Widerstand oder plötzlich krank: Mehr als 600 Abschiebungen scheiterten „Last Minute“
Mehr als 600 Abschiebungen per Flugzeug sind zwischen Anfang vergangenen Jahres und Ende Juni 2016 im letzten Moment abgebrochen worden. Wie „Bild“ (Donnerstag) unter Berufung auf Angaben des Bundesinnenministeriums berichtet, wurden die meisten Abschiebungen gestoppt, weil sich die Betroffenen heftig wehrten. Danach wurde in 332 Fällen wegen des Widerstands der Migranten im letzten Moment von der Abschiebung per Flugzeug abgesehen.
Am häufigsten leisteten Personen aus Eritrea (34 Fälle), Gambia (33), Somalia (23) und dem Irak (22) Widerstand.
In 160 Fällen scheiterten die Abschiebungen, weil sich die Fluglinien oder verantwortliche Piloten weigerten, die Migranten mitzunehmen. Davon waren in 46 Fällen Flüge der Lufthansa betroffen, 23 von Air Berlin und 20 von Germanwings.
108 Abschiebungen wurden gestoppt, weil die betroffenen Personen plötzlich erkrankt waren. Das passierte in 18 Fällen bei Personen aus dem Kosovo, 14 aus Serbien und acht aus Albanien. In 37 Fällen gelang die Abschiebung nicht, weil sich die Herkunftsländer der Betroffenen weigerten ihre Staatsbürger aufzunehmen.
Alltag in der deutschen Abschiebepraxis
Die Tricks, um einer Abschiebung zu entgehen, sind mannigfaltig. Rainer Wendt, der Chef der Polizeigewerkschaftschef beschrieb sie im Epilog seines Buches „Deutschland in Gefahr“.
„Ein entnervter und frustrierter Oberkommissar berichtet über den vielfachen täglichen Irrsinn deutscher Abschiebepraxis. Vielfach genutzte Tricks, einer Abschiebung zu entgehen, seien:
- Eines der Kinder zu Verwandten oder Freunden bringen, schon muss die Abschiebung abgebrochen werden, da die Familie nur vollständig abgeschoben werden darf. Früher war es möglich, dass man abzuschiebende Personen am Vorabend in polizeilichen Gewahrsam nehmen konnte. Damit war sichergestellt, dass die Abschiebung am nächsten Tag pünktlich stattfinden konnte. Wir müssen momentan bei einer Abschiebung um 2 Uhr 30 in der Nacht aufstehen, um die Personen um 4 Uhr früh abzuholen. Weit mehr als die Hälfte der Abschiebungen scheitern, weil die Gesetzgebung – auch nach den neuesten Asylverfahrensregelungen seit Ende Mai 2016 – nicht die rechtlich notwendigen Rahmenbedingungen schafft.
- Verzögerungstaktik, damit man über die 14-Uhr-Zeitgrenze kommt und die Rückführung in der Regel nicht mehr durchgeführt werden kann. Viele Länder (etwa fast alle unserer Nachbarstaaten) nehmen nach 14 Uhr keine Flüchtlinge mehr zurück. Sobald wir das zeitlich nicht schaffen, müssen wir die Abschiebung abbrechen.
- Durch Krankheit, Untertauchen und dergleichen mehr. Sobald sechs Monate vergangen sind, kann nicht mehr in das Land, in dem der Asylantrag zuerst gestellt wurde, zurück abgeschoben werden. Man muss also nur mit allen Mitteln herauszögern. Da zudem die Behörden sehr langsam arbeiten, können auch dadurch viele Flüchtlinge nicht mehr abgeschoben werden. In diesen Fällen kann man dann in Deutschland bleiben und dort den Asylantrag neu stellen.
- Betroffene, die bei der Abholung einer unbegleiteten Abschiebung aktiven oder verbalen Widerstand leisten, müssen zum Flughafen zurückgebracht werden. Wenn sie sich vor dem Einsteigen in das Flugzeug weiterhin vehement wehren, werden sie vom Piloten nicht mitgenommen, was ja verständlich ist. Dies bedeutet für uns Polizisten wieder einmal Rücktransport und für die Steuerzahler erneute Kosten. Warum kann man nicht die Personen einem Richter vorführen, der eine Abschiebehaft anordnet? Dann sollte die Abschiebung, falls nötig fixiert, vorgenommen werden.
Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, dafür zu sorgen, dass Abzuschiebende bereits am Vortag der geplanten Abschiebung unangekündigt in Gewahrsam genommen werden können, damit die Abschiebung sichergestellt wird. Außerdem muss sichergestellt werden, dass die Abschiebehaft auch tatsächlich stattfinden kann, also Haftplätze in ausreichender Zahl und angemessener Ausstattung zur Verfügung stehen.
Es müssen die Bedingungen für sogenannte Folgeanträge neu geregelt werden und dies muss bundeseinheitlich erfolgen. Dazu muss es für sämtliche Asylverfahren eine bundesweit einheitliche IT-Infrastruktur geben, die sofort erkennbar werden lässt, ob und wann ein erstes Asylverfahren bereits durchgeführt wurde. Nachfolgeanträge sollen überhaupt nur im Heimatland gestellt werden dürfen. Wer trotzdem nach Deutschland gekommen ist, muss sofort zurückgeführt werden.“
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