WHO-Chef Tedros und Gesundheitsminister Lauterbach fürchten ein Scheitern des Pandemievertrages
„Ein entscheidendes Jahr für globale Gesundheitsmaßnahmen“ lautete das Motto des Weltgesundheitsgipfels, der kürzlich in Berlin stattfand. Die Veranstaltung ist seit ihrer Premiere im Jahr 2009 fest für alljährlich drei Tage im Oktober geplant. Rund 3.500 Teilnehmer aus 100 Nationen waren vertreten, um – von den Mainstream-Medien weitgehend unbeachtet – über die globale Gesundheit zu sprechen.
Diskussionen um Patentrechte
Im Mittelpunkt standen unter anderem Pandemieprävention, -vorsorge und -reaktion, ein erneutes Engagement für eine allgemeine Gesundheitsversorgung, nachhaltige Gesundheit für Menschen und Planeten, G7/G20-Maßnahmen zur Verbesserung der globalen Gesundheitsgerechtigkeit und -sicherheit und die Nutzung digitaler Technologien.
Des Weiteren war der Pandemievertrag ein Thema. Dieser Kontrakt soll von allen Mitgliedstaaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Mai 2024 unterschrieben werden. Doch gibt es offenbar Schwierigkeiten bei den Verhandlungen, wie der Journalist Norbert Häring auf seiner Internetseite berichtet.
Ein Grund ist laut Häring, dass der Vertrag in seiner aktuellen Fassung die Selbstständigkeit ärmerer Regierungen stark beschneidet. Auch wollen die „reichen Länder“ mit ihren Pharmakonzernen jede Einschränkung von Patentrechten im Falle einer Pandemie nicht hinnehmen. Die „Ärztezeitung“ zitierte den per Video zugeschalteten WHO-Generaldirektor Tedros Ghebreyesus. So sei dieser „sehr beunruhigt“, dass die Verhandlungen über das Pandemieabkommen stockten.
Lauterbach: Exekutivgewalt der Länder darf nicht beschnitten werden
Auch Deutschlands Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stieß ins selbe Horn: „Wenn wir keinen Pandemievertrag bis Mai [2024, Anm. d. Red.] bekommen, besteht die Gefahr, dass wir das Momentum der Pandemie verlieren. […] Für Länder wie Deutschland und die meisten europäischen Länder ist klar, dass ein solches Abkommen nicht funktionieren wird, wenn es eine große Einschränkung der Eigentumsrechte gibt. Es ist Teil unserer DNA, dass wir internationale Eigentumsrechte brauchen, um in Impfstoffe, in Therapien, in Diagnostika und so weiter zu investieren. […] Es ist klar, dass ein Abkommen, welches die Rechte an geistigem Eigentum einschränkt, sehr unwahrscheinlich ist, erfolgreich zu sein.“
In seinem Beitrag schloss er sogar jegliche Einschränkung der Patentrechte aus, also auch geringfügigere. Damit, so interpretiert Häring, habe Lauterbach den Vertretern ärmerer Länder, die beim Gesundheitsgipfel dabei waren, unmissverständlich klargemacht, dass sich Regierungen der Industrieländer als Lobbyisten der eigenen Pharmafirmen verstünden.
Ärmere Nationen müssten sich daher im Krisenfall mit unverbindlichen Angeboten von Impfstoff- und Arzneimittelspenden begnügen.
Lauterbach räumte zudem erstmals ein, dass die bisher vorgesehenen Möglichkeiten der Entmachtung der Regierungen durch die WHO zu weit gingen und den Vertrag für die schwächeren Länder inakzeptabel machen. Diese müssten eine solche Entmachtung am ehesten befürchten. So sagte er, dass die Exekutivgewalt aller Länder, die das Pandemieabkommen unterzeichneten, auf keinen Fall beschnitten werde (Clip bei YouTube ab Min. 33:00).
Lauterbach: Die nächste Pandemie wird mit Sicherheit kommen
Lauterbach warb nachdrücklich für den Abschluss dieses Vertrages. Die nächste Pandemie werde mit Sicherheit kommen, kündigt er an. Ohne ein solches Abkommen „wären wir möglicherweise in einer schlimmeren Situation, als wir es waren“, behauptete er in englischer Sprache (ab circa Min. 35:20).
Auch brauche man den Pandemievertrag dringend, „da wir derzeit in gewisser Weise in einer schwierigeren Situation sind als vor der Pandemie“. Dabei sprach der SPD-Politiker die „Pandemie der Fehlinformationen“ an. Sie sei „weit verbreitet“, und sie sei eine Pandemie, „die uns in der Tat immer begleitet“.
Der Virologe Christian Drosten hatte zuvor schon die Gründung eines Gremiums aus Wissenschaftlern favorisiert, in dem keine Fachleute säßen, die sich in die Medien drängten, sondern den Stand des Wissens zusammenfassten. Eine politische Entscheidungsfindung dürfe nicht durch „Desinformation“ beeinflusst werden (ab circa Min. 16:00).
Pfizer und Gates zählen zu wichtigen Geldgebern des Gipfels
Das World Health Summit – der Weltgesundheitsgipfel – richtet seit 2009 eine Stiftung mit demselben Namen aus. Sie ist eine 100-prozentige Tochter der Berliner Charité und wurde als „einzigartiges Forum für globale Gesundheit“ gepriesen.
Zu den wichtigsten Geldgebern gehört die Pharmaindustrie, die IT-Branche sowie deren Stiftungen. Laut Norbert Häring trifft sich das Who’s who der Gesundheitspolitik und der Branchen des Gesundheitssektors im weitesten Sinne, um die internationale „Gesundheitsarchitektur“ weiterzuentwickeln.
Zu den größten Geldgebern, den „strategischen Partnern“, gehören Pfizer, Johnson & Johnson, Abbott, Siemens Healtheneers, Bill and Melinda Gates Foundation, YouTube Health sowie die öffentlich-private Partnerschaft und Lobby für das Impfen Cepi. Cepi wird wiederum maßgeblich von der Stiftung des Microsoft-Gründers Bill Gates und seiner Ex-Frau mitfinanziert. Sie tragen etwa ein Drittel der Gesamtkosten der Veranstaltung, berichtete „Neues Deutschland“.
Hinzu kommen auf der nächsten Ebene der Finanziers mit etwas geringeren Kostenbeiträgen das Bertelsmann-Projekt Trusted Health Ecosystems, das Gesundheitsdaten über eine nationale digitale Gesundheitsplattform verwenden will. Außerdem dabei sind die Pharmafirmen Sanofi, Daiichi Sankyo, Bayer, MSD, Organon und der internationale Pharmaverband IFPMA.
Auf einer weiteren Ebene kommen noch Roche und Gilead, der deutsche Pharmaverband vfa, die Rockefeller Foundation und der Wellcome Trust hinzu.
Als „vermeintliches Gegengewicht“ sind laut Häring auch Organisationen dabei, die die Organisatoren der sogenannten Zivilgesellschaft zuordnen. Damit meinen sie die Impfallianz Gavi, die Münchner Sicherheitskonferenz, den Club of Rome oder auch den World Wildlife Fund (WWF). Auch die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung – zudem überwiegend staatsfinanziert – taucht im Portfolio der Sponsoren auf.
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