und bietet ihnen gleiche oder ähnliche Leistungen zu unterschiedlichen Preisen an. Sie sind ein wichtiges Mittel, um Zahlungsbereitschaften abzuschöpfen. Doch dies kann eine Reaktion auslösen, die bisher im Marketing wie in der Marketing-Forschung kaum Beachtung gefunden hat: Neid.

Missgunst, Begierde und Boshaftigkeit

„Ein solcher Kundenneid entsteht, wenn man sich mit anderen Kunden vergleicht und dabei schlechter abschneidet“, erläutert Professor Dr. Peter Kenning, Inhaber des Lehrstuhls für Marketing an der ZU. Und dieser Neid, so Kenning weiter, setze sich „vornehmlich aus einer Mischung aus Missgunst, Begierde und Boshaftigkeit gegenüber dem beneideten Kunden zusammen, schließt aber auch Minderwertigkeitsgefühle mit ein.“

Um zu sehen, welchen Schaden Neid in Kundenbeziehungen anrichten kann, wurden am Lehrstuhl für Marketing der ZU die monetären Kosten von Neid im Experiment untersucht. Dazu wurden 138 zufällig ausgewählte Studienteilnehmer jeweils einem anonymen Mitspieler zugelost. Zu Beginn des Experiments erhielt jeder Teilnehmer einen Geldbetrag, den er durch einen 20-Euro-Bonus im Zuge eines Glücksspiels erhöhen konnte. Diesen privilegierenden Bonus erhielt aber nur einer der beiden Teilnehmer eines Paares. Die Verlierer erhielten keinen Bonus und wurden somit diskriminiert.

Nach dem Spiel wurden die Teilnehmer zu ihren Gefühlen befragt. Danach war es den Diskriminierten möglich, einen Teil ihres Vermögens einzusetzen, um den Bonus der Privilegierten im Verhältnis von eins zu zehn zu schmälern. So wurden beispielsweise bei einem Einsatz des Diskriminierten von 50 Cent dem Privilegierten fünf Euro abgezogen. Der abgezogene Geldbetrag wurde vernichtet und ausdrücklich nicht dem Diskriminierten gutgeschrieben. Aus seinem Einsatz hatte er also keinen Vorteil – er konnte nur bewusst Schaden anrichten. Anschließend wurden die Teilnehmer erneut zu ihren Gefühlen befragt.

Mehr Geld ist besser als weniger

Die Idee dahinter: Aus einer ökonomischen Perspektive ergab es für die Diskriminierten keinen Sinn, den Privilegierten zu schaden. Sie hatten keinerlei ökonomischen Nutzen daraus. Im Gegenteil: Dieser Schritt kostete sie sogar noch Geld. Die ökonomische Theorie würde demzufolge vorhersagen, dass kein Diskriminierter dafür zahlen würde, einem Privilegierten zu schaden. Er würde gegen die einfache Regel „Mehr Geld ist besser als weniger!“ verstoßen. Demnach sollten sich die Teilnehmer also neutral und leidenschaftslos verhalten und den Privilegierten den Bonus überlassen, da sie ihr eigenes Vermögen in keinem Fall erhöhen konnten.

Die Studie zeigte eine andere Realität: So reduzierte etwa ein Drittel der diskriminierten Verlierer fast die Hälfte der Gewinner-Boni. Vor allem bei Männern war das destruktive Neidverhalten besonders stark ausgeprägt: Sie reduzierten bei 30 Prozent ihrer Mitspieler sogar den gesamten Bonus.

„Es stimmt, dass Geld nicht glücklich macht. Allerdings meint man damit das Geld der anderen.“     George Bernard Shaw

Weil nicht sein kann, was nicht sein darf

„Als Gründe dafür gaben die Teilnehmer unterschiedliche Motive an“, berichtet Inga Wobker vom ZU-Lehrstuhl für Marketing, „die meisten sagten, dass sie nicht wollten, dass ihr Mitspieler mehr bekomme als sie selbst. Weitere Gründe waren, dass sie es als unfair oder ungerecht empfanden, dass der Mitspieler gewonnen habe und nicht sie selbst.“ Dass niemand explizit angegeben habe, aus Neid gehandelt zu haben, verwundere nicht: Neid sei negativ belegt und sozial unerwünscht und wird von daher vor sich selbst uminterpretiert in „akzeptiertes“ Verhalten.

„Neid kann erhebliche Schäden innerhalb einer Kundschaft anrichten“, ist deshalb für Professor Peter Kenning ein wichtiges Fazit aus der Studie. Er empfiehlt daher Unternehmen, „sich diesen Phänomenen zu stellen und sie in die Marketingplanung zu integrieren“, etwa indem sie sich bewusst machten, welche schädliche Maßnahmen Neid unter den Kunden hervorrufen können und dann transparent kommunizieren, warum ein Kunde einen Vorzug tatsächlich auch verdient hat. (sfr / Zeppelin University)

 



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